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Industriestrompreis unverhandelbar: Grüne zündeln am Friedensschluss von Meseberg

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Die Ergebnisse von Meseberg reichen den Grünen nicht aus. Die Fraktion pocht auf die Einführung des Industriestrompreises – und provoziert damit die FDP.

Nürnberg – Der Ampel droht neuer Ärger: Nur einen Tag nach der Kabinettsklausur in Meseberg haben sich die Grünen unzufrieden mit den Ergebnissen gezeigt. So pocht die Bundestagsfraktion auf deutlich größere Anstrengungen bei den Wirtschaftshilfen. Insbesondere die Einführung des Brückenstrompreises für die Industrie müsse „jetzt endlich umgesetzt werden“, heißt es in einem mehrseitigen Beschlusspapier, über das am Donnerstag (31. August) die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtete. Die Vorlage birgt reichlich Zündstoff, denn bei den Ampel-Partnern von SPD und FDP ist das Projekt umstritten. Gerät der beschworene Koalitionsfrieden nach einem Tag schon wieder ins Wanken?

Nach Meseberg: Grünen-Fraktion kommt in Nürnberg zu Klausurtagung zusammen

Der Bundesvorstand der Grünen kommt an diesem Donnerstag in Nürnberg zu einer Klausur zusammen – einen Tag nach der Kabinettsklausur von Meseberg. Neben dem sechsköpfigen Führungsteam um die beiden Bundesvorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour nehmen auch die beiden Grünen-Spitzenkandidaten für die bayerische Landtagswahl, Katharina Schulze und Ludwig Hartmann, an dem zweitägigen Treffen teil. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wird zum Auftakt digital zugeschaltet.

Viele Partner, viele Meinungen: Die Grünen-Chefin Ricarda Lang fordert von Finanzminister Christian Lindner (FDP) die Einführung eines Industriestrompreises.
Viele Partner, viele Meinungen: Die Grünen-Chefin Ricarda Lang fordert von Finanzminister Christian Lindner (FDP) die Einführung eines Industriestrompreises. © Michael Kappeler/dpa

Bei dem Treffen will der Vorstand nach Grünen-Angaben die Schwerpunkte bis zum Jahresende festlegen, mit einem Fokus auf die anstehenden Landtagswahlen in Bayern und Hessen. Auch die Europawahl 2024 soll Thema sein. Geplant sind auch ein Unternehmensbesuch, ein Rundgang über ein Volksfest und Gespräche über aktuelle Anliegen der Wirtschaft. Inhaltlicher Schwerpunkt des Treffens sind laut Partei die Auswirkungen von Klimakrise und Extremwetterereignissen auf die regionale Wirtschaft sowie aktuelle wirtschaftspolitische Fragestellungen.

Aus Sicht der Grünen-Spitze steht die Wirtschaft kurz vor dem Abgrund. Zwar habe die Regierung bereits viele wichtige Vorhaben auf den Weg gebracht, wie beispielsweise die Fachkräftesicherung. Aber um einen weiteren Absturz zu verhindern, müsste die Koalition besser abgestimmt und viel schneller handeln, heißt es in dem Beschlusspapier. Vor allem ohne die Einführung eines Industriestrompreises drohten dem Land die Abwanderung wichtiger Unternehmenszweige. Dies gelte es unter allen Umständen zu verhindern.

Zum Verdruss von Lindner: Grüne pochen auf Industriestrompreis für Deutschland

Doch in der Koalition ist der Industriestrompreis umstritten. Während Wirtschaftsminister Habeck mithilfe von staatlichen Subventionen den Strompreis für energieintensive Industriebereiche in Deutschland bei fünf Cent deckeln will, lehnt Finanzminister Christian Lindner (FDP) dieses Projekt vehement ab. Und auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) sieht das Vorhaben kritisch – im Gegensatz zu Teilen seiner eigenen Partei, die sich die Einführung durchaus vorstellen können.

Geldmangel als Ausrede vom Finanzminister lassen die Grünen dabei nicht gelten. Zur Finanzierung ihres Vorhabens wollen sie den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) anzapfen. Dieser wurde 2022 eigens mit 200 Milliarden Euro ausgestattet, um die Auswirkungen der Energiekrise zu bewältigen.

Ampel-Koalition klammerte in Meseberg den Brückenstrompreis aus

Doch ob Lindner da mitspielt? Eher unwahrscheinlich. Zuletzt lag er mit den Grünen mächtig über Kreuz. Gegen ihre Forderung nach Einführung der Kindergrundsicherung stemmte er sich so lange, bis Familienministerin Lisa Paus (Grüne) sein Wachstumsbeschleunigungsgesetz im Kabinett blockierte. Das Vorgehen sorgte auf beiden Seiten für viel Missgunst. Mittlerweile ist beides auf dem Weg – doch der öffentlich zur Schau getragene Streit bescherte der Ampel-Koalition in den Umfragen einen massiven Absturz.

Friedensgipfel in Meseberg – das sind die Ergebnisse der Kabinettsklausur

Vor diesem Hintergrund hatte Kanzler Scholz die Partner schließlich zur Räson gerufen. Den Auftakt sollte die Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg bilden. Den umstrittenen Industriestrompreis klammerten die Partner aber aus. Stattdessen legten die Koalitionäre folgende Ergebnisse vor, auf die sich die Koalition einigen konnte:

Mit Schalldämpfer: Olaf Scholz verspricht geräuschloses Regieren

Den Ampel-Streit wollten die Regierungspartner eigentlich für erledigt erklären. „Wir sind eine Regierung, wo gehämmert, geschraubt wird“, sagte Lindner im Anschluss zu den Misstönen. Doch das führe nun mal zu Geräuschen. „Aber es kommt eben auch was raus.“ Sollte heißen: Alles nicht so schlimm. Zur Sicherheit versprach der Kanzler aber noch eine geringere Geräuschkulisse für die Zukunft: „Wir werden hämmern und klopfen, aber mit Schalldämpfer.“ Nach der Klausurtagung der Grünen wird sich bereits erweisen, wie gut dieser Schalldämpfer funktioniert. (jkf)

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