Wie ist es um die Situation der Haus- und Fachärzte im Osten der Wetterau bestellt?

Die Versorgung durch Haus- und Fachärzte scheint im Osten der Wetterau nicht ausreichend. Weil die Ärzte mit der Situation und der dadurch bedingten Überlastung unzufrieden sind, streiken sie.
Die Klagen, dass es zu wenig Ärzte in der Region gibt, um den Bedarf der Patienten zu decken, mehren sich. Den Hausarzt zu wechseln, das ist in manchen Fällen nicht oder nur schwer möglich, weil viele Allgemeinmediziner keine neuen Patienten mehr annehmen. Auf Termine bei einem Facharzt wartet man zum Teil monatelang. Dabei hat die Kassenärztliche Vereinigung (KV) den Auftrag, die flächendeckende ambulante ärztliche Versorgung zu organisieren. Auf ihrer Internetseite verspricht die KV Hessen, dass sie sicher stelle, dass Praxen möglichst gleichmäßig im Bundesland verteilt sind.
Reaktion des Bürgermeisters
Ist das in der Region noch so? Mit dem demografischen Wandel wachsen besonders im ländlichen Raum die Aufgaben. Zugleich gehen viele Ärzte in den Ruhestand. Die Versorgungslücke, die schon seit Jahren spürbar ist, wird zunehmend größer. »Obwohl das gar nicht unsere Aufgabe ist, müssen wir doch dafür sorgen, dass es hier eine ausreichende ärztliche Versorgung gibt«, stellt etwa Büdingens Bürgermeister Benjamin Harris im Gespräch mit dieser Zeitung fest. Schon sein Vorgänger Erich Spamer hatte die KV wiederholt - allerdings weitgehend erfolglos - mit dem Ärztemangel konfrontiert.
Die Stadt Gedern hat in Wenings ein Ärztehaus gebaut, um einem Hausarzt die Ansiedlung zu ermöglichen. Dazu gibt es Überlegungen, ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), in der Stadt zu etablieren. Die Anstellung in einem MVZ wird auch bei den Hausärzten gegenüber der eigenen Praxis zunehmend beliebter. Sie haben damit kein unternehmerisches Risiko und geregeltere Arbeitszeiten. Sogar Teilzeitbeschäftigung ist möglich.
Die Gemeinde Kefenrod hat, nachdem der einzige örtliche Hausarzt seine Praxis geschlossen hatte, eine Ärztin unterstützt, die in der Gemeinde eine Zweigfiliale eingerichtet hat. Dafür bekam sie 50 000 Euro als Anschubfinanzierung.
Dennoch sieht die KV jedoch offenbar keine Unterversorgung mit Hausärzten im Mittelbereich Büdingen, der zudem die Kommunen Kefenrod, Gedern, Altenstadt, Glauburg, Limeshain, Ortenberg und Hirzenhain umfasst. Im November habe der Versorgungsgrad in dieser Region bei 93,77 Prozent gelegen. Derzeit seien dort sechs Vertragsarztsitze für Hausärzte frei.
Jeder Arzt behandle in Hessen durchschnittlich etwa 1600 Patienten. Im Mittelbereich Büdingen liegt der Wert mit 1633 leicht darüber. Da in der Stadt Büdingen 8 von 16 Praxen unter der Durchschnittsfallzahl der hessischen Ärzte lägen, sollten dort noch ausreichend Kapazitäten vorhanden sein, um einen Hausarzt zu finden, antwortet die KV auf eine entsprechende Anfrage dieser Zeitung.
Situation wird sich verschärfen
Deutlich dramatischer dürfte sich die Situation jedoch in den nächsten Jahren entwickeln. Denn das Durchschnittsalter der Hausärzte im Mittelbereich Büdingen liegt bei 55 Jahren. In Ortenberg beträgt der Altersschnitt sogar 58 Jahre. In Altenstadt, Büdingen und Glauburg praktiziert jeweils noch ein Hausarzt, der älter als 65 Jahre ist. In Ortenberg sind sogar zwei der vier Hausärzte im Rentenalter.
Über 30 Prozent der Hausarztpraxen brauchen bis 2028 einen Nachfolger, in Ortenberg ist es die Hälfte der Praxen, in der Gemeinde Limeshain könnte die einzige Praxis schließen, wenn kein Arzt gefunden wird, der den Standort übernimmt.
Um auf ihre Situation aufmerksam zu machen und eine bessere ärztliche Versorgung zu erreichen, haben die Büdinger Hausärzte beschlossen, ihre Praxen an diesem Mittwoch, 15. Februar, geschlossen zu halten. Statt Patienten zu behandeln, wollen sie auf einer Großkundgebung in Frankfurt demonstrieren. Eine Notfallversorgung wird jedoch gewährleistet.