Schlachthof Büdingen: Nach Schließung wird hinter den Kulissen an Lösung gefeilt

Seit dem Sommer ist der Schlachthof geschlossen. Hiesige Landwirte müssen seitdem weitere Wege zu entfernten Schlachtstätten in Kauf nehmen, fahren zum Teil bis nach Bayern.
Seit einigen Monaten ruht die lebensmittelrechtliche Zulassung durch das Regierungspräsidium (RP) Darmstadt für den traditionsreichen Schlachthof in Büdingen, der bereits 1895 gegründet wurde, im März 2009 seine EU-Zulassung und 2019 seine Zertifizierung als Bio-Schlachthof erhielt. Die Veterinärbehörden hatten ihn im Sommer inspiziert und eine Mängelliste erstellt. Für deren Behebung müsste die Betreibergenossenschaft aus Büdinger Metzgern viel Geld in die Hand nehmen. Sie sperrte daraufhin die Schlachtstätte im Pferdsbacher Weg bis auf Weiteres. zu
Lange Liste an Nachteilen
Das bringt wesentlich längere Wege für die Landwirte der Region mit sich, die seitdem ihre Tiere zu weiter entfernteren Schlachthöfen und sogar bis über die Landesgrenze ins nordbayerische Aschaffenburg fahren müssen. Der längere Transport verursacht Stress für die Tiere und hat Auswirkungen auf die Fleischqualität. Genauso bedeutet er Mehraufwand für die Landwirte und hat Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit ihrer Betriebe, und nicht zuletzt auch auf Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Auch die Metzger müssen längere Wege für das zu verarbeitende Fleisch in Kauf nehmen.
Wie Heiko Nagel, Bücheser Metzgermeister und Vorsitzender der Schlachthofgenossenschaft mitteilte, hätten die Kontrolleure des RP feine Risse im Fußboden moniert, den heißen Dampf aus dem Brühkessel, der nicht direkt abgeleitet werde, und eine erst im vergangenen Jahr für mehrere Tausend Euro neu angeschaffte Betäubungszange. Außerdem einen fehlenden Melkstand für die Kühe, der aber gar nicht benötigt werde, weil die Kühe nicht einstünden, sondern gleich geschlachtet würden. Die Befürchtung der Genossenschaft ist, dass wenn sie jetzt hohe Summen investieren, bei einer erneuten Kontrolle in wenigen Monaten wieder etwas beanstandet werden könnte und wieder neu investiert werden müsste.
Andrea Rahn-Farr, Vorsitzende des Regionalbauernverbandes Wetterau/Frankfurt, die mit ihrem Mann einen landwirtschaftlichen Familienbetrieb in Rinderbügen bewirtschaftet, weiß um die »schwierige Situation für die Landwirte und die Metzger. Der weitere Weg bedeutet für die Tiere, Landwirte und Metzger mehr Stress«. Davon können Sebastian Kartmann, Landwirt in Geiß-Nidda mit seinem Betrieb für Zucht- und Mastsauen, und Mathias Mäser, Landwirt und Direktvermarkter mit Fleischrinderzucht und Mutterkuhhaltung in Wolf, ein Lied singen. Kartmann belieferte die Büdinger Metzgereien Jöckel und Nagel mit seinen Schweinen, die Schlachtung erfolgte in Büdingen. Er selbst hat sie von seinem Stall zum Schlachthof gefahren.
Jetzt müssen sie bis nach Aschaffenburg transportiert werden. Sebastian Kartmann muss einen Viehhändler beauftragen, da der zeitliche Aufwand für so weite Strecken für ihn zu groß ist, denn in dieser Zeit kann er sich nicht um die anderen Tiere kümmern.
In Aschaffenburg wird weniger gezahlt, der Transport kostet wesentlich mehr, »also haben wir weniger Einnahmen bei mehr Aufwand. Zum Stress für Tier und Mensch kommt die höhere Umweltbelastung durch den längeren Transportweg«. Ihm scheint, der Aspekt Umweltschutz und Nachhaltigkeit werde von den Behörden ignoriert.
Auch für die Direktvermarkter der Region wie Mathias Mäser war der Büdinger Schlachthof Dienstleister in nächster Nähe: gut für seine Rinder und deshalb gut fürs Fleisch, das beim Verbraucher auf den Tisch kommt. Und gut für ihn aufgrund der kurzen Wege und wegen des geringen Zeitaufwands. »In ein paar Minuten nach Büdingen, alles unaufgeregt für meine Tiere. Bis das Vieh richtig gemerkt hat, was los ist, war es geschlachtet«. Mathias Mäser hat nach längerem Suchen einen Schlachthof in Wölfersheim gefunden, zwar in der Wetterau, aber trotzdem ein weiterer Weg. Hinzu kommt die Wartezeit, bis er dran kommt. »Alles ein Stressfaktor für uns und die Tiere«.
Wie die Landwirte, so hofft auch Andrea Rahn-Farr, »dass die Schlachtstätte in Büdingen weiter betrieben werden kann. Die Mängel müssen abgearbeitet werden, der Wetteraukreis hilft. Das Abarbeiten kostet aber Zeit und viel Geld«, sagt sie und verweist zudem auf die Materialknappheit und -verteuerung im Bausektor. Der Landkreis und der für das Veterinärwesen, die Landwirtschaft und die Ökomodellregion zuständige Dezernent Matthias Walther ist im Dialog mit den Metzgern der Büdinger Schlachthofgenossenschaft und begleitet sie in ihren Maßnahmen zur Wiederaufnahme des Schlachtbetriebes. Es wurden diverse Gespräche mit ihnen, der Stadt Büdingen, zuständigen Stellen und Organisationen geführt, auch hinsichtlich Fördermöglichkeiten. Walther unterstreicht: »Das Veterinäramt und die Koordinationsstelle der Ökomodellregion stehen der Schlachthausgenossenschaft beratend zur Verfügung. Die Regionalität, die Verarbeitung in Öko-Qualität und die Kürze und Transparenz der Wege sind für den Wetteraukreis wichtige Ziele.«
Gespräch im Januar
Gleichwohl ist auch dem Büdinger Bürgermeister Erich Spamer am Fortbestand des Schlachthofes gelegen. Auch er berichtet von Gesprächen mit dem Dezernenten und den Metzgern. Dennoch, so teilt er mit, gebe es auch Überlegungen zum Bau einer neuen Schlachtstätte. Zwar sei im Gewerbegebiet Reichardsweide kein Platz mehr, aber er habe für die zweite Januarhälfte um ein Gespräch mit seinem Hammersbacher Kollegen Michael Göllner gebeten, in denen mögliche Standorte für einen Schlachthof für die Region Büdingen und die direkt angrenzende Region des Main-Kinzig-Kreises erörtert werden sollten. »Es gibt genügend Potenzial an Viehzucht im Büdinger Land, es müssten jedoch auch Landwirte und Fleischereibetriebe aus der nahen Region des Nachbarkreises mitmachen. Die Ziele sind: möglichst kurzer Tiertransport und heimische Vermarktung.