Warten auf den Ayleen-Prozess

Ab wann sich der Mörder der 14-jährigen Ayleen vor Gericht verantworten muss, steht noch nicht fest. Klar ist aber, dass dieser Kriminalfall die Menschen in Deutschland 2022 erschüttert hat.
Der Mord an Ayleen hat im Sommer die Menschen in der Wetterau, in Südbaden, der Heimat der 14-Jährigen, und darüber hinaus schockiert. Am 29. Juli wurde die Leiche des Mädchens, das acht Tage zuvor in Gottenheim als vermisst gemeldet worden war, im Teufelsee zwischen Echzell und Reichelsheim gefunden. Mit Blick auf den bevorstehenden Prozess gegen den Mörder des Mädchens hat die Staatsanwaltschaft versucht, die Tat möglichst lückenlos zu rekonstruieren.
Zwei Tage, nachdem Ayleens Leiche im Teufelsee bei Weckesheim entdeckt worden war, ließ nur wenig darauf schließen, dass dort kurz zuvor ein schweres Verbrechen vollendet worden war. Ein niedergetretener Zaun am Westufer des mit Wasser gefüllten Tagebaus, ein Trampelpfad zum Ufer und an einen Strauch geknotete blaue Latexhandschuhe waren die einzigen Hinweise auf die umfangreiche Spurensicherung am letzten Juli-Wochenende.
Bewegungsprofil erhöht den Druck
Am Vormittag des 29. Juli hatten Spezialkräfte der Polizei den 29-jährigen Mörder der 14-Jährigen in Friedrichsdorf-Köppern festgenommen. Am 2. September gestand der Verdächtige im Rahmen eines mehrstündigen Verhörs die Tat. Außerdem führte er die Beamten zu der Stelle im Landkreis Gießen, an der er das Mädchen getötet hatte, und zu einer Stelle, an der er Kleidungsstücke des Opfers abgelegt hatte, teilte die Polizei nach dem Geständnis mit.
Die Mitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft, in der sie am 6. September über die Tat informierten, ließ den enormen Aufwand der 30 Beamten in der Sonderkommission »Lacus« (lateinisch für See) erahnen. Mehrere Zeugen seien befragt, eine Vielzahl von Spuren ausgewertet worden.
Aufwendige rechtsmedizinische und digitalforensische Untersuchungen erhärteten die Beweislage gegen den 29-Jährigen. Insbesondere die Analyse der Mobilfunkdaten und von Funkzellen- und GPS-Registrierungen sowie Geodaten habe es ermöglicht, »ein beweiskräftiges Bewegungsprofil des Beschuldigten zu erstellen und sich ein konkretes Vorstellungsbild von dem etwaigen Tatablauf zu verschaffen«, hieß es in der Pressemitteilung. Unter dem Gewicht dieser Beweise gestand der Verdächtige die Tat.
Im Zusammenhang mit der Berichterstattung über den Mordfall und den Verdächtigen, der als 14-Jähriger versucht hatte, eine Elfjährige zu vergewaltigen und deshalb zehn Jahre in der Psychiatrie untergebracht worden war, wurden auch weitere mutmaßliche Übergriffe des 29-Jährigen bekannt. So zeigte ihn eine 17-Jährige an, die er im April beim Rosbacher Blütenfest angesprochen und zu einer Beziehung genötigt hatte. Zuvor soll er im Frühjahr zwei weitere Jugendliche massiv belästigt haben. Die Polizei hatte ihn neben den Ermittlungen in einer Gefährderansprache mit den Vorwürfen konfrontiert. Weil er der Vorladung zu einer Vernehmung nicht nachgekommen war, gab die Polizei den Fall an die Staatsanwaltschaft Gießen ab.
Über das Internet Kontakt gehabt
Details zu den bisherigen Ermittlungsergebnissen will Oberstaatsanwalt Thomas Hauburger, Sprecher der Staatsanwaltschaft Gießen, nicht nennen, um das Verfahren nicht zu gefährden. So ist bisher nur bekannt, dass der 29-Jährige mit dem 14-jährigen Mädchen aus dem nördlich von Freiburg gelegenen Dorf Gottenheim anscheinend über das Internet Kontakt hatte.
Er fuhr gemeinsam mit seinem Opfer in seinem Ford Ka über die A 5 nach Hessen. Dort tötete er Ayleen und versenkte anschließend ihre Leiche im Teufelsee.
Die Ergebnisse der Ermittlungen wird die Staatsanwaltschaft im Rahmen des Strafprozesses, der voraussichtlich nächstes Jahr beginnen soll, vortragen. Eine genauere zeitliche Angabe zum Auftakt des Gerichtsverfahrens konnte Oberstaatsanwalt Thomas Hauburger noch nicht machen. VON OLIVER POTENGOWSK