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Trotz Aufklärung: Warum der Enkeltrick immer noch funktioniert

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Telefon
Beim Enkeltrick suchen sich die Kriminellen gezielt ältere Menschen für ihre Betrugsmasche heraus. (Symbolbild) © Karl-Josef Hildenbrand/dpa/Symbolbild

Kriminelle machen mit Telefonbetrug Millionen. Meist fallen den Maschen ältere Menschen zum Opfer. Manchmal sogar, obwohl sie um deren Gefahren wissen.

Wetteraukreis – Enkeltrick, falsche Polizeibeamte oder scheinbare Microsoft-Mitarbeiter. Die Betrugsmaschen sind vielfältig und die Betrüger lassen nicht locker. Immer wieder werden zumeist ältere Mitbürger zu Opfern der perfiden Maschen. Das Vorgehen ist dabei meist ähnlich: Das Telefon klingelt.

Ist der Hörer abgenommen, erklingt eine Stimme: »Oma, bist du es?« Danach werden den ahnungslosen Opfern meist tragische Geschichten aufgetischt. Von den einfachen Geldsorgen bis hin zum tödlichen Unfall, gefolgt von der Bitte, eine Überweisung zu tätigen oder das Geld in bar zu einem vereinbarten Treffpunkt zu bringen.

Betrugsmaschen: Kriminelle versuchen am Telefon, Informationen über ihre Opfer zu sammeln

Doch warum fallen so viele Personen auf diese Maschen herein? »Fakt ist, die Täter sind sehr geschickt bei dem, was sie tun«, erklärt Jörg Reinemer, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Mittelhessen. Es gab bereits Fälle, in denen die Betroffenen um die Gefahren solcher Betrugsversuche wussten: »Immer wieder hört man, dass sich die Betroffenen wie in einem Tunnel befanden und gar nicht richtig nachdenken konnten«, sagt Reinemer.

Bei einem Telefonat versuchen die Täter durch Suggestivfragen Informationen zu bekommen, die sie im Anschluss gegen ihre Opfer nutzen können. So zielt meist schon die Gesprächseröffnung darauf ab, einen Namen zu erfahren. Etwa durch eine Aussage wie: »Oma, rate doch einmal wer dran ist.« Sobald die Täter genügend Infos haben, täuschen sie eine Notlage vor.

Wetterau: 20 bis 30 Anzeigen wegen Telefonbetrug pro Woche

Pro Woche würden in der Wetterau 20 bis 30 Fälle angezeigt, sagt Reinemer. Die Dunkelziffer dürfte sehr viel höher liegen. »Vermutlich werden mehrere Hundert Anrufe getätigt, bevor einer zu einem Erfolg für die Betrüger führt.«

Vergangene Woche hatte ein falscher Microsoft-Mitarbeiter eine 70-Jährige aus Berstadt um 7000 Euro betrogen. Sie hatte dem Mann Fernzugriff auf ihren PC gewährt und ihm auch noch eine TAN für das Bankkonto mitgeteilt. »Oft geht es um die ganzen Ersparnisse der Menschen. Manchmal ist die ganze Existenzgrundlage weg«, so Reinemer.

Neue Betrugsmasche: Täter nehmen Kontakt über Whatsapp auf

Immer wieder werden neue Methoden erdacht, um Menschen um ihr Hab und Gut zu bringen. Dabei werden die unterschiedlichsten Maschen miteinander kombiniert und weiterentwickelt. In den vergangenen Monaten gab es in Mittelhessen Fälle einer neuen Variante: Dabei nehmen Täter zunächst Kontakt über den Messenger-Dienst WhatsApp auf.

Sie schreiben sinngemäß: »Hallo Oma, ich habe eine neue Telefonnummer, bitte speichere diese ab.« In der Folge gibt es dann erneuten Kontakt in schriftlicher Form per Messenger-Dienst. Die Täter schildern auf diesem Weg eine Notlage und fordern die Angeschriebenen auf, eine Überweisung zu tätigen.

Telefonbetrug: Oft spielt Kriminellen die Scham der Opfer in die Karten

Die Betrüger wollen dabei unerkannt bleiben: »Die Abholer, die Geld oder Wertgegenstände entgegennehmen, sind nur die Marionetten. Die eigentlichen Täter sitzen im Ausland«, erklärt Reinemer. Das macht größere Ermittlungserfolge schwierig, aber nicht unmöglich: »Wir hatten schon Fahndungserfolge nach den Anrufern«, berichtet der Pressesprecher. »Je mehr Informationen wir bekommen, desto höher sind die Erfolgsaussichten der Polizei.«

Dabei spielt den Kriminellen oft die Scham der Opfer in die Karten. Viele, die zum Opfer solcher Maschen wurden, wollen nicht darüber sprechen und melden sich nicht bei Verwandten oder der Polizei. Dafür besteht aus Sicht von Reinemer kein Anlass: „Die Täter gehen psychologisch sehr geschickt vor. Es kann jeder darauf reinfallen.“

Tipp gegen Telefonbetrug-Masche: Potenzielle Opfer sollen Namen aus dem Telefonbuch streichen

Es gibt einige Möglichkeiten, sich vor solchen Betrugsversuchen zu schützen: Präventiv rät die Polizei dazu, mindestens seinen Vornamen aus dem Telefonbuch streichen zu lassen. »Meist suchen die Täter Vornamen, die auf eher ältere Anschlussbesitzer hinweisen«, sagt Reinemer. »Mittlerweile raten wir sogar dazu, seinen Eintrag ganz aus dem Telefonbuch streichen zu lassen.«

Daneben rät die Polizei, ein Telefonat zu beenden, wenn es um Geld geht: In diesem Fall sollte man die Person, mit der man gerade telefoniert hat, unter einer bekannten Nummer anrufen. Die Polizei sollte man in solch einem Fall ebenfalls kontaktieren - dazu kann die 110 genutzt werden.

Polizei über Telefonbetrugs-Maschen: „Konnten bereits viele Menschen sensibilisieren“

Eine weitere beliebte Betrugsmasche ist der Besuch falscher Polizeibeamter. Auch hier ist Prävention möglich, etwa in dem man sich den Dienstausweis zeigen lässt. Zusätzlich sollte ein Anruf bei der Polizei getätigt werden. Auf keinen Fall sollte man die vermeintlichen Beamten in die Wohnung lassen.

Reinemer: »Wir konnten bereits viele Menschen erreichen und sensibilisieren. Aber wenn die Betrüger bei 800 Versuchen einmal Erfolg haben, dann zahlt es sich für sie leider schon aus.«

Polizei Mittelhessen: Immer wieder Präventionskampagnen über Gefahren durch Betrüger

Das Polizeipräsidium Mittelhessen macht immer wieder im Rahmen von Präventionskampagen auf die Gefahren durch Betrüger aufmerksam. Dabei wird auch mit den Banken kooperiert, damit deren Mitarbeiter für solche Vorgänge sensibilisiert werden. Weitere Hinweise und Tipps zu aktuellen Vorgehensweisen von Betrügern am Telefon und möglichen Präventionsmaßnahmen stellt die Polizei auf der Seite www.polizei-beratung.de zur Verfügung. (Constantin Hoppe)

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