Zwei ziemlich beste Freundinnen

Wölfersheim (har). Was passiert, wenn eine Stockheimer Landfrau auf eine Büdinger Musikerin trifft? Die Antwort darauf geben Markus Karger in seiner Paraderolle als Ursula Kraft und Tine Lott, in der Wetterau bestens bekannte Gitarristin und Sängerin.
Bei der zweiten Wölfersheimer Kleinkunstwoche gastierte das - nur auf den ersten Blick - so ungleiche Duo am Dienstagabend in der völlig umgestalteten Wohnbacher Turn- und Sporthalle. »Wir wollen die Kleinkunst in der Wetterau voranbringen«, sagte Bürgermeister Eike See in seiner kurzen Begrüßung, und weiter: »Dazu haben wir eine Halle in der Halle geschaffen.« Als er allen Beteiligten für deren Engagement dankte, wurde er jedoch massiv gestört.
Eine gewichtige Landfrau
»Ei bin ich dann schon widder zu spät?«, erklang eine Stimme aus dem Dunkel. Das war Frau Kraft, die ihre Freundin Tine im Schlepptau hatte und die Bühne enterte, um sie dann gleich wieder zu verlassen. »Ich muss mich ja erst e mal ferdisch mache«, meinte die Landfrau im breitesten oberhessisch und überlies die Bühne zunächst der »Fraa Lott«, denn die beiden siezen sich, obwohl sie schon seit 15 Jahren immer wieder mal zusammen auftreten.
So startete Tine Lott den Abend mit ihrem selbst geschriebenen Song »Das Paradies hat geschlossen«. Darin heißt es: »Es kommt keiner mehr rein, wir werden alle kleine Teufel sein.« Das war schon verdammt teuflisch gut und ihr »Warm-up« vervollständigte die Singer-Songwriterin, die durchaus kabarettistische Eigenschaften offenbarte, mit Hermann van Veens »Ich hab ein zärtliches Gefühl« sowie mit Max Raabes »Guten Tag liebes Glück«.
»Ihr habt ja Glück, dass Ihr hier seid und wir auch«, nahm Frau Kraft den letzten Songtitel auf. Zuvor hatte Lott ihre »ziemlich beste Freundin« mit dem von ihr textlich veränderten Klassiker »Butterfly« begrüßt. »Die Fraa Lott traut sich was: Ein Lied über einen Schmetterling auf mich umzudichten«, meinte die »gewichtige« Landfrau, die sich 2022 vorgenommen hatte, zehn Kilo abzunehmen. »Da fehlen jetzt 15 Kilo«, erklärt sie. Mit solchen »Logiken« sorgt sie immer wieder für Lachsalven.
Locker erzählt die Landfrau von ihrem Leben, wobei Ehemann Ernst als »Der Ernst meines Lebens« nicht immer ganz so gut wegkommt. Statt ihrer Silberhochzeit habe man fünf Jahre später den gemeinsamen »30-jährigen Krieg« gefeiert, erklärt Frau Kraft den begeisterten Besuchern und ergänzt: »Ich frage mich, ob ich ihn mir noch mal ans Bein binden würde.«
Jedenfalls sei sie beim Kennenlernen ihres Ehemanns ein »Opfer ihrer Hormone« geworden, bekennt die »Fleisch gewordene Ungeduld«, die keiner Süßigkeit widerstehen kann, trotz Diäten, Ernährungsumstellungen und dem Versuch, sich vegetarisch zu ernähren. »Ich habe nur noch Fleisch von Tieren gegessen, die sich vegetarisch ernähren«, erklärt sie und singt passend dazu zum Halbplayback »Aber bitte mit Sahne«, um dann gemeinsam mit Lott ihre Warnung vor zu viel Alkohol mit dem Nancy-Sinatra-und-Lee-Hazelwood-Duett »Summer- wine« musikalisch zu untermauern.
Ungleich und doch harmonisch
Natürlich kommt auch das Thema »Sex« bei Frau Kraft zur Sprache. Der Versuch ihres Ehemanns, das Sexleben durch den Kauf eines »Hauch von Nichts« für seine Ehefrau anzukurbeln, endet in einem Desaster, bei dem so mancher und auch so manche im Saal Lachtränen vergießen. Und Tine Lott singt passend »Sex wird überschätzt - Lauch auch«.
Das so ungleiche und doch harmonische Duo läuft zur absoluten Hochform auf, Tine Lott kommt gegen Ende mit Hut, Tiger-Oberteil und Glitzerstiefel auf die Bühne, um zusammen mit Frau Kraft gleich zwei Songs von Hildegard Knef zu interpretieren. Da bekommt »Ich glaub ’ne Dame werd ich nie« bei Frau Kraft alias Markus Karger eine ganz neue Bedeutung. Begeistert werden beide vom Publikum abgefeiert und die bedanken sich mit süßen Oldies wie »Sugar, Sugar«, »Sweet Caro- line« und »I’ve got you, Babe«, von Sonny & Cher. Ja, die beiden »Babes« haben sich bekommen, und sie passen bestens zusammen.