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Virtuoses Spiel für die »Königin«

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Virtuos verzaubert Dekanatskantor Kiwon Lee auf der Schottener Wegmann-Orgel. © Red

Schotten (ost). »Heute Abend haben wir zwei Hauptdarsteller«, führt Joachim Becker, der Kirchenvorstandsvorsitzende der evangelischen Kirche Schotten, in den Konzertabend in der Liebfrauenkirche ein. »Der erste Hauptdarsteller ist Dekanatskantor Kiwon Lee, die zweite Hauptdarstellerin ist unsere Wegmann-Orgel aus dem Jahre 1782.«

Mit »Toccata pour Grand Orgue« von Gaston Bélier (1863-1938) eröffnete Kiwon Lee schwungvoll und in rascher Klangfolge den Konzertabend. Die folgenden »Deux Arabesques« gehörten zu den ersten Klavierstücken von Claude Debussy (1862-1918). Die »Première Arabesque« ist charmant und als Klavierstück sehr beliebt.

Die »Deuxième Arabesque« erscheint heiter, verspielt wie ein Vogelgezwitscher im Frühling. »Arabesque« an sich bedeutet eine Verzierung aus Blumen oder Ranken. Im übertragenen Sinne ist hier das Romantische, die Leichtigkeit und zarte Dynamik der Musik Debussys gemeint.

Kraftvoll und- nachdenklich

Beeindruckend und kraftvoll präsentierte Lee das mächtige Fiat Lux (lat: »Es werde Licht«) von Theódore Dubois als musikalische Lichtwerdung, gefühlt, wie ein strahlender Sonnenaufgang. Ruhigere, zum Nachdenken anregende Töne erzeugte Lee auf der Orgel mit dem Stück »A Chloris«. Mit »A Chloris« vertonte Reynaldo Hahn (1875-1947) ein Liebesgedicht seines Landsmanns Théophile de Viaut, das dieser rund dreihundert Jahre zuvor geschrieben hatte.

Danach durchströmten mit dem Stück »Humoresque »L’organo Primitivo« von Pietro A. Yon (1886-1943) liebliche, feine Flötenklänge den Kirchenraum. Facettenreich präsentierte Lee die »Partita über die Arie: Jesu, du bist allzu schöne« von Georg Böhm (1661-1733). Partita bezeichnet die einzelnen Teile einer instrumentalen Variationsreihe. Dieses Orgelstück bestand aus 14 Partitas.

Mit mehreren Tempowechseln intonierte Kantor Lee anschließend das Stück »Toccata in Seven« von John Rutter (geb. 1945). Einer triumphalen Eröffnung folgte ein gemäßigter Mittelteil, der in einen schwungvollen Abschluss endete. »Allegro in G für Flötenuhr« von Ludwig van Beethoven (1770-1827) hieß das folgende Musikstück, das Lee mit temperamentvollen, fröhlichen Flötenklängen zu Gehör brachte.

Zum Abschluss des Orgelkonzerts forderten ständig wechselnde Akkorde von Lee ein Spiel mit teilweise über Kreuz agierenden Händen in dem romantischen Stück »Fantasie et Fugue« (Fantasie und Fuge) von Alexandre-Pierre-Francois Boely (1785-1858), das mit einem schnellen, lebhaften Spiel begann und mit kraftvollen Akkorden endete.

Der letzte Orgelklang verhallte und das Publikum dankte Dekanatskantor spontan für das bravouröse Orgelspiel mit lang anhaltendem Applaus und Standing Ovations.

Gründliche Überholung

Die Orgel, auch die »Königin der Instrumente« genannt, muss gereinigt werden. Aus diesem Grund fand das Konzert mit Kantor Kiwon Lee an der Wegmann-Orgel in der Schottener Liebfrauenkirche statt, um damit auch Spenden für die erforderliche Reinigungsaktion zu sammeln. Die Orgel soll im nächsten Jahr nach Pfingsten gründlich gereinigt werden. »Nach rund 50 Jahren - das letzte Mal geschah es 1972 - ist wieder eine Generalüberholung der Schottener Wegmann-Orgel notwendig geworden«, erklärt Kirchenvorstand Joachim Becker und verrät außerdem, dass im Gebälk der alten Wegmann-Orgel das Folgende niedergeschrieben ist: »Mit Gott erbaut in der Weegmänischen Werckstadt unter dem Werckmeister Johann Friedrich Meynecke von Hildesheim und Johann Sigismund Aust von Hirschberg aus Schlesien und Johann Benedict Ernst Weegmann und Johann Philip Wilhem Krieger. Franckfurt. 15. Novembr. 1782.«

Für die Orgel-Reinigung sind sehr aufwendige, umfassende Maßnahmen notwendig. Deswegen werden die Reinigungsarbeiten einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen. Zur Finanzierung der Reinigungsaktion gibt es außerdem ein spezielles Crowdfunding-Projekt. Derzeit muss Kiwon Lee zwischen den einzelnen Orgelstücken sein Spiel unterbrechen und zur Vorbereitung für das nächste Stück mit den Knäufen die Register herausziehen oder hineinschieben. In Verbindung mit der Orgelreinigung soll eine elektronische Setzeranlage installiert werden, die einen schnelleren oder auch vorprogrammierten Registerwechsel sowie über 20 000 Setzer-Kombinationen ermöglicht.

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