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Haushaltssperre verkündet: Finanzministerium sperrt fast alle Ausgaben des Bundes

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Das Bundesverfassungsgerichtsurteil zum Klimafonds hat weitreichende Folgen. Das Bundesfinanzministerium verhängt weitere Ausgabensperren.

Update vom 21. November, 8.43 Uhr: SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hält ein Aussetzen der Schuldenbremse für notwendig – mindestens für das Jahr 2024. „Womöglich auch länger“, sagte Mützenich dem Magazin Stern. „Vor uns liegen gewaltige Herausforderungen, bei der Klimawende, der neuen Industriepolitik, aber auch außenpolitisch.“

In den kommenden Jahren werde Hilfe aus Deutschland mit Blick auf den Ukraine-Krieg oder den Krieg im Nahen Osten für Wiederaufbaumaßnahmen gefragt sein. Mützenich warnte vor Sparmaßnahmen bei Sozialleistungen, wie sie die FDP ins Spiel gebracht hatte. „Eine Demokratie funktioniert ohne soziale Gerechtigkeit nicht“, sagte Mützenich.

Streit um Schuldenbremse: Staat kann laut Kühnert aktuelle Ausgaben weiter bestreiten

Update vom 21. November, 8.05 Uhr: SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hat klargestellt, dass der Staat trotz der Sperrung von Haushaltsmitteln aktuelle Leistungen weiter bezahlt. Der Schritt des Bundesfinanzministeriums bedeute nicht, dass der Staat keine Ausgaben mehr tätigen dürfe, sagte Kühnert am Dienstag (21. November) im ARD-Morgenmagazin. Der Stopp sogenannter Verpflichtungsermächtigungen besage, dass keine Zahlungsverpflichtungen für die Zukunft möglich seien. Der Staat könne aber alle seine aktuellen Leistungen bestreiten.

Außerdem plädierte Kühnert für ein Aussetzen der Schuldenbremse. Mit Blick auf das Erklären einer sogenannten Haushaltsnotlage sagte er: „Wenn die SPD alleine regieren würde, dann wäre das sicherlich etwas, was wir tun würden, und auch nicht aus Trickserei, sondern weil die Notlage objektiv gegeben ist.“ Darüber werde in der Koalition gesprochen. Die Regierung kann gemäß dem Gesetz eine Notlage erklären und die Schuldenbremse aussetzen, wenn sie unverschuldet in eine Krise geraten ist.

„Ich kann nur für die SPD sagen, einfach 60 Milliarden mit dem Rasenmäher irgendwo einzusparen im Haushalt, Sozialabbau zu machen, die Transformation unserer Gesellschaft wieder zurückzunehmen, Unternehmen nicht mehr im internationalen Wettbewerb zu unterstützen und damit Arbeitsplätze in Deutschland zu verlieren, das ist etwas, dafür ist die SPD nicht gewählt worden 2021, und dafür werden wir niemals die Hand heben im Deutschen Bundestag.“

Habeck kritisiert Schuldenbremse im Grundsatz

Update vom 21. November, 7.30 Uhr: Wirtschaftsminister Robert Habeck hat in der ARD deutliche Kritik geübt: „Ich persönlich mache keinen Hehl daraus, dass ich die Art, wie die deutsche Schuldenbremse konstruiert ist, für zu wenig intelligent halte“, sagte Habeck gestern Abend in den „Tagesthemen“. Sie sei „sehr statisch“ und unterscheide nicht zwischen Geldern, die im Laufe des Jahres ausgegeben werden, und Investitionen in die Zukunft, die sich erst nach Jahren rechnen. Das scheine ihm wenig klug.

Debatte um Schuldenbremse: Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am 20.11. 2023 in den ARD-„Tagesthemen“
Wirtschaftsminister Robert Habeck spricht in den „Tagesthemen“ (ARD) über die Schuldenbremse. © Screenshot: ARD-Mediathek

Die Schuldenbremse „wurde auch gebaut in einer anderen Zeit, als wir immer billiges Gas aus Russland hatten, als China immer unsere Werkbank war oder unser Abnahmemarkt, als die Amerikaner immer verlässliche, treue Freunde waren und uns die militärische Last abgenommen haben, weil es keinen Krieg in Europa gab“, sagte der Grünen-Politiker. Diese Voraussetzungen hätten sich verändert.

Die Debatte um die Schuldenbremse helfe in diesem Jahr trotzdem nicht weiter. „Es gibt einen Koalitionsvertrag, der Koalitionspartner und auch die Opposition hat klar gemacht, dass sie meine Meinung und die von vielen anderen, von vielen Ökonomen nicht teilen. Insofern ist das eine für die Zukunft wahrscheinlich entscheidende, vielleicht eine ganz entscheidende Debatte. Für die Gegenwart werden wir das Geld anders finden müssen“, sagte der Wirtschaftsminister.

Update vom 21. November, 4.15 Uhr: Aus dem Finanzministerium hieß es auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters, Verpflichtungsermächtigungen im laufenden Haushalt würden gestoppt, um Vorbelastungen für kommende Jahre zu vermeiden.

Bei den Verpflichtungsermächtigungen handelt es sich um Festlegungen im laufenden Haushalt, die Ausgaben in künftigen Haushaltsjahren zur Folge haben. Aus dem Finanzministerium hieß es dazu: „Bestehende Verbindlichkeiten werden weiter eingehalten, es dürfen nur keine neuen eingegangen werden. In Ausnahmefällen können Verpflichtungsermächtigungen entsperrt werden.“

An anderer Stelle wurde betont, dass es sich bei der Erweiterung der Haushaltssperre nicht um einen Alleingang von Finanzminister Christian Lindner (FDP) handele: „Es ist abgesprochen und sinnvoll.“

Finanzministerium weitet Haushaltssperre aus

Erstmeldung: Berlin - Nach dem Haushalts-Urteil des Bundesverfassungsgerichts sperrt das Finanzministerium (BMF) zahlreiche Posten im Bundeshaushalt. „Das BMF stoppt die Verpflichtungsermächtigungen in 2023, um Vorbelastungen für kommende Jahre zu vermeiden“, hieß es am Montagabend aus Kreisen des Ministeriums. Dies betreffe Etats aller Ministerien. Eine Verpflichtungsermächtigung gibt einer Verwaltung die Möglichkeit, bereits für künftige Jahre Zahlungsverpflichtungen einzugehen, etwa bei mehrjährigen Vorhaben. Aktuelle Ausgaben in diesem Jahr sind demnach nicht betroffen.

„In Ausnahmefällen können Verpflichtungsermächtigungen entsperrt werden“

Weiter hieß es, bestehende Verbindlichkeiten würden weiter eingehalten, es dürften nur keine neuen eingegangen werden. „In Ausnahmefällen können Verpflichtungsermächtigungen entsperrt werden.“

Der „Spiegel“ zitierte aus einem Schreiben des zuständigen Staatssekretärs Werner Gatzer, in dem dieser anordne, „alle in den Einzelplänen 04 bis 17 und 23 bis 60 des Bundeshaushaltsplans 2023 ausgebrachten und noch verfügbaren Verpflichtungsermächtigungen mit sofortiger Wirkung zu sperren“.

Umwidmung von 60 Milliarden Euro im Haushalt durch Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt

Das Bundesverfassungsgericht hatte in der vergangenen Woche eine Umwidmung von Krediten von 60 Milliarden Euro im Haushalt 2021 für nichtig erklärt. Sie waren zur Bewältigung der Corona-Krise genehmigt worden, sollten aber für Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft eingesetzt werden. Nun stehen die Milliarden im sogenannten Klima- und Transformationsfonds nicht zur Verfügung. Die Bundesregierung hatte daraufhin bereits vorübergehend bestimmte Vorhaben auf Eis gelegt, die aus dem Fonds finanziert werden sollten. Dabei ging es um Verpflichtungsermächtigungen für 2024 und die Folgejahre. (Red mit Agenturmaterial)

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