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»Unsere Heimat ist wertvoll«

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Von: Cathrin Lutz

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Stadtarchivar Jürgen Reuß (rechts) erinnert an die Gründung der damaligen Großgemeinde Florstadt vor 50 Jahren. Bürgermeister Herbert Unger bedankt sich mit einem Präsent. © Cathrin Lutz

Florstadt (luc). In einem Rückblick auf die Gründung der damaligen Großgemeinde Florstadt hat Stadtarchivar Jürgen Reuß während der letzten Stadtverordnetenversammlung in diesem Jahr die Hintergründe für den Zusammenschluss vor 50 Jahren aufgezeigt. 2007 erhielt Florstadt dann Stadtrechte: aus der Großgemeinde wurde eine Stadt, aus Ortsteilen wurden Stadtteile, aus dem Gemeindevorstand wurde der Magistrat und aus der Gemeindevertretung die Stadtverordnetenversammlung.

Reuß erinnerte zunächst an drei Männer, »die in diesem Jahr verstorben sind und die eine große Lücke hinterlassen haben. Sie waren Mitglieder der historischen Arbeitsgruppe, ihr Verlust wiegt schwer«. Sie seien sehr aktiv gewesen und hätten daher allen Bürgern der Stadt Florstadt ein historisches Erbe hinterlassen. »Rolf Lutz aus Stammheim, Dieter Schwendemann aus Staden und Dieter Alt aus Nieder-Florstadt haben den historischen Schatz der Stadt Florstadt bearbeitet, recherchiert und dokumentiert - und somit für uns alle zugänglich gemacht«, betonte Reuß.

Der Stadtarchivar blickte anschließend auf das Jahr 1947 zurück. Damals, zwei Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, habe der Vorsitzende der Kabinettsreform, Professor Hermann Brill, ein Gutachten über den Sinn und Zweck einer umfassenden Territorialreform, also den Zusammenlegung einzelner Gemeinden, veröffentlicht. Brill habe damals bereits erkannt, dass der Ausgangspunkt jeder Verwaltung die Gemeinde sein muss. Dafür waren aus seiner Sicht die Stärkung der Verwaltungskraft und die Beseitigung von Zwerggemeinden notwendig.

Der Zusammenschluss von Gemeinden mit weniger als 300 Einwohnern und die Auflösung kleinerer Landkreise seien empfohlen worden. »Andere Probleme und andere politische Prioritäten verzögerten die Umsetzung unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg«, schilderte Reuß.

Erst 1970 nach der Landtagswahl habe die Landesregierung aus SPD und FDP die kommunale Verwaltungsreform in Angriff genommen. Ministerpräsident Albert Osswald (SPD) und Innenminister Hanns-Heinz Bielefeld (FDP) hätten als Ziel 500 Kommunen und 20 Landkreise ausgegeben. Zu diesem Zeitpunkt habe es in Hessen 2642 Gemeinden und 39 Kreise gegeben. Die Gebietsreform habe anschließend bis 1977 gedauert - mit dem Ergebnis: 421 Gemeinden und 21 Landkreise.

Fusion dauert zwei Jahre

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sei festgestellt worden, dass verfassungsrechtliche Bestimmungen zwar den institutionellen Bestand der Gemeinde als Rechts- und Organisationsform schützten, nicht aber den Bestand von einzelnen konkreten Gemeinden. Hessen habe keine kommunalen Verfassungsbeschwerden an den Staatsgerichtshof zugelassen, erinnerte Reuß. Ab 1972 seien 42 Beschwerden von Gemeinden und Städten sowie zwei Landkreisen als unzulässig abgelehnt worden.

Einige Zusammenschlüsse hätten Zorn und ungeahnte Schwierigkeiten hervorgerufen, viele Gemeinden hätten die Zusammenlegung wegen der Vergünstigungen aus dem Kommunalen Finanzausgleich in aller Ruhe vollzogen. Die Fusion der heutigen sechs Florstädter Stadtteile habe zwei Jahre lang gedauert. 1970 hätten sich Ober- und Nieder-Florstadt zusammengeschlossen, ein Jahr später folgte Staden, 1972 zunächst Leidhecken (Februar) und im August dann noch Nieder-Mockstadt und Stammheim.

Reuß’ Fazit: »An dieser Stelle möchte ich es Ihnen überlassen, zu entscheiden, ob die Fusion, deren Vollendung sich nun zum 50. Mal jährt, eine Erfolgsgeschichte ist. Überprüfen Sie, ob Ihre Arbeit und die Arbeit ihrer Vorgänger als Erfolg verbucht werden kann. Die vergangenen 50 Jahren haben gezeigt, dass unsere Heimat wertvoll ist. Wir sollten sie in Ehren halten und nie vergessen, woher wir kommen. Als Arbeitergemeinde groß geworden, sollten wir unsere Werte verteidigen, aber auch den Mut haben, verantwortungsvoll in die Zukunft zu investieren.«

Langanhaltender Beifall und eine Flasche Wein von Bürgermeister Herbert Unger (SPD) waren dem Stadtarchivar nach seinem Vortrag sicher.

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