Erinnern am Singberg: Sinti und Roma in NS-Zeit

Wölfersheim (pm). »Es gibt nicht eine einzige Familie unter den Sinti, die keine ermordeten Angehörigen durch den Nationalsozialismus zu betrauern hat«, sagte der Vorsitzende der Hessischen Sinti-Union, Ricardo Lenzi Laubinger, bei seinem Vortrag an der Singbergschule über die Schicksale der Sinti und Roma während des Nationalsozialismus. Er wurde 1959 in eine Wiesbadener Sinti-Familie geboren und schrieb das Buch »Und eisig weht der kalte Wind«.
Der jüngst vom Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier geehrte Laubinger ist auch Bevollmächtigter für den Gräbererhalt der Sinti. Laubinger brachte den Schülerinnen und Schülern in mehreren Vorträgen, mit anschließendem Gespräch, deutsche Geschichte aus Sicht seiner Familie näher. Wie Tausende andere Sinti und Roma wurde seine Familie verfolgt, in Konzentrationslager deportiert und ermordet.
Die Veranstaltungen richteten sich an die Schüler der Klassen 9H, 10R und 10G sowie des Vorleistungskurses Geschichte, die die Thematik im Geschichtsunterricht mit ihren Lehrern besprochen hatten. Fachsprecherin Katharina Pietsch begrüßte besonders den Vize-Direktor der Landeszentrale für politische Bildung, Felix Münch. Er dankte der Schule für ihr Engagement im Bereich »Diktatur erinnern - Demokratie leben«. Zur Anerkennung gab es von ihm zahlreiche Bücher über die Geschichte der Sinti und Roma.
Besonders interessant war für die Zuhörenden, wie die Überlebenden Jahrzehnte um die Anerkennung als »rassisch« Verfolgte kämpften, während die Täter oft unbehelligt weiterlebten. Emotional und direkt berichtete Laubinger von seiner eigenen Diskriminierung und nannte aktuelle Beispiele von Rassismus. Das bewegte das Publikum sichtlich.