Viele Fragen offen
Der Mietvertrag mit dem Freundeskreis ist beendet, die Gastronomie geschlossen, die ausgebrannte Zehntscheune eine Ruine: Wie geht es weiter in Kloster Arnsburg? Der Eigentümer, Karl Georg Graf zu Solms-Laubach, arbeitet nach eigenen Aussagen »an guten Lösungen«.
Der Anblick ist immer wieder ein kleiner Schock: Der verkohlte Dachstuhl der Arnsburger Zehntscheune ist das erste, was Besucher sehen, wenn sie das Kloster durch den Pfortenbau betreten. Der Großbrand vom vergangenen August, der nur dank des professionellen Einsatzes von mehr als 100 Feuerwehrleuten eingedämmt werden konnte, hatte Folgen. Seither ist die Gastronomie geschlossen; die Pächter der »Alten Klostermühle« haben sich in Bad Nauheim eine neue Wirkungsstätte gesucht.
Doch eine Zeitenwende in Arnsburg hatte sich schon vor dem verheerenden Feuer angebahnt. Im Mai war bekannt geworden, dass Karl Georg Graf zu Solms-Laubach als Eigentümer die Verantwortung für die gesamte Anlage übernehmen möchte. Dem Freundeskreis Kloster Arnsburg wurde gekündigt. Der Mietvertrag mit dem Verein, der sich seit 1960 um den Erhalt der mittelalterlichen Gebäudeteile gekümmert hatte und auch das Kulturprogramm verantwortete, ist zum Jahresende 2022 ausgelaufen.
»Als Eigentümer von Kloster Arnsburg habe ich die Gesamtanlage im Blickfeld und dadurch natürlich sehr viel mehr Möglichkeiten, Zukunftskonzepte zu erarbeiten.« So hatte sich Graf Solms im vergangenen Mai geäußert, als die Kündigung des Vertrags mit dem Freundeskreis öffentlich bekannt wurde. Dabei verwies er auf seine kulturellen Interessen, insbesondere auf klassische Musik und gute Kunstausstellungen.
In diesem Jahr allerdings ist noch nicht mit einer Umsetzung dieser Konzepte zu rechnen. Es gebe in Arnsburg sehr viele Herausforderungen, für die gute Lösungen gefunden werden, teilte der Eigentümer auf Nachfrage mit.
»Nach meiner Erfahrung sind Private schneller als die Öffentlichkeit, aber so schnell können und wollen wir auch wieder nicht sein.« Die Auskunft endet mit einem lapidaren Satz: » Sie dürfen sehr gerne in einem Jahr eine neue Anfrage stellen.« Bis dahin bleibe das Kloster der Öffentlichkeit weiter zugänglich.
Ungewiss ist derweil die Zukunft des Freundeskreises. Die Geschäftsstelle im Kloster wurde geschlossen, die Bestuhlung an Interessenten wie den Musikzug Muschenheim oder die neue Begegnungsstätte in Laubach verteilt, die mobile Bühne bei der Kreisvolkshochschule eingelagert. Die Module sollen künftig Kulturtreibenden für Veranstaltungen zur Verfügung stehen. »Die KVHS wird dafür ein Konzept erarbeiten«, sagte die Vorsitzende des Freundeskreises, Landrätin Anita Schneider. Die Eigentumsfragen habe man im vergangenen Jahr mithilfe eines Anwalts geklärt. Das Drehkreuz am Eingang oder der Aufzug zum Dormitorium, die der Freundeskreis hatte einbauen lassen, bleiben an Ort und Stelle.
Die Frage aber, ob der Verein künftig noch eine Rolle in Arnsburg spielen werde und, wenn ja, welche, kann die Vorsitzende nicht beantworten. Eine Arbeitsgruppe habe sich mit diesem Thema beschäftigt. Aus ihr sei der Vorschlag gekommen, das Kloster in eine Stiftung zu überführen, wie das beim Kloster Eberbach der Fall sei. Dort gebe es einen Freundeskreis, der sich als Partner der Stiftung für kulturhistorische Belange engagiert. »Der Arbeitskreis hat bei seinem letzten Treffen diesen Vorschlag an Graf Solms herangetragen«, berichtete Schneider. »Er fand das interessant.« Konkrete Absprachen oder Zusagen aber habe es nicht gegeben. Nun wolle der Freundeskreis sein Angebot noch einmal schriftlich unterbreiten. Bis zur nächsten Mitgliederversammlung hätte Schneider gerne geklärt, wie es weitergeht. Drei Optionen seien denkbar: Fortführung der Arbeit in Arnsburg mit neuer Aufgabenstellung, die Verlagerung der Aktivitäten auf allgemeine Aufgaben im Denkmalschutz oder die Auflösung des Vereins. Die Mitgliederversammlung soll nach den Osterferien im April stattfinden. Länger möchte die Vorsitzende nicht warten. »Es stehen Vorstandswahlen an. Die können wir nicht immer weiter verschieben.«
Beim evangelische Dekanat Gießener Land dagegen herrsch Klarheit. Die Kirche kann die Räume in Kloster Arnsburg wie gewohnt nutzen. »Die Paradieskapelle steht weiterhin zur Verfügung«, teilte Dekanatssprecherin Dr. Angela Stender auf Nachfrage mit. Dort hat bereits am 5. März die Reihe der »Arnsburger Vespern« begonnen. Zudem sind laut Stender beim Dekanat bereits etwa 20 Trauungen angemeldet worden, evangelische und katholische. Das Dekanats-Tauffest in der Kirchenruine wird am Pfingstmontag ebenfalls in bewährter Manier stattfinden. FOTO: US