Von Kirchsängern zum Projektchor

Vor 100 Jahren gründete sich in Borsdorf der Gesangverein Liederhain. Anlässlich des nun bevorstehenden Kommersabends wirft Vorsitzende Liane Kammer einen Blick in die Chronik des Vereins.
E igentlich sollte es eine größere Geburtstagsfeier werden, das Fest zum 100-jährigen Bestehen des Gesangvereins Liederhain 1923 Borsdorf, eine Veranstaltung mit einer Chronik und vor allem garniert mit Liedbeiträgen befreundeter Chöre. Eingeladen wurde rechtzeitig und umfangreich, so Liane Kammer, seit 2006 Vereinsvorsitzende, aber leider blieb die Resonanz aus.
So werden sich die aktiven Sängerinnen und Sänger sowie am Chorgesang interessierte Menschen am kommenden Samstag, 3. Juni, im Dorfgemeinschaftshaus in Borsdorf zu einem Kommersabend treffen. Liane Kammer wird unter anderem aus der Chronik lesen, und auch an Musik und Gesang wird es nicht fehlen, sind doch im Liederhain immerhin zwei Chöre aktiv. Zum einen ist dies der gemischte Chor und zum anderen »Forever Young«, eine Gruppe für jüngere Sangesbegeisterte. Beide Chöre stehen seit nunmehr zehn Jahren unter der Leitung von Philipp Langstroff.
Im Gespräch mit dieser Zeitung skizziert Liane Kammer die Vereinshistorie: Chorgesang gab es in Borsdorf schon vor 1900, vornehmlich war es Aufgabe der Sänger, in Gottesdiensten für musikalische Bereicherung zu sorgen. Das Repertoire erweiterte sich bald auch auf weltliche Lieder. Dann allerdings durchkreuzte der Erste Weltkrieg alle sängerischen Aktivitäten, der Chor löste sich 1918 auf. Nicht zuletzt, weil zahlreiche Sänger nicht mehr aus dem Krieg heimgekehrt waren.
Schon bald, nämlich 1923, gründete sich der Gesangverein unter seinem heutigen Namen neu, natürlich als Männerchor. Während des Zweiten Weltkriegs ruhte der Chorgesang in Borsdorf erneut, wie in vielen anderen Gemeinden auch. Erst 1948 belebte man den Verein wieder - mit 42 aktiven Sängern und immerhin sechs passiven Mitgliedern. Diese Mitglieder zu gewinnen, die bereit sind, durch einen vergleichsweise geringen Jahresbeitrag den Verein zu unterstützen, war schon immer schwierig und sei inzwischen noch schwieriger geworden, erklärt Liane Kammer.
Zahlreiche Preise bei Wettbewerben
Stets waren die Aktiven mit viel Freude dabei, der Singstundenbesuch war und ist immer zuverlässig. Zahlreiche Preise bei Wertungs- und Kritiksingen, beim Bundesleistungssingen und dem Hessischen Chorwettbewerb fuhr der Verein ein. Einmal, so schmunzelt Kammer, zum Leidwesen der erfolgsverwöhnten Ober-Widdersheimer, die hinter Borsdorf bei einem Wertungssingen nur Zweite wurden.
Geselligkeit stand bei den Borsdorfern ebenfalls schon immer hoch im Kurs. Neben den Chorkonzerten organisierte man Ausflüge unterschiedlicher Art, ebenso Wanderungen und Schlachtessen. Letzteres gestaltet sich aber im Moment schwierig, weil hier die Helfer fehlen. Ein Höhepunkt der Vereinsgeschichte war im Rahmen des Umbaus des Dorfgemeinschaftshauses im Jahr 1990 die Kontaktaufnahme zum Chor im sächsischen Borsdorf, der sich allerdings 2009 auflöste, so dass diese Verbindung wieder abriss.
Zurzeit gehören den beiden Chören insgesamt 19 Aktive an. Singfähig ist der gemischte Chor durchaus, aber seit Anfang des Jahres nur mit dreistimmigen Sätzen, weil, wie in den meisten Chören der Region, die Männerstimmen rar gesät sind. Wer beim Liederhain einmal reinschnuppern möchte, kann das dienstags ab 19 Uhr gerne tun.
Für die Zukunft, denkt Liane Kammer, werden sicherlich Chorgemeinschaften angedacht werden müssen, um den Spaß am gemeinsamen Singen zu erhalten, aber auch, um die Vereine finanziell zu sichern. Der Liederhain erhofft sich in Bezug auf einen Mitgliederzuwachs wieder einen positiven Effekt, wenn man das geplante Projekt »Back to 90’s« angeht. Vier Proben an vier Samstagen, beginnend am 15. Juli, von 17 Uhr bis 19 Uhr sollen auf die Präsentation am 15. Oktober im Rahmen eines Liedernachmittags vorbereiten und die vielseitigen Stücke jener Zeit in neuer Fassung würdigen.
