1. Startseite
  2. Politik

Eskalation in Berg-Karabach: Aserbaidschan ruft Separatisten zu Kapitulation auf

Kommentare

Im Südkaukasus eskaliert der Konflikt erneut: Aserbaidschan beginnt eine Militäroperation in Berg-Karabach. Die Region kommt seit Jahrzehnten nicht zur Ruhe.

Update vom 20. September, 6.50 Uhr: Die Gewalteskalation in Berg-Karabach ist auch Thema an Rande der UN-Generaldebatte in New York. „Armenien und Aserbaidschan sind jetzt in einer sehr kritischen Situation, und deshalb ist für uns ganz klar, dass diese Kriegshandlungen sofort beendet werden müssen“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Scholz forderte in seiner Rede auch UN-Reformen.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock forderte: „Aserbaidschan muss den Beschuss sofort einstellen und an den Verhandlungstisch zurückkehren.“ Die Grünen-Politikerin ergänzte: „Entscheidend ist der Schutz der Zivilbevölkerung in Bergkarabach. Dies ist auch Aufgabe der dort stationierten russischen Soldaten.“

Berg-Karabach: Regionalhauptstadt Stepanakert unter „intensivem Beschuss“

Update vom 20. September, 3.30 Uhr: Nachdem Aserbaidschan am Dienstag einen groß angelegten Militäreinsatz in der umstrittenen Kaukasusregion Berg-Karabach gestartet hat, stehen die Regionalhauptstadt Stepanakert sowie weitere Städte nach Angaben der Vertretung Berg-Karabachs in Armenien unter „intensivem Beschuss“. Pro-armenische Kräfte meldeten mindestens 27 Todesopfer, darunter zwei Zivilisten. Über 7000 Bewohner wurden demnach aus 16 Ortschaften evakuiert. Vertreter westlicher Staaten forderten ein sofortiges Ende der Kämpfe.

Auch die Behörden der umstrittenen Enklave verlangten einen sofortigen Waffenstillstand und Verhandlungen. Die aserbaidschanische Regierung erklärte sich grundsätzlich zu Verhandlungen bereit, forderte aber als Voraussetzung die Kapitulation der armenischen Separatisten. Sie müssten ihre Waffen abgeben, das „illegale Regime“ müsse sich auflösen. Sollte dies nicht geschehen, würde die Offensive „bis zum bitteren Ende fortgesetzt“.

Konflikt in Berg-Karabach
Menschen versammeln sich vor dem armenischen Regierungsgebäude, um gegen Armeniens Premierminister Paschinjan zu protestieren. Aserbaidschan im Südkaukasus fordert, als Bedingung für das Ende seines Militäreinsatzes, die Niederlegung der Waffen und die Abdankung der armenischen Führung in der Region Berg-Karabach. © Vahram Baghdasaryan/dpa

Im Fall einer Kapitulation schlug Baku Gespräche „mit Vertretern der armenischen Bevölkerung Karabachs“ in der aserbaidschanischen Stadt Jewlach vor. Berg-Karabachs Hauptstadt Stepanakert stand nach Angaben eines AFP-Reporters am Dienstagabend weiter unter Beschuss. Gleichzeitig gab Baku bekannt, 60 armenische Stellungen erobert zu haben.

Eskalation in Berg-Karabach: Tausende Menschen evakuiert

Update vom 19. September, 22.08 Uhr: Nach der großangelegten aserbaidschanischen Militäroperation in Berg-Karabach wurden insgesamt 7000 Menschen aus der Region im Kaukasus evakuiert. Die Menschen seien aus Gemeinden in den Regionen Askeran, Martakert, Martuni und Schuschi in Sicherheit gebracht worden, erklärte der Ombudsmann für Menschenrechte in Berg-Karabach, Gegham Stepanjan, am Dienstag im Onlinedienst X, vormals Twitter. 

Derweil plant der UN-Sicherheitsrat mit Blick auf die Lage in Berg-Karabach wohl eine Dringlichkeitssitzung am Donnerstag. Das wird am Dienstagabend aus Kreisen der UN berichtet. Zuvor hatte Aserbaidschans Nachbarland Armenien den UN-Sicherheitsrat um Hilfe gebeten. Das angegriffene Berg-Karabach wird nämlich vorwiegend von ethnischen Armeniern bewohnt.

Auf diesem vom aserbaidschanischen Verteidigungsministerium zur Verfügung gestellten Videostandbild ist eine Explosion über einem Gebiet zu sehen, in dem sich nach aserbaidschanischen Angaben Stellungen der armenischen Streitkräfte in Berg-Karabach befinden.
Auf diesem vom aserbaidschanischen Verteidigungsministerium zur Verfügung gestellten Videostandbild ist eine Explosion über einem Gebiet zu sehen, in dem sich nach aserbaidschanischen Angaben Stellungen der armenischen Streitkräfte in Berg-Karabach befinden. © Uncredited/dpa

Konflikt in Berg-Karabach: Blinken fordert Ende von „inakzeptabler“ Gewalt

Update vom 19. September, 20.10 Uhr: US-Außenminister Antony Blinken hat Aserbaidschan aufgefordert, seine Militäroffensive in der umstrittenen Kaukasus-Region Bergkarabach „sofort“ zu beenden. Der Militäreinsatz verschärfe die „ bereits schwierige humanitäre Lage in Berg-Karabach“ und untergrabe die Aussichten auf Frieden, sagte Blinken am Dienstag nach Telefonaten über die neue Krise während der UN-Generaldebatte in New York. Die Anwendung von Gewalt sei „inakzeptabel“, die Feindseligkeiten müssten eingestellt werden.

Update vom 19. September, 19.35 Uhr: Nach dem aserbaidschanischen Beschuss der Konfliktregion Berg-Karabach hat der Iran eine Vermittlung Teherans angeboten. Der iranische Außenamtssprecher Nasser Kanaani forderte am Dienstag die Einhaltung des Waffenstillstandsabkommens von 2020 zwischen Aserbaidschan und Armenien, die beide eine Grenze mit dem Iran haben. Erst vor wenigen Tagen hatte der iranische Verteidigungsminister Mohammed-Resa Aschtiani vor einem Krieg in der Region gewarnt.

25 Tote nach aserbaidschanischen Angriffen auf Berg-Karabach

Update vom 19. September, 19.25 Uhr: Mehrere Stunden nach Beginn der aserbaidschanischen Militäroperation ist die Zahl der Toten in der betroffenen Region Berg-Karabach nach örtlichen Angaben auf 25 gestiegen. „Mit Stand 20.00 Uhr gibt es 25 Opfer, darunter zwei Zivilisten, als Folge des umfassenden Terrorangriffs durch Aserbaidschan“, schrieb der Menschenrechtsbeauftragte der international nicht anerkannten Republik Berg-Karabach (Arzach), Gegam Stepanjan, am Dienstagabend auf der früher als Twitter bekannten Plattform X.

In der Konfliktregion Südkaukasus sind bisher mindestens 138 Menschen verletzt worden, darunter 29 Zivilisten. Die Bewohner von sechs Ortschaften wurden vor aserbaidschanischem Beschuss in Sicherheit gebracht. Die humanitäre Lage in der Region, die bereits vor Beginn der Militäroperation katastrophal war, weil Aserbaidschan den einzigen armenischen Zugang zu der Exklave, den Latschin-Korridor, blockiert hatte, ist angespannt.

Erdogan stellt sich hinter Aserbaidschan – „Schutz der regionalen Integrität“

Update vom 19. September, 19.00 Uhr: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat sich erwartungsgemäß hinter den neuen Militäreinsatz Aserbaidschans zur Eroberung der Konfliktregion Berg-Karabach gestellt. Die Türkei unterstütze die Schritte zum „Schutz der regionalen Integrität Aserbaidschans“, sagte Erdogan am Dienstag zu Beginn der Generaldebatte der UN-Vollversammlung in New York. Später fügte er hinzu, er hoffe auf ein baldiges Ende der „Entwicklungen in der Region“.

Update vom 19. September, 17.50 Uhr: Frankreich strebt wegen des aserbaidschanischen Militäreinsatzes in Berg-Karabach eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats an. Das teilte das französische Außenministerium in Paris am Dienstag mit. Frankreich spreche sich eng mit seinen europäischen und amerikanischen Partnern ab, um eine starke Antwort auf die inakzeptable Offensive zu geben, hieß es. Die französische Regierung forderte Aserbaidschan weiter dazu auf, die militärischen Handlungen in Berg-Karabach mit sofortiger Wirkung zu beenden.

„Ungesetzliche Regierung muss abdanken“: Aserbaidschan stellt Bedingungen für Ende des Militäreinsatzes

Update vom 19. September, 17.45 Uhr: Die Regierung von Aserbaidschan hat die Beendigung des Militäreinsatzes in der Region Berg-Karabach an weitreichende Forderungen geknüpft. Die armenische Führung in der Region müsse ihre Waffen niederlegen und abdanken, erklärte die Regierung in Baku am Dienstagnachmittag. „Die illegalen armenischen Militärverbände müssen die weiße Flagge hissen und alle Waffen abgeben, und das ungesetzliche Regime muss abdanken“, heißt es in einer am Dienstag von örtlichen Medien verbreiteten Erklärung der Präsidialverwaltung. Anderenfalls würden die Kampfhandlungen bis zum Ende geführt, betonte die Führung der autoritär geführten Ex-Sowjetrepublik.

Die Regierung Armeniens hatte ebenfalls am Dienstag bekannt gegeben, dass armenische Truppen nicht an Kampfhandlungen in Berg-Karabach beteiligt seien. „Armenien hat keine Armee in Berg-Karabach und wir werden derzeit auch keine undurchdachten Handlungen vornehmen“, sagte Regierungschef Nikol Paschinjan.

Aserbaidschan hat am Dienstagmorgen einen breit angelegten Militäreinsatz gegen die Konfliktregion Berg-Karabach mit dem vorgeblichen Ziel gestartet, Verstöße gegen den Waffenstillstand zu ahnden und „die verfassungsmäßige Ordnung“ in der Region wiederherzustellen.

„Ethnische Säuberung“: Erste Tote nach Aserbaidschan-Angriff auf Berg-Karabach

Erstmeldung vom 19. September: Baku – Mit Präzisionsschlägen und dem Einsatz von Bodentruppen: Die von Aserbaidschan gestartete Militäraktion zur Rückeroberung von Berg-Karabach ist international auf Entsetzen gestoßen. Allen voran die Regierung von Armenien kritisierte das Vorgehen scharf. Die Führung in Baku habe eine „weitere, breit angelegte Aggression“ gegen das Volk von Berg-Karabach losgetreten, um seine „Politik der ethnischen Säuberung zu vollenden“, erklärte das armenische Außenministerium am Dienstag in Eriwan nach der ersten Angriffswelle. Während Regierungschef Nikol Paschinjan den nationalen Sicherheitsrat einberief und den UN-Sicherheitsrat um Hilfe bat, verurteile auch die Union das Aufbrechen des alten Konflikts.

Berg-Karabach: Aserbaidschan facht Konflikt mit Armenien wieder an

Aserbaidschan, einst eine Sowjetrepublik, hatte am Dienstagmorgen im Südkaukasus eine neue militärische Operation in der umstrittenen Region Berg-Karabach eingeleitet, um die auf aserbaidschanischem Gebiet liegende, aber mehrheitlich von Armeniern bewohnte Konfliktregion zurückzuerobern. Das Militär in Baku begründete dies mit angeblichen Verstößen Armeniens gegen den geltenden Waffenstillstand und titulierte die Operation als „Anti-Terroreinsatz“. Die armenische Seite weist diese Vorwürfe als erfundenen Vorwand zurück.

Krieg um Berg-Karabach: Militär startet Operation – Tote nach Explosionen

Sowohl die Türkei als auch Russland sollen vorab über die Aktionen informiert worden sein. In Stepanakert, der Hauptstadt der seit Jahrzehnten zwischen beiden Ländern umkämpften Region, waren laut einem AFP-Reporter Explosionen zu hören. Vorher wurden laut aserbaidschanischen Quellen sechs Menschen bei Minenexplosionen getötet. Aserbaidschanische Sicherheitskräfte berichteten, dass zwei Zivilisten auf einer Straße in Richtung der Stadt Schuscha im aserbaidschanisch kontrollierten Teil von Berg-Karabach durch eine von armenischen „Sabotagegruppen“ gelegte Mine getötet wurden. Vier Polizisten starben später bei einer weiteren Minenexplosion auf dem Weg zum Ort des Geschehens.

Wem gehört Berg-Karabach? Kaukasus-Republik ist seit Sowjetzeiten umstritten

Doch wem gehört Berg-Karabach eigentlich? Das muslimische Aserbaidschan und das christlich-orthodoxe Armenien liegen seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Streit um Berg-Karabach und haben bereits zwei Kriege um das Gebiet geführt. Aserbaidschan erhält in diesem Konflikt Unterstützung von der Türkei, während Russland als traditioneller Verbündeter Armeniens an Einfluss verliert. Berg-Karabach gehört rechtlich zu Aserbaidschan, wird jedoch hauptsächlich von Armeniern bewohnt. Nach sechswöchigen Kämpfen im Jahr 2020 mit über 6.500 Toten vermittelte Russland einen Waffenstillstand, der Armenien zur Aufgabe großer Gebiete zwang. Seitdem kommt es jedoch immer wieder zu tödlichen Konflikten an der armenisch-aserbaidschanischen Grenze. In den letzten Monaten haben die Spannungen um das stark verminten Berg-Karabach deutlich zugenommen.

Die Europäische Union (EU) hat den aserbaidschanischen Militäreinsatz zur Eroberung der auch von Armenien beanspruchten Region Berg-Karabach verurteilt. „Wir fordern ein sofortiges Ende der Feindseligkeiten und rufen Aserbaidschan auf, die derzeitigen militärischen Aktivitäten einzustellen“, teilte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Dienstag mit.

Ähnlich äußerte sich auch die deutsche Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne). „Aserbaidschan muss den Beschuss sofort einstellen und an den Verhandlungstisch zurückkehren“, forderte die Grünen-Politikerin am Dienstag am Rande der UN-Vollversammlung in New York. Sie ergänzte: „Entscheidend ist der Schutz der Zivilbevölkerung in Bergkarabach. Dies ist auch Aufgabe der dort stationierten russischen Soldaten.“

Armenien-Aserbaidschan-Konflikt: Verbündeter Russland weist Vorwürfe der Einflussnahme zurück

Russland hat zur Beendigung der Kämpfe zwischen den Ex-Sowjetrepubliken Aserbaidschan und Armenien aufgerufen. „Wir sind tief besorgt wegen der scharfen Eskalation der Lage in Berg-Karabach“, sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa. Das Blutvergießen und die Kämpfe müssten beendet und der Konflikt auf diplomatischem Weg gelöst werden.

Zuvor hatte Aserbaidschan den Beginn eines Militäreinsatzes zur Eroberung von Berg-Karabach verkündet. Russische Grenztruppen sollen dort eigentlich als Verbündete einen Waffenstillstand zwischen den verfeindeten Parteien überwachen. Sacharowa wies vor diesem Hintergrund die in Armenien erhobenen Vorwürfe zurück, dass Russland in die Angriffspläne Aserbaidschans eingeweiht gewesen sei. Die dort stationierten russischen Truppen hätten erst Minuten vor dem Beginn des Militäreinsatzes davon erfahren, sagte sie. (jkf/mit Material von dpa/afp)

Auch interessant

Kommentare