Zeiten der Veränderung
VON MICHAEL GIERS
Wetteraukreis. Wenn im kommenden Jahr im Herbst turnusgemäß die hessische Landtagswahl über die Bühne geht, dann wird im Ostkreis der Wetterau ein stark verändertes Bild zu verzeichnen sein, denn die bisher dort direkt gewählte CDU-Kandidatin Lucia Puttrich aus Nidda hat gestern angekündigt, nicht mehr für ein solches Mandat zur Verfügung zu stehen. Somit wird sie auch nicht über die aktuelle Legislaturperiode hinaus hessische Staatsministerin sein.
Derzeit fungiert die 61-Jährige als Ressortchefin für Bundes- und Europaangelegenheiten, was bis Ende 2023 Gültigkeit hat. »Bis dahin werde ich natürlich alle mir angetragenen Aufgaben mit vollem Elan bewältigen und, wenn das möglich ist, zu Ende führen.« Puttrich erklärt das sachlich und besonnen und darauf bedacht, dass ein solch personeller Wechsel in der Politik zur Normalität gehöre. So, wie sie schon immer betonte, »dass ein politisches Amt halt zeitlich begrenzt ist und jeder Amtsinhaber dies von Beginn an wissen muss«. Lucia Puttrich scheint mit sich im Reinen, wenn sie nun sagt: »Alles hat seine Zeit.« Für sie sei der Zeitpunkt gekommen, um neuen Kräften Gelegenheit zu geben, politisch zu starten.
Seit 2010 Ministerin
Schon einst als Bürgermeisterin im zuvor ritzeroten Nidda machte sich die engagierte CDU-Frau einen Namen, knüpfte parteiintern Verbindungen, was ihr später hilfreich sein sollte. 2009 zog sie in den Deutschen Bundestag ein. Dies währte nur deswegen ein Jahr, weil sie 2010 zur hessischen Umweltministerin gekürt wurde. Eine Zeit mit Hauen und Stechen, beispielsweise in Sachen Atomkraft.
Auch hier setzte sich ihre Linie durch: Alles hat seine Zeit. Lucia Puttrich konnte recht gut mit den Grünen, ohne eigene Auffassungen über den Haufen zu werfen. Viele Beobachter halten sie für eine treibende Kraft, als in Hessen Schwarz-Grün zum Tragen kam.
War sie zunächst ohne Wahlkreis, kam sie als Listenabgeordnete und 2018 als direkt gewählte Abgeordnete ins Parlament. Im Wahlkreis Wetterau II hatte sie dabei mit 13 578 direkten Stimmen klar den Vortritt vor SPD-Kandidatin Lisa Gnadl, die mit 10 510 Stimmen über die Ziellinie kam und über die Liste ihrer Partei wieder in den Landtag.
Dieses Damen-Duell fällt im Herbst 2023 aus. Da Lucia Puttrich in ihrer schriftlichen Ankündigung wissen ließ, sie sage nur dem beruflichen politischen Hauptamt adieu, nicht aber ehrenamtlichen Aufgaben, freut sich Gnadl noch auf Diskussionsstoff mit ihr auf regionaler Ebene, schließlich seien die Erfahrungswerte auch beim gemeinsamen Eintreten für eine wichtige Sache stets von Respekt füreinander getragen gewesen.
Dies gilt auch für den Dritten im Bunde, der unter realistischer Betrachtung das Zeug dazu hätte, im Landtagswahlkreis 26 (Altenstadt, Büdingen, Gedern, Glauburg, Gründau, Hirzenhain, Kefenrod, Limeshain, Nidda, Ortenberg, Ranstadt, Ronneburg und Wächtersbach) das Direktmandat zu ziehen: Erich Spamer von den Freien Wählern, noch vor nicht allzu langer Zeit Bürgermeister seiner Heimatstadt Büdingen, gilt als Geheimfavorit im Hinterfeld.
Die Menschen im Ostkreis kennen ihn, er ist eine bekannte Größe. »Schade, dass Frau Puttrich nicht mehr antritt. Ich schätze sie sehr«, lautete dessen Reaktion auf diese in Wetterauer CDU-Kreisen mit einiger Überraschung aufgenommenen Entwicklung. Doch alles hat halt seine Zeit, was auch Spamers weitere Reaktion unterstreicht: »Sie wird ja wohl nicht ihr junges Alter von 61 Lenzen anführen. Da fangen andere doch viel später an, in der Politik Gas zu geben«, konnte sich der 71-Jährige schmunzelnd nicht verkneifen.
Wer wird Nachfolger?
Was Lucia Puttrich als Wetterauer CDU-Kreisvorsitzende hinsichtlich ihrer Nachfolge plant, lässt sie sich hingegen noch nicht konkret entlocken, liegt allerdings auf der Hand: Ihr Ersatzkandidat Patrick Appel aus Büdingen (Lehrer in Konradsdorf und abgesandt ins Schulamt zugleich) hat ohne Zweifel den ersten Zugriff auf eine Kandidatur. Er ist klarer Favorit. Nur wenn er nicht antritt, dürfte ein weiterer CDU-Mann Chancen haben: Dirk Vogel aus Ortenberg ist mittlerweile auf Kreisebene zur echten Größe avanciert. Einer dieser beiden Männer wird wohl die Nachfolge von Lucia Puttrich als Landtagskandidat sein. Die Nominierung soll offiziell am 12. Januar erfolgen.