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Über Raubbau an der Natur: Rudolf Dietrich produziert neue Dokumentation

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Von: red Redaktion

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Rudolf Dietrich bei seiner Arbeit. © pv

Nach der »Der Vulkan lebt«-Trilogie sollte Schluss sein mit der Filmerei. Nun produziert Rudolf Dietrich aber doch eine neue Natur-Dokumentation. Die Premiere wird wieder im Niddaer Lumos-Kino stattfinden.

Die bisherigen Naturfilme von Rudolf Dietrich waren allesamt Kassenschlager, sie sorgten für ausverkaufte Kinosäle. Hessenweit fand die Arbeit des Lauterbachers Beachtung, weit über den Vogelsberg hinaus war er ein gefragter Referent.

Nach der erfolgreichen »Der Vulkan lebt«-Trilogie sollte Schluss sein mit der Filmerei. Aber die klimatischen Veränderungen und ihre Auswirkungen auf die Natur- und Pflanzenwelt - auch direkt vor der Haustür - haben Rudolf Dietrich dazu bewogen, doch noch mal zur Kamera zu greifen und seinen neunten Film zu produzieren. »Wildtiere auf der Suche nach neuen Lebensräumen« wird der Dokumentarfilm heißen, an dem er derzeit mit Hochdruck arbeitet.

»Ich wollte wirklich keinen Film mehr machen, was mich aber nicht davon abgehalten hat, weiter Naturaufnahmen zu erstellen«, sagt der 85-Jährige. In seinem neuen Werk beschäftigt er sich mit dem Raubbau des Menschen an der Natur und den damit einhergehend kleiner werdenden Lebensräumen für die heimischen Wildtiere.

Dokumentation mit Botschaft

Auf der Basis älteren Filmmaterials und anhand neuer Aufnahmen, die bereits im Kasten sind, will Dietrich eine Entwicklung aufzeigen, deren Ende nicht absehbar ist. Die Musik ist ausgewählt, die Begleittexte sind geschrieben und werden vom Filmer gerade aufgenommen. Wie bisher macht Rudolf Dietrich - bis auf die Tonmischung, die er wieder mit dem Ulrichsteiner Filmprofi Eike Zimmermann erarbeitet - alles selbst.

»Sollte ich alles so hinbekommen, wie ich mir das vorstelle, wird dies das Beste, was mir je gelungen ist«, sprüht Rudolf Dietrich vor Begeisterung. Nicht nur wegen der Aufnahmen heimischer Tiere, bei denen er »immer ganz dicht am Objekt« gefilmt habe, sondern auch wegen der Bedeutung und der Botschaft der Dokumentation.

»Weltweit sind Wissenschaftler und Forscher dabei, die Entstehung, die Gründe und Auswirkungen eines neuen Naturphänomens zu erforschen, das von größter Bedeutung für den Naturschutz und die Artenvielfalt sein könnte«, betont Rudolf Dietrich. Dabei gehe es um das veränderte Verhalten von Wildtieren, die auf ihrer Suche nach neuen Lebensräumen Experten und Naturfreunde erstaunten. »Auch mir sind diese Veränderungen nicht verborgen geblieben. Die Frage nach dem Warum hat mich fasziniert, und deshalb habe ich mich des Themas angenommen«, sagt Dietrich, der wie kaum ein anderer im Vogelsberg die Tier- und Pflanzenwelt in den zurückliegenden Jahrzehnten beobachtet und in seinen Naturfilmen thematisiert hat.

Warten auf den perfekten Moment

Inzwischen besitzt er ein umfangreiches Archiv mit wertvollen Aufnahmen. Und so ist es ihm möglich, Aufnahmen und Bilder von früher mit der aktuellen Situation zu vergleichen und seine persönlichen Gedanken und Überzeugungen daraus abzuleiten.

Wer Rudolf Dietrich kennt, weiß, dass er trotz seines Temperaments für seine Filmaufnahmen mit unendlicher Geduld und Ruhe, versteckt in seinem Tarnzelt, ausharren und auf den perfekten Moment warten kann.

Die Lauter, das Brenderwasser und der Eisenbach standen für den aktuellen Film im Fokus seiner Recherchen und Beobachtungen. Über das artenreiche Leben an und in den Gewässern hinaus hat Dietrich auch in Nidda, Schotten und Ulrichstein Belege für die Suche der Wildtiere nach neuen Lebensräumen gesammelt.

Einige Gründe, die zu diesen Veränderungen geführt haben könnten, glaubt der Naturschützer bereits zu kennen: »Der Raubbau der Menschen an der Natur und die fortschreitende Versiegelung wertvoller Böden engen die Lebensräume für Tiere und Pflanzen immer weiter ein. Das Artensterben beschleunigt sich. Der immer stärker spürbare Klimawandel mit all seinen Folgen wird zum Überlebenskampf für Menschen, Tiere und Pflanzen«, erklärt Dietrich.

Der Filmemacher, der auch Natur- und Umweltpreisträger im Vogelsberg ist, ist davon überzeugt, dass nichts so bleiben wird, »wie es war und ist«. Nur wer es verstehe, sich den Veränderungen der Natur anzupassen, werde den Daseinskampf auch unter schwierigen Bedingungen bestehen.

Natürlich habe es in der Natur schon immer Veränderungen gegeben, wie das Beispiel der Amsel zeige. »Aus einem Wald- wurde ein Stadtvogel.« Neu seien »die Geschwindigkeit, mit der das geschieht, und die Vielzahl auffälliger Beispiele bei unterschiedlichen Tiergruppen«. Als Beispiel nennt er den Schwarzstorch. »Versiegen durch die anhaltende Trockenheit Quellen und Bäche im Vogelsberg, fehlen dem Schwarzstorch die Feuchtgebiete, um ausreichend Nahrung für sich und seine Jungen zu finden. Hinzukommt, dass die Population durch strenge Schutzmaßnahmen wieder gewachsen ist und somit auch die Probleme der Nahrungsbeschaffung größer werden. Kein Wunder, dass der Schwarzstorch seine ausgeprägte Scheu verdrängt und - trotz städtischen Lärms und vieler Menschen - mitten in Lauterbach zum Fischfang durch die Lauter stolziert«, sagt Dietrich und ist überzeugt, dass es sicher weitere Gründe für diesen Wandel gibt.

Endgültig letzter Film

»Die Komplexität der Natur ist und bleibt für uns Menschen ein Buch mit sieben Siegeln. Nur hin und wieder gibt sie uns ein kleines Stück ihrer Geheimnisse preis. Mit großem Interesse wird man weltweit die Arbeit der Wissenschaftler verfolgen und mit Spannung auf fundierte Ergebnisse warten«, befindet er.

Spannend sei auch, wie die Menschen diese Veränderungen annähmen. »Werden sie die Tiere in ihrer Nähe dulden? Könnte die Verhaltensänderung auch eine neue Möglichkeit sein, Tiere besser zu schützen, ihnen ein Überleben zu ermöglichen? Fragen über Fragen, auf die es leider noch keine Antworten gibt«, sagt der Lauterbacher.

Ein wenig erschöpft nach all der Arbeit, aber glücklich über sein neuestes Projekt ist der 85-jährige Filmer, der einmal mehr ankündigt: »Das war endgültig der letzte Film, den ich gemacht habe.«

75 spannende Filmminuten sollen aus Rudolf Dietrichs umfangreichen Aufnahmen entstehen. Noch in diesem Jahr soll der neue Naturfilm fertig werden. Die Premiere wird wieder im Niddaer Lumos-Kino stattfinden, kündigt Dietrich an. Abhängig sind der Premierentermin und alle nachfolgenden Vorführungen von der Entwicklung der Corona-Pandemie. VON CLAUDIA KEMPF

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