Was Niddas Forstamt zur Pflege von Schutzgebieten unternimmt

39 Schutzgebiete betreut Niddas Forstamt mit Unterstützung ehrenamtlicher Gruppen. Dass das viel Arbeit ist, zeigte sich bei der Präsentation des Jahrespflegeplans in Echzell durch Walter Schmidt.
Walter Schmidt ist Funktionsbeamter für Naturschutz beim Forstamt Nidda. Über zwei Stunden dauert sein Bericht zum Jahrespflegeplan 2022/2023 im Gebäude der Hessischen Gesellschaft für Ornitologie und Naturschutz (HGON) in Echzell. Es ist Schmidts letzter Jahresbericht. Am 30. November geht er in Rente und Schmidts Vorgänger, Josef Tiefenbach, bedankt sich ganz ausdrücklich dafür, was Schmidt geleistet hat und alles in die Wege geleitet hat.
Schmidts Nachfolgerin, die Bi ologin Sarah Stark, sitzt neben ihm. Es sind 39 Naturschutzgebiete, die zuweilen gleichzeitig Landschaftsschutzgebiet, Vogelschutzgebiet oder auch FFH-Gebiete sind und wie Inseln wirken und nachgestellte Lebensräume sind. Sie erstrecken sich auf über 11 000 Hektar. Das größte und auch wohl auch das bedeutendste ist das Bingenheimer Ried mit 83 Hektar als Kernzone des Auenverbunds. Der Jahrespflegeplan ist wie ein Leitfaden für die Maßnahmen.
Rückzugsräume für Wiesenbrüter
Die Wetterau ist eines der wichtigsten Rückzugsräume für Wiesenbrüter, bildet einen Schwerpunkt in Hessen. Die Pflege umfasst die Gehölzreduzierung, die Beweidung mit Schafen, Ziegen, Rindern oder Pferden, das Mulchen von Seggen und Binsen. Neophyten wie der Staudenknöterich oder das Drüsige Springkraut werden beseitigt, also Pflanzen, die eigentlich nicht in die Region gehören und sich stark ausbreiten. An verschiedenen Stellen wurden Eierablagehügel für Sumpfschildkröten angelegt oder Hilfen für die Gelbbauchunken erwogen, Orchideenwiesen gepflegt, Beobachtungsstände instand gehalten und vieles mehr. Die aufwendigen Maßnahmen müssen wiederholt beziehungsweise fortgeführt werden.
Gräben werden gepflegt, Flachgewässer angelegt. 30 Wehre wurden mittlerweile angelegt, Gräben im Frühjahr gestaut, um das Wasser auf der Fläche zu halten und um es später, nach der Brutzeit, wieder auf die Auen zu lassen.
Das Wassermanagement beschäftigt die Naturschützer in zweierlei Hinsicht. Zum einen bedingt durch die Trockenheit, zum anderen bringt der Biber einiges durcheinander.
»Seit 2015 hat jemand den Schalter umgelegt, das Klima hat sich aufs Wetter geschlagen«, erklärt Schmidt. Bis 2022 seien manche Gebiete fünfmal ausgetrocknet gewesen. Während zum Beispiel die Salzwiesen in Selters nachweislich von der Trockenheit profitieren, wird sie für viele Arten in der Aue zum Problem, dessen Dimension, wie Schmidt sagt, noch nicht ganz zu fassen sei.
Schmidt maß im Sommer 2019 Temperaturen in der Horloff-Aue: Das Thermometer zeigte 35 Grad, der Boden hatte 64, das Wasser 43 Grad. »Da überlebt nichts mehr, da gerinnen die Eiweiße.« Der Schlammpeitzger, ein Süßwasserfisch, hat es ebenfalls nicht gepackt. Viele Quellen in der Region seien trockengefallen. Das hänge mit der Grundwasserförderung ins Ballungsgebiet Frankfurt und natürlich auch mit den Trockenjahren seit 2015 zusammen.
Wassermanagement nach seiner eigenen Façon betreibt der Biber. Circa 50 Exemplare gibt es in der Wetterau, die natürlichen Feinde fehlen. Beispiel Naturschutzgebiet Buschwiesen in Altenstadt-Höchst: Durch einen Biberdamm überschwemmten 2020/21 Wiesen mit dem wertvollen Pfeifengras. Die gesamte Pfeifengraswiese hat sich mittlerweile halbiert und ist in der Qualität um eine Stufe verschlechtert, berichtet Schmidt. Drei Biber fand man tot auf der nahe liegenden Straße. In einer Videokonferenz mit acht Vertretern verschiedenster Behörden, vom Regierungspräsidium bis zur Unteren Naturschutzbehörde, beschloss man schließlich, dass der Biber zugunsten des Pfeifengrases vergrämt wird. Der Damm wurde entfernt, ein Zaun gebaut, sodass der Biber nicht mehr an Gehölz, das er zum Bauen nutzt, kommt.
Ein Anteil von maximal sieben Prozent Hecken, wo sich die Vögel verstecken können, sind auf einer Fläche angepeilt. Was Schafe oder Rinder nicht fressen, wird gemulcht. Kopfweiden werden regelmäßig geschnitten, in denen Vögel, Fledermäuse und vieles Kleingetier Unterschlupf finden. Wiesenbrüter brauchen dagegen eine offene Fläche. Aus diesem Grund werden auch Bäume in einem Radius von 200 Metern gefällt, um die Bedrohung durch Greifvögel zu mindern.
Welche Schutzmaßnahmen ergriffen werden, entscheiden viele. Die Gebiete sind kartiert und dort steht, welche Arten es gibt. Aufgrund dessen wird der Bewirtschaftungsplan von Experten für einzelne Arten, beispielsweise für Fische oder Amphibien, durchdiskutiert und aufgestellt. Dabei spielt der Seltenheitswert beziehungsweise die Wertigkeit eine Rolle. Schmidt: »Es wird versucht, dass alle Arten etwas davon haben«.