Über Licht und Wärme in dunkler Zeit

Der Gesangverein Liederkranz Gedern und seine Gäste luden nach drei Jahren zu ihrem traditionellen Weihnachtskonzert ein. Es gab viele besondere Momente.
Gedern (mü). »Immer, wenn es Weihnacht wird« - unter diesem Motto hatte der Männergesangverein Liederkranz Gedern, geleitet von seinem Chordirektor Hartmut Fillsack, erstmals nach knapp drei Jahren Pandemie wieder zu seinem Weihnachtskonzert in die evangelische Stadtkirche eingeladen. Das abwechslungsreiche Programm ließ die etwa zweistündige Konzertdauer wie im Flug vergehen und wurde mit begeistertem Beifall aufgenommen. Durch den Abend führte, nach der Begrüßung durch den Liederkranz-Vorsitzenden Achim Jäger, der Vorsitzende des befreundeten Männergesangvereins Liederkranz Usenborn, Robert Wegener, der das Publikum mit eigenen Texten rund um die Lieder auf faszinierende Gedankenreisen mitnahm.
Georg Braun an Piano und Orgel
In deren Zentrum stand die bewusste Wahrnehmung von Schönheit der Natur, Licht und Wärme in dunkler Zeit sowie die Suche nach Frieden im eigenen Herzen und in der Welt. Die musikalische Klammer bildete das virtuose Spiel von Georg Braun an Piano und Orgel, der die Lieder »Die Nacht ist vorgedrungen« und »Wie soll ich dich empfangen« in reizvollen Neufassungen des zeitgenössischen Komponisten Michael Schütz vortrug, ebenso die abschließende romantische »Canzona« von Domenico Zapoli. Zudem begleitete Braun einige Chorgesänge sowie die Darbietung des Kammerensembles »Les Cordes«, dem lyrischen zweiten Satz aus dem Concerto für Flöte und Streicher von Antonio Vivaldi.
In insgesamt vier Einzelauftritten unterstrich der gastgebende Liederkranz erneut seinen überregional bekannten und geschätzten Qualitätsanspruch sowie die Vielseitigkeit und Präzision seiner Arbeit. Mit der sanft und flehentlich vorgetragenen Bitte »Dominem pacem da nobis - Herr, gib uns Frieden« (Jakob Christ) gab man eindrucksvoll eines der wichtigsten Themen des Abends vor. Heitere Elemente wie das beliebte »Es ist für uns eine Zeit angekommen«, Melodien über Licht und Zuversicht (»Advent ist ein Leuchten« von Lorenz Maierhofer) und das titelgebende Lied »Immer, wenn es Weihnacht wird«, umgesetzt mit einem volltönenden Glockenton im Bass. Den Zauber der Weihnachtszeit malten auch die Lieder »Im Dunkel naht die Weihnacht« (Maierhofer), »Weihnachtszauber« von Christian Siegler und die Vertonung des emotionalen Eichendorff-Gedichtes »Markt und Straßen steh’n verlassen« (Bernhard Riffel) in erzählendem Duktus aus. Ein dritter Teil widmete sich den Weihnachtswünschen an Familie und Freunde sowie an die ganze Welt: »Sind die Lichter angezündet« (Hans Sandig, Satz: Pasquale Thibaut) richtet sich auch an die Jüngsten: »Jedes Kind soll Freude haben, jedes Kind in jedem Land.« Strahlend intoniert wurden »Wir wünschen euch frohe Weihnacht« und »Fröhliche Weihnacht überall«. »Der Weihnachtsbaum«, Satz Bernd Stallmann, schilderte einen Traumbaum in all seiner zerbrechlichen Pracht, »Weihnachten im Waldkirchlein« umschloss die Hymne »O du fröhliche« und das »Trommellied« erinnerte an das Kostbarste, was ein kleiner Hirtenjunge dem schenken konnte: ein wundervolles Trommelsolo, das den kleinen Jesus lächeln ließ.
Besondere Glanzlichter: Die 13-jährige Jenia Bezhorodova aus der Ukraine gilt in ihrer Heimat als Wunderkind, sowohl am Piano als auch an der traditionellen Bandura. Sie rührte die Herzen mit der »Ukraine weave« (Yaroslav Anatoliyovych Dzuch) und verzauberte mit der »Winter Fantasy« des gleichen Komponisten. Der Schauspieler, Hochschuldozent und Rezitator Edgar M. Böhlke bewegte hingegen mit ausdrucksstark vorgetragenen weihnachtlichen Gedichten von Rolf Krenzer sowie der erschütternden Erzählung »Der Bär und der Vogel« von Janosch über Freundschaft in einer kalten, einsamen Welt.
Verlernt, den Himmel zu lesen
Eindrucksvoll auch die Kurzpredigt von Pfarrerin Kerstin Hillgärtner: »Wir haben verlernt, den Himmel zu lesen«, stellte sie fest, empfahl den Blick nach oben in sternklaren Winternächten und berichtete von Chi Aurigae, dem 2000 Lichtjahre von uns entfernten Stern im Sternbild Fuhrmann (Auriga), dessen Licht, so wie man es heute mit bloßem Auge erkennen kann, um die Zeit der Geburt Christi seinen Ausgang nahm. »Gott kommt zu uns, auch heute noch, stark und kräftig - wie das Licht, das wir gerade in dieser Zeit so dringend brauchen.«
Unter Mitsingen der Gemeinde setzte der Liederkranz mit »Stille Nacht, heilige Nacht« einen geradezu magischen Schlussakkord unter sein beeindruckendes Adventskonzert.