Sensationsfund von einem Borsdorfer Acker

Am 1. März kommt die Keltenwelt am Glauberg mit ihrer verlängerten Sonderausstellung aus der Winterpause. Und für die Besucher hält sie gleich einen regionalen Sensationsfund bereit.
Glauberg (red). Die Sonderausstellung zu den Kelten in Hessen auf der gesamten Ausstellungsfläche des Museums der Keltenwelt am Glauberg geht ab Mittwoch, 1. März, in die Verlängerung. Und mit dabei ist ein Sensationsfund aus Borsdorf, der in der Region bislang so noch nicht zu sehen war.
»Die Begeisterung beim Museumspublikum und in der Fachwelt ist so groß, dass wir uns entschlossen haben, die Schau bis zum Herbst zu zeigen«, berichtet Direktorin Dr. Vera Rupp. »Ein ganz besonderer Fund aus der Wetterauregion hat bisher unter den rund 400 Ausstellungsexponaten gefehlt. Deshalb sind wir sehr froh, dass wir nun auch das Original des berühmten ›Borsdorfer Henkels‹ hier am Glauberg erstmals nahe seinem Fundort präsentieren dürfen«, freut sie sich.
Entdeckung bereits im Jahr 1855
Dieses außergewöhnliche Fundstück kam schon um das Jahr 1855 ans Tageslicht, als ein Landwirt am Ortsrand von Borsdorf einen Acker pflügte. Aus alten Akten geht hervor, dass hier vorher ein Wald stand, den man zugunsten der Landwirtschaft rodete. Den Fund machte man dann beim »Ausstöcken«, also wohl beim Entfernen von Baumwurzeln.
Heute weiß man, dass der Landwirt den Griff eines antiken etruskischen Bronzegefäßes entdeckte. Der Borsdorfer Fund kam zunächst zur Forstverwaltung in Nidda und wurde anschließend dem Hessischen Landesmuseum in Darmstadt übergehen. Fortan gehörte er zur Museumssammlung, die im Zweiten Weltkrieg teilweise großen Schaden nahm. Zu den unbeschadeten Stücken der Sammlung zählt der Bronzegriff aus Borsdorf. Nach der Sonderausstellung am Glauberg geht er im Herbst wieder zurück nach Darmstadt, wo er eines der Glanzstücke in der Dauerausstellung ist.
Der Griff gehörte wohl zu einem etwa 40 Zentimeter großen, schalenförmigen Bronzegefäß. Reste davon fand man seinerzeit nicht. Er zeigt eine hervorragend gearbeitete Darstellung ringender Jünglinge, die in Bronze gegossen sind. Seine Produktion liegt irgendwo im Zeitraum zwischen 420 und 300 v. Chr. Neue Forschungen zu diesem Fund stehen noch aus. Ob man den Fund mit dem keltischen »Fürstensitz« auf dem Glauberg in Verbindung bringen kann, ist demnach offen. Dieser liegt nur rund 13 Kilometer Luftlinie von Borsdorf entfernt.
Sicher ist, dass man solche Gegenstände im Land der Etrusker in Nord- und Mittelitalien fertigte. Es gibt einige wenige Vergleichsstücke, doch keines gleicht dem anderen. Ein Gefäß aus einem antiken Grab bei Filottrano, etwa 25 Kilometer südwestlich von Ancona in Italien gelegen, weist einige Ähnlichkeiten mit dem Borsdorfer Griff auf. Allerdings sind hier die Figuren keine Ringer, sondern Schwertkämpfer.
Souvenir oder Gastgeschenk?
Es ist ein Rätsel, was sich hinter diesem wertvollen Gegenstand verbirgt. Handelte es sich um exquisite Importware oder ein besonderes Gastgeschenk für eine Person der keltischen Oberschicht? Vielleicht brachte jemand das Gefäß gar als Souvenir aus dem Süden mit. Es ist nämlich durchaus möglich, dass Kelten aus hessischem Gebiet als Händler, Handwerker, oder als Söldner im Mittelmeerraum unterwegs waren.
Wenn der Wetterauer Fund aus einem reichen Grab der keltischen Oberschicht stammt, so fehlt von ihm bis heute jede Spur. Kann es sein, dass alle Grabhügel, die sich im besagten Waldgebiet befanden, bei der Rodung zerstört wurden und damit auch die Grabbeigaben? Oder hatte an besagter Stelle vor 2400 Jahren ein Handwerker oder ein Metallhändler ein Materiallager angelegt? Dies sind spannende Fragen, die die Archäologie beschäftigen.
Handelsgut aus dem gesamten Mittelmeerraum und speziell aus dem Gebiet der Etrusker war als kostbare und nicht alltägliche Ware bei der keltischen Oberschicht sehr beliebt; kam sie doch von weither. Antike Gegenstände dienten ferner dem keltischen Handwerk als Anregung für eigene Kreationen. So entwickelte sich ein keltischer Kunststil mit ganz eigenen Motiven, wie beispielsweise Pflanzenranken, Mischwesen aus Tier und Mensch, Masken und komplexen Zirkelornamenten.
Die Sonderausstellung in der Keltenwelt am Glauberg zeigt noch bis zum 31. Oktober zahlreiche Beispiele dieses außergewöhnlichen wie rätselhaften Kunstschaffens der Kelten, die man in Hessen bei Grabungen gefunden hat.