1. Startseite
  2. Region
  3. Wetteraukreis

Schauspielerin Dana Golombek liest in Bad Salzhausen aus dem Klassiker

Erstellt:

Kommentare

jub_golombek_071222_4c
Ruhige Töne im turbulenten Geschehen: Juan-Lucas Aisemberg spielt Bratsche, Dana Golombek gestaltet die Szenen. © Elfriede Maresch

Das Niddaer Kulturmanagement hatte den richtigen Griff gemacht und ein Blick in den Parksaal zeigte: Gute Kinderliteratur ist für alle Generationen interessant.

Dass gute Kinderliteratur samt Lese-Erinnerungen für (fast) alle Generationen interessant ist, zeigte ein Blick in den Parksaal in Bad Salzhausen. Unter den 60 Zuhörern überwogen die Erwachsenen. Das Kulturmanagement hatte den richtigen Griff gemacht. 1971 brachte die US-Autorin Barbara Robinson das erste weihnachtliche Herdmann-Buch heraus: »Hilfe, die Herdmanns kommen«. So erfolgreich war es, dass sie zwei weitere folgen ließ, die in der Schule und an Halloween spielen und auch auf dem deutschen Markt Longseller sind.

Nun kann von holden Knaben im lockigen Haar bei den Herdmann-Jungen überhaupt nicht die Rede sein, bei den Mädchen genau so wenig. »Sie waren so schrecklich, dass man nicht glauben konnte, dass es sie überhaupt gab«, begann Dana Golombek ihre Lesung und die folgenden Zeilen machen unmissverständlich klar, was die Markenzeichen dieser Kinder sind: rauchen, klauen, zündeln und andere Kinder verhauen.

Golombek, TV- und Filmschauspielerin, Jazz- und Chansonsängerin, weiß Texte in vitale Spielszenen zu verwandeln und sich nahtlos von einer Rolle zur anderen zu wandeln. Es habe Spaß gemacht, ein so »bekanntes Gesicht« live zu erleben, war im Nachgespräch zu hören. Immerhin war Golombek schon in internationalen Filmproduktionen wie «…und der Himmel steht still…“ zu sehen, aber auch in der RTL-Serie »Die Camper« und in einer Staffel von »Rote Rosen«.

Einstecken und austeilen

Perfekt beherrschte die Schauspielerin den kratzbürstig-herausfordernden »Willst Du eine geballert?«-Umgangston der Herdmanns, die in wahrhaft prekären Verhältnissen leben. Dabei schwang in Golombeks Lesung ein sympathischer Unterton des Verstehens mit, den sie im Nachgespräch, einer »Meet and greet«-Verlosung durch die Ovag, noch deutlicher formulierte.

Auch sie kenne aus ihrem Heimatdorf in Brandenburg solche schicksalsgebeutelten Familien, Außenseiter, die in einen unglücklichen Kreislauf von Einstecken-müssen, aber auch von Austeilen geraten seien.

Offensichtlich schätzte sie an diesem Text das Zufallsmoment - oder soll man von Weihnachtswunder sprechen? - das den Herdmanns einmal Aufmerksamkeit positiver Art und wohl auch ein Stück Anerkennung beschert. Die Teilnehmer der Gesprächsrunde stimmten ihr bei.

So wickelte sich zum Amüsement der Zuhörer von Szene zu Szene die dramatische Handlung ab. Die Herdmanns haben sich alle wichtigen Rollen des Weihnachtsspiels gekrallt. Eine Mutter aus der Kirchengemeinde, die Regie führt, ist bei den Proben am Rande des Nervenzusammenbruchs. Als sie den neuen Akteuren die Weihnachtsgeschichte erzählt, sind die durchaus interessiert. Die Großen berichten sie für die Kleinen gleich noch einmal. Die Erzählerin: »Man hätte denken können, es sei ein Auszug aus einer FBI-Akte!« Kontroversen gibt es auch um den Namen des Jesuskindes, den sie doof finden. Die Maria-Darstellerin.

Turbulent und urkomisch

»Ich hätte ihn Willy genannt!« Ein lebendiges Baby für die Krippe lässt sich in diesem Jahr nicht finden. Als die Besetzung durch das Herdmann-Ensemble bekannt wird, ziehen alle Mütter ihr Angebot zurück. Wer will schon sein Baby diesen Wilden aussetzen? Die Herdmanns schlagen vor, im Supermarkt ein Baby aus dem Wagen zu klauen, aber das kommt nicht in Frage. Schließlich ist eine stabile Puppe dem wilden Tempo auf der Bühne eher angemessen. Zwischen den turbulenten, aber auch urkomischen Szenen setzte Juan-Lucas Aisemberg, ein sehr guter Bratschist, mit Eigenkompositionen etwas ruhevollere Akzente. Eugenia Herdmann, als Maria eine rau-zärtliche Mutter, lässt keinen Zweifel, dass sie ihr Kind beschützt, gegebenenfalls plant sie, Herodes aufzuhängen. Die anderen Herdmanns spielen turbulent, aber erfassen die Weihnachtsgeschichte so, dass beim Schlussapplaus alle einig sind: »Das war das allerschönste Krippenspiel!«

Martin Guth und sein Team werden auch im neuen Jahr die speziellen Angebote für Kinder, etwa das Figurentheater, weiterführen, vielleicht aber auch wieder einmal eine so kombinierte Veranstaltung wie jetzt.

Außerdem war zu hören, dass Golombek und Aisemberg auch mit anderen Produktionen unterwegs sind, etwa einer Lesung von südamerikanischen Autoren, von Gabriel Garcia Marquez, Pablo Neruda und anderen, Aisemberg spielt dazu Latino-Melodien. Eine intensive Begegnung mit einer ganz anderen literarisch-musikalischen Landschaft und vielleicht sogar ein Abend für »Nidda erlesen« oder »Nidda in concert«.

Auch interessant

Kommentare