Vergiftete Atmosphäre im Parlament Kefenrod: Luft für Kirsten Frömel wird dünner

Die Luft für Kirsten Frömel wird dünner. Die parteilose Bürgermeisterin der Gemeinde Kefenrod muss sich nach Fehlern einer disziplinarischen Beurteilung durch den Wetteraukreis stellen.
Die Zahlung von 45 000 Euro an ein Planungsunternehmen, die Kefenrods Bürgermeisterin Kirsten Frömel (parteilos) im vergangenen Jahr tätigte, hätte so nicht geschehen dürfen. Darum wird sich nun der Wetteraukreis kümmern. Für eine unabhängige Überpüfung stimmte die Gemeindevertretung in ihrer jüngsten Sitzung. In dieser Zusammenkunft attackierten Richard Trunk sowie der gescheiterte Bürgermeisterkandidat Marco Schreiner und Peter Kolczok (alle CDU) Frömel hart und zum Teil ziemlich respektlos. Sie zogen diesbezüglich alle Register. Angrinsen, zurechtweisen, mit dem Kopf schütteln, gespielte Verzweiflung an den Tag legen, runtermachen - so ging es über weite Strecken. Trauriger Höhepunkt war, als ein Gast »die sogenannte Bürgermeisterin« am Ende aufforderte, doch mal zu erklären, welchen Sinn es habe, dass sie Rathauschefin ist.
Reaktionen und Hintergründe
Der einzige Gemeindevertreter, dem dieses Agieren wohl missfiel, war Sozialdemokrat Jürgen Imhof, wie er durch Gesten und Einwürfe zeigte. Und auch Bauamtsleiter Martin Grundl verließ genervt für eine Weile den Saal im Bürgerzentrum Holzwich. Es war der Moment, als Thomas Rosner für einen Beitritt zur Gigabit-Region Frankfurt Rhein-Main warb (siehe Info) und kritische Fragen von Richard Trunk und Marco Schreiner auf ihn einprasselten.
Hintergrund der vergifteten Atmosphäre ist besagte Auszahlung an ein Planungsunternehmen, das Plätze für die Erschließung von Bau- und Gewerbegebieten ermitteln sollte. Frömel soll die Zahlungsanweisung im Jahr 2022 vorgenommen haben, obwohl die Gemeindevertretung mehrfach Vergleichsangebote erbeten hatte (diese Zeitung berichtete). Aber auch andere Dinge sind vorgefallen. Etwa als sie dem Wetteraukreis den Festplatz in Bindsachsen als Option genannt hatte, um dort Geflüchtete in einer Leichtbauhalle unterzubringen. Dies offenbar, ohne das Parlament zu informieren.
Über die Sache mit den 45 000 Euro debattierten Ältestenrat und die Gemeindevertreter im Laufe des Jahres mehrfach. Acht Verstöße beziehungsweise Mängel hatte ein Revisionsbericht der Kommunalaufsicht festgestellt. Nun stand als Punkt drei ein Beschluss auf der Tagesordnung, beim Wetteraukreis eine disziplinarische Beurteilung zu beantragen und mögliche Schritte einzuleiten.
Vertrauensverlust in Bürgermeisterin
Stellvertretender Gemeindevertretervorsitzender Sascha Gerhardt (FWG) fasste die Ergebnisse einer Ältestenrat-Sitzung vom September zusammen: Demnach bestehe ein Vertrauensverlust in Frömel. Die unabhängige Überprüfung beim Kreis soll erfolgen, um die weitere Vorgehensweisen rechtssicher zu gestalten. Nicht nur Schadensersatzansprüche wären denkbar, sondern sogar das Wort »Abwahlverfahren« fiel. »Zumindest theoretisch«, wie Gerhardt anmerkte. Mehrheitlich ging der Beschluss pro Beurteilung durch, lediglich SPD-Mann Imhof stimmte dagegen. Die restlichen SPD-Vertreter enthielten sich, ebenso hielt es der Freie Wähler Christoph Seemann. Frömel war wegen Befangenheit nach draußen gegangen.
Nach der Sitzung hat diese Zeitung mit ihr über die Missstimmung gesprochen. »Ich finde es schade, auch für die Bürger, denn ich verfolge keine eigenen Interessen, sondern versuche für die Bürger, die Gemeinde nach vorne zu bringen«, erklärte sie. Sie fügte hinzu: »Und natürlich macht man auch Fehler. Es ist schade, dass die Toleranz so gering ist, dass alles, was ich an Fehlern mache, immer gleich so eine Riesenkatastrophe ist. Was man richtig macht, wird nicht erwähnt - und einmal macht man was falsch, dann ist es eine Katastrophe.« Wie sie betont, möchte sie weiterhin konstruktiv mit den Gemeindevertretern zusammenarbeiten.
Die Lücken in der Informationspolitik, über die sich die Lokalpolitiker enttäuscht zeigten, halten sie für ein wiederholt auftretendes Problem. Beobachter der Gemeindevertretersitzung können andererseits feststellen, dass Frömel beim Punkt Mitteilungen stets ausführlich über das Geschehen in der Kommune informiert. In vielen anderen Parlamenten fallen die Mitteilungen der Rathausspitze deutlich kürzer aus.
Nichts für schwache Nerven
Eine weitere Besonderheit ist es in Kefenrod, dass sich Bürger am Ende melden und zwanglos Fragen stellen können. Für Frömel macht es nicht leichter, dass sie Angriffe nicht mit der gleichen Härte pariert und ihr zudem niemand beispringt. Wie sich wieder einmal zeigt, ist Politik nichts für schwache Nerven.