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Rosbach: Straßenstück in Rodheim plötzlich ohne Besitzer - Wer zahlt Schaden?

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Von: Edelgard Halaczinsky

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Erst vor Kurzem ist herausgekommen: Für das zehn Häuser lange Stück einer Stichstraße aus den 1970er Jahren gibt es keinen Besitzer. © Edelgard Halaczinsky

Nach einem Wasserrohrbruch in Rodheim 2021 hat niemand gewusst, wer den Schaden bezahlen soll. Für Stück einer Stichstraße aus den 1970er Jahren gab es nämlich keinen Besitzer.

Rosbach-Rodheim (sky). Ungeahnte Folgen hatte im Herbst 2021 ein Wasserrohrbruch an der Rodheimer Ringstraße. Zwar konnte das Leck schnell lokalisiert und durch den Bauhof beseitigt werden. Doch mit der Rechnungstellung haperte es, denn niemand wusste, wer den Schaden bezahlen sollte. Für das zehn Häuser lange Stück einer Stichstraße aus den 1970er Jahren gab es nämlich keinen Besitzer. Nur so viel war klar: Im Jahr 1966 hatte eine Friedberger Firma hier ein 2598 großes Grundstück erworben und daraus zehn Bauplätze und eine Anliegerstraße gebildet. Wie sich jetzt herausstellte, hatte man beim Verkauf der Häuser offenbar versäumt, auch die Straße mitzuverkaufen.

Herrenlose Straße in Rodheim: Straßenstück plötzlich ohne Besitzer

»Als wir unser Haus kauften, hat niemand danach gefragt, wem diese Straße hier gehört« sagt Anwohner Björn Szczendzina. Er sei - wie auch seine Nachbarn und die sechs Anrainer auf der anderen Straßenseite - davon ausgegangen, dass es sich um eine öffentliche Straße im Besitz der Stadt handele. Schließlich hatte die Stadt sie auch wie eine eigene behandelt: Sie hatte Verkehrsschilder angebracht, Hydranten gesetzt und zwei Straßenlaternen aufgestellt. Auch die Gasversorgung durch die Mainova war von der Stadt initiiert worden, und die Reparaturen an der Straßenoberfläche hatte die Stadt ebenfalls übernommen. Im Gegenzug bezahlten die Anwohner pünktlich ihre Anliegerbeiträge.

Wie es dazu kam, dass das Straßenstück plötzlich keinen Besitzer mehr hatte, lässt sich heute nur lückenhaft darstellen. Aussagekräftige Unterlagen dazu hat bislang niemand gefunden. Fast alle zehn Häuser haben seit ihrer Erbauung vor 50 Jahren schon den Besitzer gewechselt, oder die Besitzer wissen nicht mehr, ob oder wo sie ein Schriftstück über die Besitzverhältnisse der Straße haben. Schon während der Bauphase der Häuser habe es Turbulenzen gegeben, weiß eine der Betroffenen. Die beiden Gesellschaften, die als Bauherren aufgetreten waren, hatten 1977 und 1979 auf ihre Straßenanteile verzichtet. Beide Firmen existieren nicht mehr. »Die Vermutung liegt nahe, dass sich die Firmen durch den Eigentumsverzicht aus der Verantwortung gezogen haben«, sagt Bürgermeister Steffen Maar. »Wieso das Grundbuchamt dies zugelassen hat, ist nicht mehr nachvollziehbar.«

Herrenlose Straße in Rodheim: Versteigerung durchs Land

»Es ist gar nicht so selten in Deutschland, dass es solch herrenlose Grundstücke gibt«, weiß Szczendzina. In Berlin und vielen anderen Städten ist er fündig geworden, als er sich kundig machen wollte, wie man in solchen Fällen verfährt. In Hessen tritt der Landesbetrieb Bau und Immobilien Hessen als zuständige Dienststelle auf und handelt für das Land als »Aneignungsberechtigter« für herrenlos gewordene Grundstücke. Im Juni 2022 wurde bekannt, dass das Land das Grundstück in naher Zukunft versteigern will. Damit könnte die Stadt oder eine noch zu gründende Eigentümergemeinschaft neuer Besitzer werden.

Hellhörig wurde Bürgermeister Maar jedoch, als er erfuhr, dass ein außenstehender Dritter im Februar 2022 beim Ortsgericht Rodheim einen Antrag auf Schätzung der herrenlosen Ringstraße stellte. »Ich habe meine Kolleginnen und Kollegen des Magistrats über den Sachverhalt informiert.« Man war sich einig, dass der Kauf durch einen fremden Dritten verhindert werden müsse. Eine Anwohnerin spricht aus, was viele denken: »Niemand interessiert sich doch in guter Absicht für einen solchen Kauf.« Die Sache kam vor den Haupt- und Finanzausschuss.

Herrenlose Straße in Rodheim: Sanierung auf 360 000 Euro geschätzt

Zwar liegen die reinen Anschaffungskosten für das Straßenstück bei lediglich 2000 Euro, doch weder die Anwohner noch die Stadt wollen so ohne Weiteres zugreifen. »Unter der Asphaltdecke liegen Versorgungsleitungen, die mehr als 50 Jahre alt und mittlerweile sanierungsbedürftig sind«, sagt eine Nachbarin. »In einer Bewertung der Straße für die Straßenbauprogramme wurde sie mit ›Rot‹ (sanierungsbedürftig) bewertet«, lässt Maar wissen. Nach ersten Schätzungen würde die Sanierung rund 360 000 Euro kosten.

Vor diesem Hintergrund hatten die Anlieger in einem Rechtsanwaltschreiben vom August 2022 einen Kauf ausgeschlossen und beantragten stattdessen, die Stadt solle die Straße erwerben. Schließlich seien sie - genau wie die Stadt - stets davon ausgegangen, dass es sich um eine öffentliche Straße im Besitz der Stadt handele. Dann könnten die Sanierungen über die Straßenbeiträge finanziert werden.

Im Oktober 2022 hatte sich der Haupt- und Finanzausschuss mit dem Thema beschäftigt. Die Politiker hatten u. a. vorgeschlagen, dass die Stadt das Straßenstück kauft und die Anwohner sich symbolisch daran beteiligen. Am 9. Januar fand eine zweite Anliegerversammlung statt. Seitens der Kommunalpolitik stellt man sich nach Maars Aussage einen vierstelligen »Anerkennungsbeitrag« pro Anlieger vor. Eine endgültige Lösung wird sich wohl erst in den nächsten Wochen abzeichnen.

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