Zu sechst in nur einem Zimmer

Familie Imran aus Pakistan sucht verzweifelt eine Wohnung. In Rosbach lebt sie zu sechst in nur einem Zimmer. Zusammen mit Kate Lingnau, Mitglied im Ausländerbeirat, bittet sie die Wetterauer um Hilfe.
Auf dem kleinen Glastisch duften zwei würzige Chai-Tees für die Gäste. Die Betten sind mit blau-goldenen Tagesdecken überzogen. Familie Imran lebt zu sechst in nur einem kleinen Raum. Er dient zugleich zum Schlafen, Kochen und Hausaufgaben machen. Sie wünschen es sich anders, besonders für die Kinder und das drei Monate alte Baby. Aber die Familie findet bisher keine Alternative.
Kate Lingnau ist auf die prekäre Lage der Rosbacher Familie aufmerksam geworden und hat sich an die WZ gewandt. Einige Institutionen hatte Lingnau, Mitglied im Ausländerbeirat Rosbach, zuvor bereits um Unterstützung bei der Wohnungssuche gebeten. »Aber bisher ohne Erfolg«, wie sie berichtet. Überall habe sie die gleiche Antwort bekommen: Nicht zuständig. Gemeinsam bitten Familie Imran und Kate Lingnau nun die Menschen in der Wetterau und speziell in Rosbach um Hilfe. »Jede Wohnung wäre besser als das, was die Familie momentan hat«, sagt Kontaktperson Lingnau. Die Flüchtlings- und Migrantenfamilien, mit denen sie zu tun habe, gingen sehr respektvoll mit den Wohnungen um: »Sie sind unheimlich dankbar, sie zu haben.«
Die Wohnungskosten übernimmt das Jobcenter für die Familie. Denn Vater Imran Shahed, dessen Vorname nach pakistanischer Tradition als Familienname gilt, ist krank. Aufgrund von schweren Knie- und Schulterschmerzen ist der 45-Jährige nicht in der Lage, zu arbeiten. Er floh 2015 von Pakistan nach Deutschland. Erst Anfang 2022 durften seine Frau und die drei gemeinsamen Kinder nachkommen. Das vierte Kind, ein Mädchen, kam im Oktober in Deutschland zur Welt. Ihr Name lautet Zoya und bedeutet »das Leben«. Mit einem viel zu hohen Blutdruck lag ihre Mutter im Krankenhaus und musste das Baby zwei Monate zu früh entbinden. Das kleine Mädchen wirkt zerbrechlich. Bis heute hat es noch kein Normalgewicht erreicht. Wind und Kälte tun ihr nicht gut, aber ein Zimmer mit Küche müsse ab und zu gelüftet werden, seufzt Mutter Sami. An der Wand befindet sich eine schmale Küchenzeile, links daneben führt eine Holztür ins Bad. Obwohl es an Platz mangelt, ist die Wohnung gepflegt. Vor allem den Kindern Waqar, Suneeha und Arslan fällt es schwer, nachts durchzuschlafen und am nächsten Morgen fit für die Schule zu sein.
Trotz Belastung Freude am Lernen
Seit drei Monaten besuchen die Geschwister einen Intensivkurs in Deutsch. In einem Jahr sollen sie dann in die normalen Schulklassen wechseln können. Trotz der stressigen Gesamtsituation ist ihre Motivation, zu lernen, hoch. Außer für Biologie interessiert sich Waqar für Sprachen. Die Lieblingsfächer seines Bruders Arslan sind Kunst und Sport. Neben dem Malen möchte er bald Fußball spielen. Als Suneeha gefragt wird, was ihr in der Schule am meisten Spaß macht, antwortet sie: »alles«. Und fügt hinzu: »Ich mag alle Fächer.« Vielleicht Mathe, Sport oder Biologie wie ihr Bruder? Die 14-Jährige bleibt bei »alles«. Was sie einmal beruflich machen möchte, weiß sie noch nicht. Waqar scherzt: »Ärztin, die ganze Zeit sagt sie Ärztin.« Erst im nächsten Sommer werden die drei neben Deutsch wieder andere Schulfächer haben.
Kate Lingnau befürchtet: »Es bilden sich unbewusst, aber ziemlich selbstverständlich zwei Gruppen: Die Kinder aus dem Deutsch-Intensivkurs, und die aus den regulären Schulklassen.« Auch in Pakistan wurde es den Geschwistern nicht leicht gemacht. Ihre Mitschüler durften nicht von ihrer Zugehörigkeit zur religiösen Minderheit der Ahmadiyya Muslim Jamaat wissen. Zu groß war die Sorge der Eltern, ihre Kinder könnten ausgegrenzt und benachteiligt werden. Die Familie lebte in Pakistan in der Nähe der Stadt Sialkot an der Grenze zu Indien. Vater Imran hatte einen Gemischtwarenladen, Mutter Sami war Hausfrau. Sie gehörten zur Mittelschicht, aber die Anfeindungen erreichten ein gefährliches Maß.
Familie Imran möchte die schwierige Vergangenheit nun hinter sich lassen und in Deutschland ein neues Leben beginnen. Kate Lingnau wünscht es ihnen sehr. Für die Rosbacherin sind die sechs »eine liebe, ruhige Familie, die händeringend nach einem neuen Zuhause sucht«. Und dabei »die Art von Familie, die man sich für eine Mietwohnung wünscht«.
Familie leidet unter Wohnsituation
Sechs Personen in einem Zimmer - Familie Imran leidet unter den aktuellen Umständen. Das Jobcenter übernimmt die Wohnungskosten der sechsköpfigen Familie bis zu einer Höhe von 820 Euro Kaltmiete.
Annette Ruppel ist Leiterin des Zentralteams Leistung und Recht im Jobcenter für die Wetterau. Sie kann nachvollziehen, dass es Menschen aus anderen Ländern und Kulturkreisen schwerfällt, sich in der deutschen Bürokratie zurechtzufinden. Deshalb würden sie den Familien auf Nachfrage eine Wohnungslotsin zur Seite stellen. Die Mitarbeiterin habe aber auch nur begrenzte Kapazitäten. Rechtlich gesehen sei die Wohnungssuche »Privatsache«.
Familie Imran sucht eine Wohnung ab drei Zimmern in Rosbach. So könnten die Kinder an ihrer gewohnten Schule bleiben. Aufgrund des schwierigen Wohnungsmarkts komme aber auch der gesamte Wetteraukreis infrage. Kontakt: wk-wohnung@web.de