Stille, Sitzkissen und nicht die Stones

Wo ist denn der Eingang der Markuskirche in Butzbach? Ich probiere es an einer der großen Holztüren. Verschlossen. Also gehe ich um die Kirche herum, versuche es an der nächsten. Und tatsächlich, die schwere Tür geht auf. Wenn auch langsam. Auf den ersten Blick scheint die Kirche leer. Deshalb erschrecke ich mich, als ich aus meinem Augenwinkel jemanden in der Ecke stehen sehe.
Entwarnung, es ist ein Pappaufsteller von Martin Luther in seinem schwarzen Gewand. Wer sollte mir auch in einer Kirche auflauern?
Vor den Händen des Papp-Luthers ist ein Plastikkasten montiert, in dem der Gemeindebrief steckt. Irgendwie witzig. Ich nehme Platz auf einer der alten Holzbänke mit den braunen Sitzkissen. An der Rückwand der Bank davor sind Taschenhalter angebracht. Praktisch. Ein Mann tritt ein. Andächtig läuft er in der Kirche herum, liest in den ausgelegten Prospekten. Dann setzt er sich. Wir sind still. Wie man es in der Kirche irgendwie automatisch ist.
Und so lasse ich meinen Gedanken freien Lauf. Wann war ich das letzte Mal in der Kirche? An Weihnachten. Und warum? Vielleicht, weil die Kirche zu Hause nicht so schön ist wie diese hier. Das ist ja auch Quatsch.
Und doch, die Markuskirche ist wirklich schön: die Kanzel vor mir mit ihren goldfarbenen Verzierungen. Die Glasfenster zeigen in bunten Farben Jesus Leben, das in der Mitte die Kreuzigung. Auch die Seitenfenster der Kirche, sind sie noch so klein, sind aus Buntglas. Wie schön, das gefällt mir in Kirchen immer am besten.
Der Mann geht. Und irgendwie scheint es noch stiller zu werden. Also gehe ich durch das Kirchenschiff, doch meine Schritte verhallen förmlich in dem großen Raum. Hinter dem Altar steht ein romanischer Taufstein. Um 1200 muss er schon in der Markuskirche gestanden haben, wie das Schild verrät. Interessant.
Ein Baum, aus Holz gefertigt steht ein Stück weiter, In der grün bemalten Blätterkrone hängen Fotos von Kindern. Henry, Nelio, Mira, Leonie und viele mehr. Wurden sie hier getauft? Vermutlich. Links hinter dem Altar steht die Orgel, Sie kommt mir so riesig vor. Ganz in Weiß, mit ihren silbernen Pfeifen.
Ich denke an einen Kollegen, der für ein Äquivalent dieser Serie zehn Minuten in einer anderen Kirche verbrachte: Sein Handy klingelte plötzlich. Der Klingelton: etwas von den Rolling Stones. Zum Glück nicht »Highway to Hell«, denke ich. Bevor mir das auch passiert, gehe ich lieber. keh