Wie geht’s weiter beim Heizen? - Erster Energietag in Büdingen
Wie künftig geheizt wird, treibt viele Menschen um. Die Stadt Büdingen hat deshalb zu ihrem ersten Energietag geladen. An Informationsständen und durch Vorträge von Experten gab es ein Fülle vón Informationen.
Büdingen (ten). Zum Energietag hat die Stadt Büdingen mit Förderung durch die Landesenergieagentur und das hessische Wirtschaftsministerium in die Willi-Zinnkann-Halle geladen.
In Vorträgen und an Informationsständen konnten die zahlreichen Besucher erfahren, wie sie zu Hause Energie und auch Wasser sparen können. Dabei konzentrierte sich das Interesse vor allem auf Einsparmöglichkeiten und die Zukunft der Heizungsanlagen.
Ein Vorreiter für Energieeffizienz und Klimaschutz soll Büdingen in Zukunft werden, kündigte Bürgermeister Benjamin Harris in seiner Begrüßung zum Energietag an.
Dazu hatte die Stadt Jochen Heyermann, Betriebsleiter der Stadtwerke und Vertreter der Blue Community, die sich für sparsameren Umgang mit Wasser einsetzt, den Energieberater Marco Lachmann, den Architekten Bastian Völler, der sich auf Altbausanierungen konzentriert sowie Dominik Freudenreich von der Ovag und den Energiesparkommissar Carsten Herbert (der KA berichtete) als Referenten eingeladen.
Um Kinder für die Gestaltung ihrer Zukunft zu interessieren, konnten diese im Untergeschoss unter Anleitung der Uni Marburg zu Energiethemen experimentieren.
Rückschlag beim Nahwärmenetz
Dass es nicht einfach ist, bei der Energieversorgung zum Vorreiter zu werden, hat Büdingen bei der Entwicklung der Baugebiete in Eckartshausen und Düdelsheim erlebt.
Nach einem Beschluss der Stadtverordneten hätten die Stadtwerke die Neubauten mit einem Nahwärmenetz versorgen sollen. Doch im Verlauf der Planungen, die sich über viele Jahre hinzogen, stellte sich heraus, dass das Projekt unrentabel wäre.
»Wir kamen am Ende auf einen Wärmepreis von 40 Cent je Kilowattstunde (ct/kWh), stellt Heyermann im Gespräch mit dem KA ernüchtert fest.
Dabei ist der Betriebsleiter durchaus ein Anhänger der Nahwärmenetze und würde sie gern als weiteres Standbein der Stadtwerke entwickeln.
Doch letztlich ist er der Wirtschaftlichkeit verpflichtet. Denn die umweltfreundlichste Energieversorgung ist sinnlos, wenn sie von den Kunden nicht genutzt wird, weil sie zu teuer ist.
»In Büdingen ist kein komplettes Nahwärmenetz möglich«, so Heyermann. Dagegen spreche allein schon die Struktur der Stadt mit 16 teils weit verstreuten Stadtteilen.
In diesem Spannungsfeld zwischen dem was ökologisch wünschenswert ist und dem, was für die oft älteren Immobilienbesitzer wirtschaftlich finanzierbar ist, bewegten sich dann auch die meisten der Vorträge.
Etwa 90 Prozent der Büdinger heizen mit den fossilen Brennstoffen Öl und Gas, schätzt Heyermann, dessen Stadtwerke 45 Prozent der Haushalte versorgen. »Wenn ich kein Öl, kein Gas mehr einsetzen darf, dann ist die Frage, womit heize ich dann.«
Zumischungen mit Wasserstoff
Eine Frage, die auch das Geschäftsmodell der Stadtwerke betrifft. Denn wegen der großen Nachfrage aus den Stadtteilen hatten diese das Gasnetz in den vergangenen Jahren stark ausgebaut. Heyermann rechnet nicht damit, dass Erdgas in naher Zukunft komplett durch Wasserstoff ersetzt wird.
Dabei sei vor allem der Bestand an Heizungsanlagen zu berücksichtigen. »Die Kunden, die in den letzten beiden Jahren eine Gasheizung ans Netz gebracht haben, die gehen davon aus, dass sie bis zum Ende der Lebensdauer der Heizung mit Gas versorgt werden.«
Dass Heyermann von Wasserstoffzumischungen statt einer kompletten Umstellung ausgeht, beruhigte das Publikum.
Bedeutendes Sparpotenzial
Ähnlich großes Interesse fand Lachmann, der über Energiesparmaßnahmen und Fördermöglichkeiten referierte. Dabei hätten vor allem Gebäude, für die vor 1978 erste Vorschriften für Energieeffizienz erlassen wurden, großes Sparpotenzial.
Er mahnte, dass alle Maßnahmen, insbesondere auch bei der Isolierung der Gebäude aufeinander abgestimmt sein müssten. Sonst könnten durch Kondenswasserbildung und Kältebrücken Schäden entstehen.
»Der Gesetzgeber hätte am Liebsten, dass alle Gebäude in Zukunft mit einer Wärmepumpe ausgestattet sind«, stellte Lachmann fest. Derzeit werden im Durchschnitt noch 75 Prozent der Gebäude in Deutschland mit fossilen Brennstoffen geheizt. Lachmann betonte, dass Alternativen zur Wärmepumpe wie Holzpellets weiter zulässig seien.
Weil er sich nicht als Energieberater, sondern als Denkmalschützer sieht, begrüßt Völler, wenn die Gebäude möglichst wenig verändert werden. Dass daraus kein übermäßiger Energiebedarf folgen muss, liege auch an den Gebäuden selbst. Kleine Räume mit niedrigen Decken benötigten weniger Heizenergie.
Info: Kommunale Wärmeplanung
Bis 2028 sollen alle Städte und Gemeinden in Deutschland eine Kommunale Wärmeplanung erarbeiten. »Im Moment haben wir Anrufe, wo die Leute tatsächlich fragen, wann kommt denn die Nahwärme«, berichtet Jochen Heyermann, Betriebsleiter der Stadtwerke von missverständlichen Erwartungen an das Konzept.
Vielmehr soll gemeinsam mit den Nutzern entwickelt werden, wie in Zukunft die notwendige Wärme zur Heizung erzeugt werden soll. Wie oben beschrieben, denkt Heyermann dabei über Nahwärmenetze hinaus. Ausdrücklich sieht er auch für Gasheizungen mittelfristig eine Zukunft.
Er erläuterte, dass Büdingen im zweiten Quartal 2024 mit der Wärmeplanung beginnen werde und dafür 18 bis 24 Monate veranschlage. Damit könnte Büdingen weit vor der für Kleinstädte vorgesehenen Frist von 2028 seine kommunale Wärmeplanung abgeschlossen haben,