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Warum das letzte Kind Fell hat

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»Rocker vom Hocker«: »Ich bin jetzt altersweise oder zumindest ›teilweise‹«, sinniert Sven Hieronymus in Wohnbach, wo er sein aktuelles Programm »Feuer frei« zeigt. © Loni Schuchardt

Wölfersheim (har). Viel härter und lauter als beim literarischen Auftakt am Freitagabend gestaltete sich die Fortsetzung der zweiten Wölfersheimer Kleinkunstwoche in der zum Kleinkunstmekka liebevoll umgestalteten Turn- und Sporthalle in Wohnbach.

Zu Gast war mit Sven Hieronymus der »Rocker vom Hocker«, der aus seiner Vorliebe für Heavy Metal und Hardrock samt dem damit verbundenen Lebensstil keinen Hehl macht. Vor allem in seiner rheinland-pfälzischen Heimat ist Hieronymus bestens bekannt, auch als Moderator einer Rocksendung bei RPR 1 sowie mit seiner täglichen Radio-Kolumne.

Nur eines ist dem Rocker inzwischen bewusst geworden: Er ist alt geworden. »Ich gehöre jetzt zur Ü50-Generation«, jammert der »Rheinhesse des Jahres 2022«, nachdem er mit viel Rauch und flackerndem Licht die Bühne geentert hatte.

»Ich bin ja froh, dass ich Wölfersheim überhaupt gefunden habe«, meinte der langhaarige Altrocker und freute sich, dass »ihr alle gekommen seid, um euch an meinem Leben zu laben«. Und schon war er mitten in seinem Element.

Den Titel seines aktuellen Programms »Feuer frei« nahm Hieronymus wörtlich, er feuerte eine Breitseite nach der anderen über den Sinn seines weiteren Lebens ab. Dabei wurde er jedoch immer wieder von Anrufen seiner Frau und seiner beiden erwachsenen Kinder unterbrochen.

Und dann war da noch das Bellen des gerade angeschafften Hundes aus dem Back- stage-Bereich. Dabei hatte sich der Rocker vom Hocker sein Leben im Alter ganz anders vorgestellt. Doch aus dem schönen Leben wurde nichts - dank seiner Frau, die beim Urlaub in Portugal den Hund auf der Straße entdeckte und mit nach Hause genommen hat.

Der Hund und das Familien-Chaos

»Das Dümmste, was man machen kann, ist sich ein Hund anzuschaffen. Das letzte Kind hat Fell«, meinte der genervte Ehemann, der sich schon mal im Kitesurfen versuchte und dadurch die Vorzüge des landesüblichen Essens in einem portugiesischen Krankenhaus kennenlernte.

Immer wieder wird der Hund von seiner Frau »Der Arme« genannt, dabei fühlt sich der Rocker mindestens genauso arm. Da schwelgt er lieber in Jugenderinnerungen, erzählt von seinem ersten Einbruch als 13-Jähriger mit seinen Kumpels Stefan Wicht und Peter Licht oder erklärt den Jüngeren im gut besetzten Saal, was es einstmals mit Wehrpflicht und Musterung auf sich hatte.

Hier nicken die Älteren und die Schilderung, wie das Rocker-Trio vergeblich versucht hatte, als wehruntauglich eingestuft zu werden, sorgte für viele Lacher. Doch es bellt der Hund schon wieder. »Nimm dir noch ein Bifi«, ruft Hieronymus nach hinten, um sich dann zu fragen: »Warum rede ich überhaupt mit dem Hund?«

Derweil nimmt das Chaos seinen Lauf: Die Tochter fährt sein Auto zu Schrott, der kiffende Sohn hat für 100 Euro seine Plattensammlung verhökert, und seine Party zum 50. endet nicht wie früher im Vollrausch aller Besucher. »Ich bin jetzt altersweise oder zumindest ›teilweise‹«, sinniert Hieronymus und fragt sich, ob dies an seiner »Alkohol-Demenz« liegen könnte.

Und wieder bellt der Hund, denn er muss Gassi gehen. »Der hat Durchfall, er mag Bifi, aber er reagiert darauf allergisch«, schimpft der genervte Altrocker, der sich im Verlauf des Abends auch dem Unterschied zwischen dem männlichen und weiblichen Geschlecht widmet: Da kommen die Frauen nicht immer ganz gut weg, wie beim umständlichen Besprechen einer Voice-Nachricht. Doch mehrheitlich stößt Hieronymus auf Zustimmung bei den Besuchern, die schließlich eine so nicht erwartete Zugabe erleben.

Medikamente für die Ukraine

Ganz ernst liest Hieronymus ein Gedicht gegen Krieg, Rassismus und Faschismus und für Frieden, Freiheit und Toleranz vor. Da war sie: Die andere Seite von Hieronymus, der mit seinem Verein »Nicht reden. Machen!« über 1000 Paletten mit Medikamenten in die Ukraine gebracht hat, wofür sich Ministerpräsidentin Malu Dreyer bei ihm bedankte.

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