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Acht Tipps gegen Rechtspopulisten

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Stefan Petzner
Stefan Petzner © Lukas Beck

Stefan Petzner hat nicht nur das Innenleben der rechtspopulistischen FPÖ in Österreich kennengelernt, sondern er war auch selbst ein Rechtspopulist. In einem Buch distanziert er sich nun von seinem früheren Idol Haider.

Rechtspopulistische Parteien machen in Europa Furore. Gerade hat die ehemalige Partei von Jörg Haider, die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ), bei der Landtagswahl in Oberösterreich 30,4 Prozent der Stimmen eingeheimst. Die Partei suggerierte im Wahlkampf, dass Flüchtlinge Österreichern Arbeit wegnehme.

In Frankreich hat der Front National (FN) mit Marine Le Pen an der Spitze bei den Départementswahlen fast ein Viertel der Stimmen geholt. Le Pen stellt Migranten gern als Schmarotzer dar. In Großbritannien wettert die UK Independence Party (Ukip) gegen Zuwanderer, und zwar auch gegen den Zuzug von arbeitssuchenden EU-Ausländern.

Die Flüchtlingskrise kommt Rechtspopulisten zugute. Denn sie können die Sorgen der Bevölkerung aufnehmen und mit markigen Worten vor der „Völkerwanderung“ und ihren vermeintlichen Folgen warnen. Zur Lösung einer Krise tragen sie generell wenig bei. „Sie wissen selbst, dass ihre Versprechen schlicht uneinlösbar sind“, schreibt der Österreicher Stefan Petzner in einem neuen Buch. Er fügt hinzu. „Die Heilspolitik der Rechtspopulisten hält dem Praxistest niemals stand, weil sie es gar nicht kann.“

Petzner war selbst ein Rechtspopulist. Mehrere Jahre lang arbeitete der heute 34-Jährige als Pressesprecher und Berater von Jörg Haider (1950–2008), dem früheren Landeshauptmann (Ministerpräsidenten) von Kärnten. Über diese Zeit hat Petzner ein Buch geschrieben. Es heißt: „Haiders Schatten. An der Seite von Europas erfolgreichstem Rechtspopulisten“.

Petzner plagt nach eigener Aussage kein schlechtes Gewissen, dass Haider damals immer wieder mit dem Nationalsozialismus kokettierte. Petzner schreibt: „Ich war und bin überzeugt, dass Rechtspopulisten ein natürlicher Bestandteil eines gesunden politischen Biotops sind.“ Trotzdem sieht Petzner auch Gefahren. An anderer Stelle seines Buches fügt er hinzu: „Hat so eine Partei als Oppositionspartei fünf bis zehn Prozent, sind diese Elemente für eine Demokratie verkraftbar. Entwickelt sich eine solche Partei aber zu einer bestimmten Größe im Parteienspektrum, können sie, je nach politischer Dynamik und aktuellen gesellschaftlichen Tendenzen, ein Eigenleben entwickeln und außer Kontrolle geraten. Aus der Koketterie der rechtspopulistischen Anführer mit rechtsradikalen Elementen kann so unversehens Ernst werden, und dann ist die Demokratie tatsächlich in Gefahr.“

Aus diesem Grund gibt Petzner, der Insider, den anderen Parteien in seinem Buch acht Tipps, wie sie mit Populisten umgehen sollten.

Zwischen Rechtspopulisten und Rechtsextremisten unterschieden: Petzner schreibt, Haider sei kein Rechtsextremist gewesen. „Er arbeitete bewusst mit radikalen Codes, aber nur aus Gründen des Marketings.“ Die NPD in Deutschland hält Petzner für rechtsextrem, ebenso FN-Gründer Jean-Marie Le Pen in Frankreich, dessen Tochter Marine Le Pen aber nicht. Rechtsextreme Töne seien bei Populisten „Mittel zu Zweck“.

Zwischen Populisten und ihren Wählern unterscheiden: Als Haider seine Wahlerfolge feierte, qualifizierten seine politischen Gegner und Journalisten dessen Wähler als rechtsextrem ab. Laut Petzner ein schwerer Fehler. Denn damit bestätigten sie nur das, was Haider dem Publikum bei seinen Reden immer sagte: „Die da oben verstehen euch nicht.“

Petzner bezeichnet es auch als Fehler, dass Politiker in Deutschland sich so stark von den Menschen distanzierten, die anfangs bei Pegida in Dresden mitdemonstrierten. Er lobt SPD-Chef Gabriel dafür, dass er mit Anhängern das Gespräch suchte.

Ignorieren, provozieren, isolieren: Petzner schreibt, für Haider sei es eine schwere Zeit gewesen, als ihn der damalige Bundeskanzler Viktor Klima ein halbes Jahr lang ignorierte. Bliebe die Empörung aus, überschritten Rechtspopulisten mit ihren Aussagen weitere Grenzen des guten Geschmacks. Dann könne die Politik reagieren und die Fehltritte ausschlachten, vorher nicht.

Inkompetenz nutzen: Die Schwäche der Populisten liegt laut Petzner in der Sachpolitik. Sein Tipp: Den Populisten mal haargenau vorrechnen, was ihre Forderungen eigentlich kosten würden.

Populisten als Seismographen nutzen: Politiker vom Schlage eines Jörg Haider wissen, was die Bevölkerung bewegt. Das können auch andere nutzen, indem sie durch die Populisten erkennen, was dem Volk wichtig ist.

Parteien sollen Haltung zeigen: Politikverdrossenheit nutze Populisten. Deshalb sollten Parteien „mehr fundierte Konzeptpolitik statt populistisch anmutender Tagespolitik und Anlassgesetzgebung“ machen.

Differenziert berichten: Dieser Punkt wendet sich an die Medien. Petzner fordert sie auf, sie sollten sich nicht Partei gegen Rechtspopulisten ergreifen, wie das häufig geschehe. Stattdessen sollten sie rein sachlich berichten. „Damit würden sie dem Rechtspopulismus am stärksten zusetzen.“

Stimme der Kunst fördern: Haider habe allergisch auf Satire reagiert. „Nichts entlarvt die Motive, Absichten und Fehler der Populisten besser und erzielt damit eine größere Wirkung als gut gemachte Satire.“ Deshalb sollte man Künstler finanziell fördern, so der Rat.

Petzner liefert in seinem Buch viele interessante Einblicke in das Innenleben einer rechtspopulistischen Partei. Er entzaubert ein Stück weit sein einstiges Idol Haider. Das Buch ist gut geschrieben und liest sich flott.

Stefan Petzner, „Haiders Schatten. An der Seite von Europas erfolgreichstem Rechtspopulisten“, Verlag edition a, 219 Seiten, 21,90 Euro. Das E-Book kostet 16,99 Euro.

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