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Was geschah in der Büdinger Abseitsbar?

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Was geschah am 10. Oktober 2020 spätabends in der Büdinger Abseitsbar? Dieser Frage geht das Amtsgericht Büdingen derzeit auf den Grund. © Björn Leo

Weil er gegen das Waffengesetz verstoßen haben soll sowie wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Körperverletzung muss sich ein 55-jähriger Mann vor dem Büdinger Amtsgericht verantworten.

Was genau geschah am 10. Oktober 2020 spätabends in der Büdinger Abseitsbar? Das versucht das Büdinger Amtsgericht unter dem Vorsitz von Richterin Barbara Lachmann derzeit herauszubekommen. Auf der Anklagebank sitzt ein 55 Jahre alter Mann, dem ein Verstoß gegen das Waffengesetz und fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen werden.

Der Beschuldigte soll laut Staatsanwaltschaft in der Abseitsbar ins Abseits geraten sein, weil er ohne Lizenz eine Handfeuerwaffe dabei hatte, aus der sich dann versehentlich ein Schuss löste, der einen Menschen verletzte.

Ihm nachzuweisen, dass es sich unter juristischer Betrachtung um einen Verstoß gegen das Waffengesetz sowie um fahrlässige Körperverletzung gehandelt hat, was nach dem Strafgesetzbuch eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren nach sich ziehen kann, dürfte dem Büdinger Gericht jedoch vermutlich schwer fallen - weil es gilt, eine Wand des Schweigens zu durchbrechen.

Waffe bis heute verschwunden

Auch die Frau des Beschuldigten sitzt auf der Anklagebank, weil sie nach Auffassung der Staatsanwaltschaft in jener Nacht die abgefeuerte Pistole vom Kaliber neun Millimeter an sich nahm, um sie verschwinden zu lassen.

Wenn sie es tat, dann ist ihr das bestens gelungen, denn bis heute ist die Schusswaffe nicht wieder aufgetaucht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr deswegen einen Verstoß gegen das Waffengesetz vor, denn wenn sie die Pistole wirklich an sich nahm, tat sie das ebenfalls ohne Erlaubnisschein zum Führen einer solchen Waffe.

Die beiden Angeklagten mit deutscher Staatsangehörigkeit und Wurzeln vom Balkan werden von zwei Strafverteidigern vertreten. Die beiden Anwälte ließen zu Beginn des Prozesses wissen, dass ihre Mandanten zunächst das Recht des Schweigens in Anspruch nehmen und den Verlauf der Beweisaufnahme abwarten.

Die Ereignisse in der Abseitsbar sorgten zu jener Zeit in Büdingen dafür, dass die Bürger nicht nur in der Nähe der gastronomischen Einrichtung, sondern auch im weiteren Umfeld beunruhigt waren. Weil recht viel passierte, das Halbweltcharakter hatte. Die Polizei schien sensibilisiert, nahm in diesem Fall schnell Ermittlungen auf. Doch was genauso schnell zur Tagesordnung gehörte: Die Wand des Schweigens erwies sich als gewaltig.

Keiner der Zeugen erscheint

Sogar jener Zeitgenosse, der durch den versehentlich abgegebenen Schuss massiv am Arm verletzt wurde, wollte keine Strafanzeige stellen. In dieser Szene kooperiert man nicht gerne mit der Polizei.

Die Staatsanwaltschaft ließ jedoch nicht von ihrer Arbeit ab, weil ein öffentliches Interesse vorlag. Doch gleich zum Auftakt des Verfahrens wurde klar, mit welchen Unwägbarkeiten das Gericht nun fertig werden muss. Keiner der geladenen Zeugen war erschienen. Einer hatte sich deswegen entschuldigen lassen, weil er psychisch so angeschlagen sei, dass er sich nicht in Menschenmassen aufhalten könne. Wobei Richterin Lachmann darauf verwies, dass sich im Amtsgericht keine Menschenmassen aufhalten und die Anfahrt nach Büdingen am nächsten Prozesstag im Polizeifahrzeug erfolgen soll - wenn nicht anders machbar.

Bei weiteren Zeugen werden ebenfalls Zwangsvorführungen erfolgen, wobei ein Rechtsanwalt zu bedenken gab, dass einer dieser Zeugen eventuell vom Staat bereits abgeschoben worden sei. Definitiv wisse er das aber nicht.

So hatte das Gericht bei der Eröffnung der Hauptverhandlung nur wenig zu tun, es nutzte die Zeit, um sich die Aufnahmen von verschiedenen Kameras aus der Abseitsbar anzuschauen. Konkret stand dabei der Zeitpunkt der Schussabgabe im Fokus. Ob die Waffe quasi in der Jacke des Angeklagten durch eine versehentliche Bewegung abgefeuert wurde, könne man anhand der Kameraeinstellungen nicht konkret nachweisen, sagten alle Beteiligten.

Gutachter wird gehört

Zwar erkenne man, wie der Getroffene beim Einschuss in den Körper zusammenzucke, aber nicht mehr und auch nicht weniger. Ein Gutachter wird nun etwas dazu sagen, ob über den Einschusswinkel Rückschlüsse auf jene Person gezogen werden können, welche die Waffe trug. Immerhin war der Angeklagte auf dem Überwachungsfilm unter etwa zehn Menschen klar auszumachen.

Das Verfahren wird am 27. Februar fortgesetzt. VON MICHAEL GIERS

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