Wohnungsbau: Wie geht es weiter? - Drei Beispiele aus dem Wetteraukreis

Hohe Baupreise und steigende Zinsen haben die Konjunktur vor allem im Wohnungsbau abgebremst. Doch die Kommunen in der Region sehen noch keinen Grund, auf neue Baugebiete zu verzichten. .
Dass das Interesse an Baugrundstücken stark von äußeren Bedingungen bestimmt wird, hatten in den vergangenen Jahren einige Kommunen erfahren. 2003 hatte Gedern im Wohnpark Nucourt in Wenings begonnen, 69 Bauplätze zu erschließen. Zunächst war das Interesse von möglichen Käufern relativ gering. Doch nicht zuletzt durch die niedrigen Kreditzinsen beschleunigt, nahm die Nachfrage in den vergangenen Jahren stark zu.
»Wir hatten mindestens dreimal so viele Anfragen wie Bauplätze«, berichtet Niddas Bürgermeister Thorsten Eberhard über die Situation im vergangen Jahr. Auch Benjamin Harris, sein Amtskollege aus Büdingen, stellt fest, »Wir hatten eine sehr hohe Nachfrage.« Über 400 Interessenten hätten sich bei der Stadt für einen Bauplatz registrieren lassen.
Merklich weniger Anfragen zuletzt
Mit den gestiegenen Kreditzinsen und den auch durch die überhitzte Konjunktur der vergangenen Jahre hohen Baupreisen ist die Nachfrage geringer geworden. In den zurückliegenden drei Monaten habe es merklich weniger Anfragen gegeben, teilt Ranstadts Bürgermeisterin Cäcilia Reichert-Dietzel auf Anfrage mit. Auch die privaten Grundstücks- und Immobilienverkäufe seien im vergangenen halben Jahr zurückgegangen.
Insgesamt drei Baugebiete wollte die Stadt Büdingen in Düdelsheim, Eckartshausen und Vonhausen in den nächsten Jahren in Eigenregie entwickeln. Als erste Reaktion auf die nachlassende Nachfrage wird zunächst einmal die Entwicklung in Vonhausen mit etwa 20 Bauplätzen zurückgestellt. Auch die Anfragen aus anderen Stadtteilen (unter anderem Diebach am Haag, Wolf, Wolferborn und Michelau) nach eigenen Baugebieten werden vorerst nicht weiter verfolgt.
»Es soll auch weiterhin alles entwickelt werden«, betont Harris, dass das keine endgültige Absage an diese Stadtteile sei. »Aber wir müssen vorsichtig sein, dass wir dem Markt angepasste Angebote zur Verfügung stellen.« Deshalb sollen die beiden Baugebiete in Eckartshausen (38 Plätze) und Düdelsheim (45) bevorzugt umgesetzt werden. »Wir konzentrieren uns auf diese beiden Gebiete, weil wir dort mit der Nahwärmeversorgung durch die Stadtwerke ein Projekt für die Zukunft entwickeln.« Die gesicherte und preisstabile Versorgung soll für zusätzliche Attraktivität sorgen.
In Nidda gibt es derzeit keine Überlegungen, Planungen für Baugebiete zurückzustellen. Insgesamt 115 Baugrundstücke für Einfamilienhäuser und dazu etwa 300 Wohneinheiten in Mehrfamilienhäusern sollen dort in den nächsten Jahren durch die Stadt und private Investoren entstehen. Dazu zählen kleinere Projekte wie zwölf Wohneinheiten in Wallernhausen oder 21 auf dem Gelände des ehemaligen Löwenhofs in Ober-Schmitten, die von privaten Investoren geplant werden.
Nidda hält an Bauprojekten fest
Der Bürgermeister sieht die Einwohnerentwicklung der vergangenen Jahre in Nidda durch ein zu geringes Wohnungsangebot für Neubürger gebremst. Die Stadt hält auch deshalb an ihren eigenen Projekten in Bad Salzhausen West (elf Grundstücke für Einfamilienhäuser und 58 Wohneinheiten) und in der Basaltstraße in Ober-Widdersheim (23 Grundstücke für Einfamilienhäuser und zwölf Wohneinheiten) fest. In diesen Planungen sind auch spezielle Angebote wie seniorengerechte Wohnungen und integratives Wohnen (in Bad Salzhausen, ehemaliges Haus am Landgrafenteich) enthalten.
Wie wichtig neben Baugrundstücken für Einfamilienhäuser solche bedarfsgerechten Angebote für die Entwicklung einer Kommune sind, erläutert Cäcilia Reichert-Dietzel. Eine Bertelsmann-Studie habe der Gemeinde Ranstadt für die Jahre 2011 bis 2021 einen Bevölkerungsrückgang von 7,2 Prozent prognostiziert. Stattdessen habe die Gemeinde mit inzwischen etwa 5300 Einwohnern 4,2 Prozent mehr.
Dabei weist die Bürgermeisterin darauf hin, dass während der Bebauung des Gebiets an der Mockstädter Höhe sich die Einwohnerzahl nur um circa 100 erhöht habe. Seit 2017, als am Ortseingang das Areal mit den Schwedenhäusern und von Depant ein ehemaliges Gärtnereigelände entwickelt wurde, habe Ranstadt 200 Einwohner gewonnen.
»Bei uns sind sehr viele Senioren, die ihre Ländereien und Hofreiten aufgegeben und sich Eigentumswohnungen gekauft haben«, hat die Bürgermeisterin beobachtet. Dass die Projekte bestimmte Zielgruppen angesprochen haben, belegt sie mit Zahlen. Von diesen 200 zusätzlichen Einwohnern sind 100 Senioren, 50 im erwerbstätigen Alter. Dazu kommen 20 Kinder unter sechs Jahren und 30 zwischen sechs und 17 Jahren. Sie zeigen, dass Einwohnerzuwachs auch Anforderungen an die Infrastruktur stellt.
Optimistischer Blick nach vorne
Wie sich Ranstadt in den nächsten fünf bis zehn Jahren auch in den Ortsteilen weiterentwickelt, soll in einer Klarstellungssatzung festgeschrieben werden. Bedarf an Wohnraum gebe es weiterhin. »Wir haben auch Wartelisten, da sind immer um die 20 Personen drauf«, berichtet Reichert-Dietzel. Anzeichen, dass die Nachfrage anhalten oder auch wieder stärker werden könnte, gibt es bereits. So beobachten Kommunen einen Rückgang der Baupreise. »Die Spirale nach oben, was die Kostensteigerung angeht, ist gebremst«, beschreibt Benjamin Harris. »Es rufen sogar vereinzelt Firmen an und fragen, ob für den Sommer oder Herbst Aufträge zu erwarten sind.«
Interview zum Thema mit Niddas Bürgermeister Thorsten Eberhard Seite 17
