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Eine riesige Saline im Sprudelhof
- VonPetra Ihm-Fahleschließen
Ein Päckchen Salz kostet heutzutage nicht viel. Den früheren Wert kann sich manch einer vielleicht nur schwer vorstellen. Was es bedeutete, diesen Schatz zu gewinnen, zeigte sich am Sonntag beim »Tag der Industriekultur« in Bad Nauheim.
In früheren Jahrhunderten förderten die Bad Nauheimer Salz - aus dieser Epoche ist viel erhalten. »Man muss es bloß wissen und dann sieht man es auch«, stellt Dr. Ulla-Ira Stamm fest. Gemeinsam mit Georg Borchers steht sie im Kurpark am Großen Teich, der laut Stamm ein Industriedenkmal ist. Der Tisch, an dem die beiden Infos vermitteln, ist der erste Stand von sechs Stationen. Mit ihnen wollen der Verein Wind- und Wasserkunst und Stadtmarketing GmbH die Geschichte der Salzgewinnung darstellen. Der Anlass: die »Tage der Industriekultur« am vergangenen Sonntag.
»Wir gehen auf einem Staudamm, ohne es zu wissen. Die Hälfte des Rundgangs um den Großen Teich liegt auf einem Staudamm, der unter Waitz von Eschen im 18. Jahrhundert erbaut wurde«, sagt Stamm. Die Waldteiche sind ihren Worten zufolge ebenfalls Teil des Industriedenkmals. »Geht man da vorbei und weiß es, sieht man, dass dort eine riesige Staumauer am unteren Ende ist und das Wasser zwischen den Teichen gestaut wird. Das war alles Wasser, um die Wasserräder anzutreiben.«
Salz im mittleren Landes-Teil kostbar
Laut Stamm war Salz in früheren Zeiten kostbar. »An der Küste und in den Bergen gab es Salz, im mittleren Teil von Deutschland aber nur wenig, und deshalb war es sehr wertvoll.« Die Menschen verwendeten es nicht nur zum Würzen, sondern zum Einpökeln der Lebensmittel. Salzquellen liegen laut Stamm auch unter dem Windmühlenturm, der künftig zum Thermalbad gehören wird. »Im Sprudelhof, man kann es sich heute nicht vorstellen, stand eine riesige Saline, die von der Ludwigstraße bis zum Schwyzer Hüsli reichte«, sagt sie. Die Usa verlief damals durch den Großen Teich, den es noch nicht gab. »Man hat mit viel Aufwand, vier Jahre lang, riesige Erdarbeiten gemacht, um den Großen Teich vier Meter tief auszuheben und die Usa umzulegen«, berichtet Stamm.
Ein Besucher aus Offenbach schaut sich die ausliegenden nostalgischen Fotos an. »Ich habe das schöne Wetter genutzt, um mal wieder nach Bad Nauheim zu kommen. Dabei habe ich viel entdeckt, was ich vorher noch nicht kannte. Es ist sehr gut, dass das mit den ›Tagen der Industriekultur‹ zusammentrifft und Leute da sind, die Auskunft geben«, freut sich der Mann.
Auf dem Parkplatz hinter der Commerzbank stehen Denkmalschützer Gustav Jung und Gästeführerin Anja Hannes. Anhand eines Plans von 1784 zeigen sie, wie groß die Saline war. »Sie liegt zwischen Großem Teich und Gradierwerken und wir wollen sie als Gesamtheit präsentieren. Es war eine große industrielle Anlage«, sagt Jung. Der Plan stammt von Siegmund Friederich Beck, dessen Gedenkstein auf dem Alten Friedhof bei der Stadtschule an der Wilhelmskirche steht.
Eine Bewunderin von Bad Nauheim
Eine weitere Station liegt beim Keltenpavillon am Gradierwerk 2. Klaus Feuerstein beschreibt Besucherin Christa Decker gerade, wie man innerhalb von zwei Stunden zweieinhalb bis drei Kilo Salz siedet. »Als Bewunderin von Bad Nauheim habe ich diesen Tag zum Anlass genommen, mal die ganzen Schätze zu betrachten, die mit Salz zu tun haben«, sagt Decker. Normalerweise ist sie im Jugendstil unterwegs. Heidi Seelen steht vor dem ehemaligen Rentamt in der Kurstraße, wo sie einer Besuchergruppe die Funktion dieses Orts erklärt. »Das war die Kasse, sozusagen das Finanzamt der Saline, und das hat es 1784 schon gegeben. Daneben steht das Bethaus, wo die Söder gebetet haben, bevor sie zur Arbeit ausgeschwärmt sind.«
Maria Stromereder sitzt am Ludwigsbrunnen, wo sie über die Funktion des Wasserrads spricht. »Ich erkläre, wie die Sole auf das Gradierwerk kommt und was dort passiert, bis am Ende Salz entsteht«, schildert sie.
Letzte Station ist der Stadtteil Schwalheim, wo Klaus Englert über das Zusammenspiel von Gestänge, Rad und Wasserkraft informiert. »Hallo!« Eine große Radfahrgruppe stoppt, um die historische Sehenswürdigkeit mit Gästeführer Norbert »Bobo« Mischke zu besichtigen. Beachtlich, was Menschen früher schufen.