»Schatzinseln und dunkle Flecken«

Wetteraukreis (red). Im Kursaal des Hotels Dolce in Bad Nauheim ist jetzt das Buch »Gesammelte Werke« mit den Texten der Gewinner des 19. Jugend-Literaturpreises der Ovag vorgestellt worden.
Sie sei sehr glücklich, an diesem Abend dabei sein zu dürfen, sagte Kerstin Gleba, Verlegerin des Verlages Kiepenheuer & Witsch, zu Beginn ihrer Laudatio. Sie wolle die Gäste mitnehmen auf eine Flugreise, auf der sie alle aus der Vogelperspektive einen Blick ins Reich der Literatur werfen würden.
»Wir werden Schatzinseln und dunkle Flecken entdecken, magische Seen und tiefe Abgründe. Viele verschiedene Sprachen werden gesprochen in den kleinen Ländern und Fürstentümern, die wir überfliegen«, sagte Gleba. Angesiedelt in diesen Fürstentümern sind die 24 Texte der Gewinner des 19. Jugend-Literaturpreises der Ovag, die in dem Buch »Gesammelte Werke« veröffentlicht wurden.
Kerstin Gleba lobte die jungen Autoren zwischen 14 und 23 Jahren gleich mehrfach: »Es braucht ein sehr besonderes Talent, es braucht großen Mut, es kostet Überwindung, es macht Freude wie Angst: eine Geschichte zu erzählen und die richtigen Worte zu finden. Aus meiner Erfahrung als Verlegerin, die das Privileg hat, mit Debütanten ebenso zu arbeiten wie mit Nobelpreisträgern, kann ich sagen: So ist es am Anfang, so wird es immer sein.«
Ein wenig wie Olympia
Literatur sei kein Sport, aber dennoch sei es ein wenig wie Olympia. »Dabei sein ist alles. Wer heute Abend hier ist, der hat es geschafft. Den wahren Preis habt ihr alle euch und uns schon selbst geschafft: dass ihr eine Geschichte geschrieben und gestaltet habt. Dass ihr eine Form gefunden habt, von dem, was euch bewegt, berührt und bedrückt, zu erzählen«, betonte die Verlegerin.
Kerstin Gleba skizzierte einige der ausgezeichneten Gewinner-Texte und ging besonders auf drei Autorinnen ein, die im Anschluss an die Laudatio ihre Texte vorstellten. Caitlin Rossmanith (17 Jahre) aus Ortenberg schildere in »Die Welt steht mir offen - und ich kann nirgendwo hin« in beklemmender Deutlichkeit die Abgründe, vor denen ein junger Mensch in einer Welt stehe, die von jungen Menschen erwarte, Ziele zu haben. »Kann man mir die Freiheit überhaupt zumuten«, heißt es in der Kurzgeschichte.
Lilli Weiskopf (21) aus Gießen zeige in ihrer Erzählung »Liebe ist dein zweiter Name // sommerblau« die Kunst der Aussparung. »Ein Text von poetischer Schönheit und Eleganz, mit fein aufblitzendem Humor«, sagte Gleba. Die Erzählung »Der Geschmack von Blaubeeren« der 18-jährigen Emilia Bauer aus Schrecksbach sei gespickt mit wunderbaren literarischen Referenzen.
»Aber nie werden sie bildungshuberisch ausgestellt, nein, ganz fein werden Fährten ausgelegt«, sagte Gleba. Für sie erzeuge diese Geschichte meisterhaft eine Atmosphäre, wie man sie aus dem Film »Stand by me« kenne. Gleba: »Eine Geschichte von Schönheit, Liebe und Verlust.«
Der Buchveröffentlichung vorausgegangen war ein viertägiger Workshop im November, bei dem die Jung-Autoren ihre Texte mit Schriftstellern wie Feridun Zaimoglu, Franziska Gerstenberg und Dana von Suffrin lektorierten.
Besondere Atmosphäre
Ovag-Vorstand Oswin Veith sagte dazu: »Mit wurde von der besonderen Atmosphäre dieses kritischen, konstruktiven Miteinanders auf Augenhöhe berichtet.« Was ihn an der Schilderung besonders imponiert habe: »Mit welcher Ernsthaftigkeit und Konzentration die Autoren bei der Sache waren. Genauso imposant finde ich es, wie die Zusammenarbeit geschlechter- und altersübergreifend funktioniert hat.« Nicht viele Menschen kämen in den Genuss, ihren Text in einem Buch gedruckt zu sehen.
Veith: »Gewiss werden Sie heute Abend, wenn Sie wieder allein sind, das Buch durchblättern - und wenn Sie es mit ins Bett nehmen wollen wie Fußballer ihren gerade gewonnenen Pokal, ist dagegen heute nichts einzuwenden.«