Die dunklen Ecken ausleuchten

Wölfersheim (pm). Jeder kennt die Nachrichten aus den Zeitungen, die grausamen Bilder aus dem Fernsehen. Irgendwann wird das Leid allmächtig, stumpfen Zuseher und Leser ab. Dagegen angeschrieben hat die 19-jährige Masa Alnomai aus Ober-Mörlen, die derzeit die Ernst-Ludwig-Schule in Bad Naheim besucht. »Ich finde es wichtig, dass das, was geschehen ist, so schrecklich es sich anhört und liest, aufgezeichnet und bewahrt wird.
« Deshalb hat die gebürtige Syrerin zahlreiche Dokumente gewälzt, in denen Folter in ihrer früheren Heimat geschildert wird. Das hat sie zu dem Text »18 Uhr« verarbeitet, mit dem sie im vergangenen Jahr beim Jugend-Literaturpreis der Ovag ausgezeichnet wurde.
Gemeinsam mit zwei weiteren Gewinnerinnen stellte Masa nun ihren Text in der Singberschule Wölfersheim vor. Ungeschminkt werden die Methoden von Folter aufgezeigt; das ist hart, unbarmherzig. Aber zu Literatur gehört auch das Ausleuchten der dunklen, der düsteren Ecken und Räume der Gesellschaft.
Ungleich poetischer, bisweilen melancholisch ist der Text »Der 21. Mai« von Lina Richter (18 Jahre) aus Butzbach, die dort die Weidigschule besucht. Auf einem Friedhof schiebt ein Verehrer in regelmäßigen Abständen einer Frau Bücher durch ein Tor. Bis auf einen 21. Mai, ab diesem Tag fehlen die Bücher. »Sie war dankbar, dass sie ihn hatte kennenlernen dürfen. Und für die Zeit, die sie mit ihm gehabt hatte. Für sie würde er immer der Junge mit dem Stapel aus Büchern bleiben. Und das war gut so.«
Schließlich Seba Habibyar (21) aus Bad Nauheim, zum vierten Mal Preisträgerin und mittlerweile Studentin. In »Der Schatten« geht es um eine junge Frau, die sich für zu dick hält, ein schwieriges Verhältnis zu ihrem Vater hat und unter Depressionen leidet. Am Ende scheint sie keinen anderen Ausweg mehr zu sehen, als ihrem Leben ein Ende zu bereiten. »Der Text ist nicht autobiografisch«, sagte Seba. »Aber es sind sehr wohl eigene Erlebnisse als besonders auch solche eines guten Freundes eingeflossen.«