Verfahren eingestellt
Region (bac). Bunt ging es jetzt vor und im Amtsgericht Gießen zu. Aktivisten hatten zu einer Demonstration vor dem Amtsgericht Gießen aufgerufen. Grund war der Prozess gegen den notorischen Schwarzfahrer Ruben G., der fordert, dass die Benutzung des ÖPNV generell für alle kostenlos werden soll.
Doch damit verstößt er aktuell noch gegen geltendes Recht. So musste er sich wegen der Erschleichung von Leistungen in acht Fällen vor dem Amtsgericht Gießen verantworten. Der Prozesstag endete mit der Einstellung des Verfahrens, die Kosten gehen zulasten der Staatskasse.
Das Fahren ohne einen gültigen Fahrausweis ist strafbar, das regelt der Paragraf 265a »Erschleichen von Leistungen« des Strafgesetzbuches. Er besagt, dass man sich strafbar macht, wenn man heimlich ohne Fahrkarte fährt beziehungsweise so tut, als ob man eine habe. Wer jedoch deutlich zu erkennen gibt, dass er ohne Fahrschein fährt, der fällt nicht unter diesen Paragrafen, so die gängige Rechtsprechung. Genau dies hat der Angeklagte getan, der zu den Aktivisten der Projektwerkstatt Saasen rund um Jörg Bergstadt gehört, der ebenfalls diesbezüglich 2016 schon vor Gericht stand. Wann immer G. einen Zug bestieg, hatte er sich ein selbst geschriebenes Schild umgehängt. Darauf stand: »Ich fahre umsonst. Nulltarif in Bussen und Bahnen. Verkehrswende jetzt.«
Entkriminalisierung gefordert
Im Zeitraum zwischen Februar und Juli 2021 ist G. insgesamt acht Mal ohne gültigen Fahrausweis bei diversen Fahrten im Bundesgebiet vom Zugpersonal aufgegriffen worden. Laut deren Aussagen habe sich der Angeklagte auf Verlangen immer ausgewiesen, und sie hätten ihm ein entsprechend erhöhtes Beförderungsentgelt in Rechnung gestellt. Ob er dies bezahlt habe, konnten die Zugbegleiter nicht beantworten. Bei einer Fahrt wurde die Polizei hinzugezogen, die die Personalien feststellte und das Papierschild mit dem Hinweis auf die »Umsonstfahrt« bei ihm fand. Deshalb sahen es die Staatsanwaltschaft und das Gericht als erwiesen an, dass der Mann auch bei den anderen Taten so auf sich aufmerksam gemacht habe.
Der Angeklagte gab zu seinen persönlichen Verhältnissen an, dass er vom »Wohlstandsmüll der Gesellschaft« lebe, selbst keine Einkünfte habe und sich von dem ernähre, was er so finden würde. Unterstützt wurde er von weiteren Aktivisten, die sich über gerichtliche Regeln hinwegsetzten. Die Verkehrsaktivisten verfolgen das Ziel, dass der gesamte ÖPNV kostenlos wird und dass das Fahren ohne Fahrschein entkriminalisiert werden muss.
Abschließend riet das Gericht dem Aktivisten, dass der Gerichtssaal wohl nicht der richtige Ort für diese politischen Auseinandersetzungen sei.