Wenn die Freiheit nervös macht

Ortenberg (red). »Die Welt steht mir offen«, weiß die 18-jährige Abiturientin Caitlin Rossmanith aus Ortenberg. Das ahnt, hofft und glaubt auch die Protagonistin ihrer gleichnamigen Geschichte, mit der sie im vergangenen Jahr beim 19. Jugend-Literaturpreis der Ovag gewonnen hat.
Caitlin Rossmanith trug ihr preisgekröntes Werk, das wie die Geschichten der weiteren 23 Gewinner im Buch »Gesammelte Werke« veröffentlicht worden ist, nun in ihrer ehemaligen Schule in Konradsdorf vor. Mit dabei waren zwei weitere Preisträgerinnen, die die Jury im vergangenen Herbst ausgezeichnet hatte: Pia Bonn und Masa Alnomani.
Befindlichkeit einer Generation
Steht die Welt wirklich offen, nachdem die letzte Abi-Prüfung abgeschlossen ist? »Die vielen Möglichkeiten machen mich nervös«, sagte Caitlin Rossmanith und schien damit eine Befindlichkeit ihrer Generation auf den Punkt zu bringen. »Egal, wo ich im Leben hinsollte, ich bin immer dort angekommen. Nur musste ich noch nie herausfinden, wo mein Ziel überhaupt liegt.«
Rossmaniths Geschichte regte die Schüler der Gesamtschule Konradsdorf zum Nachdenken über ihre nahe Zukunft an.
Ihre Gedanken schildert die Protagonisten im Laufe einer Autofahrt. Überhaupt ist es das erste Mal, dass sie sich alleine hinter das Lenkrad setzt, seit sie im Besitz des Führerscheins ist. Ein geschickter literarischer Kniff der Autorin, ein Sinnbild für die Unsicherheit der jungen Frau. »Ich bin jetzt erwachsen, ich habe alle Möglichkeiten der Welt. Ich kann gehen, wohin ich will, tun, was ich will. Aber ein wahres Ziel habe ich nicht.«
Am Ende der Geschichte klingelt ihr Handy, sie hört die besorgte Stimme der Mutter. »Schatz, wann kommst du wieder heim?« »Ich bin schon so gut wie zurück.«
Bereits zum sechsten Mal hat sich die 22-jährige Friedbergerin Pia Bonn mit ihrem Text »Das Café der Uhren« unter die Gewinner des Jugend-Literaturpreises der Ovag geschrieben. Die Idee zu der Geschichte kam ihr während der Corona-Zeit, als nichts mehr so schien, wie es kurz vorher noch gewesen war. Im »Café Zeitlos« hängen zahlreiche Uhren an den Wänden, von denen jedoch keine die richtige Zeit anzeigt - für Pia Bonn ein Bild dafür, wie wegen Corona so vieles aus dem Gleis sprang. Dort treffen unterschiedliche Menschen mehr oder weniger zufällig aufeinander, jeder beladen mit seinen eigenen Problemen und Problemchen.
Über grausame Kriegsfolgen
Geschickt orchestriert Pia Bonn dieses Szenario, im Bewusstsein, dass auch am nächsten Tag keine der Uhren die richtige Zeit anzeigen wird. Weil die Zeit eben aus dem Takt geraten ist.
Beeindruckt waren die Zuhörer auch vom Vortrag der 2004 in Syrien geborenen Masa Alnomani, die die Ernst-Ludwig-Schule in Bad Nauheim besucht. In »18:00:00« geht es um grausame Folgeerscheinungen des Krieges in Syrien.
Das Buch »Gesammelte Werke« (218 Seiten, gebunden) kostet zwölf Euro und kann per E-Mail an hoppe@ovag.de oder unter der Rufnummer 0 60 31/68 48 11 93 bestellt werden. Einsendeschluss für den Jugend-Literaturpreis 2023 ist der 15. Juli. Weitere Informationen gibt es per E-Mail an matle@ovag.de.