1. Startseite
  2. Region
  3. Wetteraukreis

Wildtieren auf der Spur

Kommentare

ful_Dietrich_Schwebfliege_0
Rudolf Dietrich hat viele Tiere mit der Kamera eingefangen und einen Film über ihre Suche nach neuen Lebensräumen gedreht. © pv

Ein junger Eisvogel. Ein Biber. Ein seltener Gelbrandkäfer. Rudolf Dietrich hat sie und viele weitere mit der Kamera eingefangen und einen Film über ihre Suche nach neuen Lebensräumen gedreht. Diesen Sonntag wird die heimische Naturdokumentation im Butzbacher Open-Air-Kino laufen.

Eine Wasseramsel hat ausgereicht, um seine Pläne zu ändern. Rudolf Dietrich verließ gerade das Haus seiner Tochter in Lauterbach. Beim Hinausgehen blickte er auf den Fluss und sah den scheuen Vogel. »Ich dachte, mich trifft der Schlag«, erzählt der 86-Jährige. »Eine Wasseramsel mitten in der Stadt, das war vor 15 Jahren undenkbar. Ich habe mich gefragt: Wie ist das möglich?«

Heute, über vier Jahre später, sagt er, diese Beobachtung habe den Funken entzündet. Obwohl der Naturfilmer eigentlich nach seiner Dokumentation »Der Vulkan lebt« mit der Filmerei aufhören wollte, fing er ein neues Projekt an. »Ich bin 86 Jahre. Da muss man entweder verrückt oder begeistert sein.«

Schwarzstorch kommt in die Stadt

Nun ist daraus ein Film entstanden: »Wildtiere - auf der Suche nach neuen Lebensräumen«. Dem Lauterbacher sind einzigartige Aufnahmen im Vogelsberg und in den Städten Nidda, Schotten und Ulrichstein gelungen. Am Sonntag, 6. August, 11 Uhr wird er die Naturdokumentation im Open-Air-Kino im Landgrafenschloss Butzbach präsentieren.

Mit der Natur beschäftigt sich Dietrich schon immer. Damals war er noch analog mit einer Super-8-Kamera unterwegs. Damit geriet er an seine Grenzen. »Ich wollte Nahaufnahmen, aber mit meiner bescheidenen Ausrüstung bin ich kläglich gescheitert.«

Erst Jahre später sprach er mit dem Inhaber eines Fotogeschäfts über eine Digitalkamera. »Da kam alles wieder hoch. Jetzt filme ich seit 25, 30 Jahren.« Wenn er heute raus in die Natur geht, hat er eine Profi-Kamera dabei.

Sein digitales Archiv ist voll mit Naturaufnahmen. Für den Film hat er einige wieder herausgekramt. Um die Entwicklung aufzuzeigen, um die es in »Wildtiere« geht: dass sich das Verhalten von heimischen Tieren in Bezug auf ihren Lebensraum schnell verändert.

Was mit Dietrichs Erstaunen über den Lebensraum der Wasseramsel angefangen hat, hat er im Laufe der Dreharbeiten bei weiteren Tieren entdeckt. Beim Schwarzstorch zum Beispiel: In Dietrichs Archiv sind 15 Jahre alte Aufnahmen eines Schwarzstorchs, der sich weit weg von Menschen aufhielt. Jetzt hat er einen Schwarzstorch mitten in der Stadt entdeckt. Durch die Trockenheit versiegten Feuchtgebiete. »Kein Wunder, dass der Schwarzstorch seine Scheu verdrängt und mitten in Lauterbach fischfangend durch die Lauter stolziert«, sagt er.

Die Suche von Wildtieren nach neuen Lebensräumen versetze Experten und Naturfreunde in Erstaunen. Veränderungen in der Natur habe es schon immer gegeben, doch die aktuelle Entwicklung erfolge »in einem nie da gewesenen Tempo«. Diesem Naturphänomen wollte Dietrich nachgehen. »Ich versuche, es zu beweisen, nicht nur durch Geschwätz zu zeigen«, sagt er grinsend. Deshalb besorgte er sich ein Tarnzelt. »Ich bin ein lebhafter Mensch. Viele, die mich kennen, konnten nicht glauben, dass ich stundenlang in einem Zelt aushalte.«

Aber: Dietrichs Ehrgeiz war größer als die Ungeduld. Irgendwann hat er aufgehört, die Stunden zu zählen. Meist wurde er belohnt. Wie bei der Wasseramsel. Er hat lange gewartet. Dann, an einem Sonntagvormittag, lag er im Zelt. »Auf einmal kam sie. Sie ist herumgeflogen, hat sich geputzt.« Er sagt: »Solche Momente sind eine der Sternstunden für Naturfilmer, in denen man für alles belohnt wird. Sie sind selten, aber sie kommen, wenn man die Zähigkeit hat.«

Die hat er. Trotz Hitze im Zelt, Durst oder unbequemer Liegeposition. »Wenn ich dachte, jetzt kann ich nicht mehr, habe ich mir gesagt, ich halte noch zehn Minuten aus.« Dann habe er oft die besten Aufnahmen bekommen.

Die Postproduktion, also Schnitt, Ton und Kommentierung, macht Dietrich zu Hause am Rechner. »Ich mache das alles alleine, deswegen dauert es so lange. Meine Passion: Ich möchte mit meinen Filmen die Leute darauf hinweisen, was um sie herum passiert.« In einer Stunde und 15 Minuten zeigt Dietrich, wie sich das Verhalten der Wildtiere verändert hat. »Ich bin dafür bis an die Grenzen meiner Möglichkeiten gegangen. Vielleicht habe ich sie manchmal überschritten.« Deswegen soll dieser Film wirklich sein letzter sein. »Den kann ich nicht übertreffen.«

ful_Dietrich_Vogel3_040823
Rudolf Dietrich hat für seine Naturdokumentation »Wildtiere - auf der Suche nach neuen Lebensräumen« zahlreiche Tiere vor seiner Linse gefilmt. © pv
ful_Dietrich_Hirschkaefer_4c
ful_Dietrich_Hirschkaefer_4c © pv
ful_Dietrich_Gelbrandkaefer_
Tiere zu filmen, erfordert viel Geduld. Irgendwann habe er aufgehört, die Stunden des Ausharrens zu zählen, erzählt Dietrich. © pv

Auch interessant

Kommentare