Berühmter Nobelpreisträger kritisiert Merkel-Politik: „Eine geradezu besessene Angst vor Schulden“

Star-Ökonom Paul Krugman kritisiert die Wirtschaftspolitik der Bundeskanzlerin Angela Merkel in der New York Times scharf. Er fordert die Abkehr von ihrer Politik.
Spätestens seit der Flüchtlingskrise im Herbst 2015 ist Angela Merkel es ja gewohnt, attackiert zu werden. Diesmal kommt der Angriff aber nicht von den erwartbaren Kandidaten - die AfD, Horst Seehofer oder die Werteunion. Und der Grund ist ausnahmsweise auch ein ganz ein anderer: Es geht um die Wirtschaftspolitik der Kanzlerin.
Paul Krugman ist einer der renommiertesten Ökonomen der Welt. Seine Bücher sind in den USA-Bestseller, er ist Kolumnist bei der großen New York Times. 2008 erhielt Krugman den Wirtschaftsnobelpreis. Nun hat er in seiner Kolumne die Wirtschaftspolitik von Angela Merkel kritisiert - das kennt man eigentlich genauso vom US-Präsidenten Donald Trump. Doch geht es bei ihm nicht um Zölle oder Autos, die den US-Markt angeblich überschwemmen. Es geht um die deutsche Angst vor Verschuldung. „Die Welt hat ein Deutschland-Problem“, lautet der Titel seines Textes.
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Nobelpreisträger Krugmann: Merkel schade nicht den USA, sondern Europa
„Eine geradezu besessene Angst vor Schulden, die inzwischen die gesamte Weltwirtschaft bedroht“, nennt der Ökonom die deutsche Politik der „Schwarzen Null“. Krugman hält Trump entgegen, dass Merkel mit dieser Politik tatsächlich nicht der USA schaden würde - der deutsche Markt sei für US-Waren genauso offen, wie umgekehrt. Aber: Durch die fehlende Bereitschaft, Geld zu leihen, stürze Merkel die anderen europäischen Länder in eine Krise.

Grundsätzlich geht es Krugman um die sogenannte Austeritätspolitik, die die deutsche Politik seit 2010 bestimmt. Damals hatte Deutschland südeuropäischen Kreditnehmern auferlegt, Ausgaben zu kürzen, um Schulden abzubauen. Auch Deutschland selbst ist den Weg der „Schwarzen Null“ gegangen. Das Problem: Durch die Sparpolitik ist laut Krugman die Nachfrage zurückgegangen, was zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit in ganz Europa geführt habe. Krugman: „Europa leidet an einem chronischen Mangel privater Nachfrage. Konsumenten und Unternehmen scheinen nicht genug Geld ausgeben zu wollen, um eine Vollbeschäftigung zu schaffen.“ Dabei hat die EZB den Leitzins dramatisch gesenkt, um Kredite zu fördern und die Nachfrage anzukurbeln.
Angela Merkel nimmt am Samstag auch am G7-Gipfel im französischen Biarritz teil und wird dort unter anderem auch mit Donald Trump sprechen.
Nobelpreisträger Krugmann fordert: Merkel müsse nur das Geld nehmen
Die Lösung des Beschäftigungsproblems liegt für Krugman auf der Hand: Die Bundesregierung müsse endlich das Geld nehmen, das der Anlagemarkt ihr quasi aufdrängen wolle. Also Schulden machen, investieren und so die Beschäftigung stimulieren. Möglichkeiten hierfür gäbe es viele: „Deutschlands Infrastruktur muss ähnlich wie die der USA vielerorts repariert und modernisiert werden“, schlägt der US-Ökonom beispielsweise vor.
Ungewohnt sanft gab sich hingegen Donald Trump bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Merkel am Rande des G7-Gipfels im August. Dennoch verlor die Kanzlerin zweimal die Fassung und musste lachen, als Trump sprach.
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