Umkämpfte Schwarzmeerstadt Odessa: Tagsüber Sommerfrische, nachts Bombenalarm
Gerade im Sommer hat der Tourismus in der ukrainischen Stadt Odessa vor Kriegszeiten eine wesentliche Rolle gespielt – doch auch heute reisen Menschen in die Hafenstadt.
Odessa – Im zweiten Jahr des Ukraine-Kriegs sind trotz der russischen Angriffe wieder mehr Menschen in die ukrainische Schwarzmeerstadt Odessa gereist, die vor Kriegsbeginn als Tourismus-Hochburg in der Ukraine galt – mit schönen Stränden, lebendigem Nachleben und historischem Stadtzentrum. Nun geht die Sommersaison zu Ende, und die Gäste haben sich Medienberichten zufolge an den Gegensatz zwischen Tagen am Strand und Nächten mit Luftalarm gewöhnt.
Während der Sender Deutsche Welle im vergangenen Jahr noch berichtet hatte, dass die Tourismuseinnahmen der Stadt im beginnenden Ukraine-Krieg fast vollständig eingebrochen waren, weil das Baden aufgrund von Minen im Meer als äußerst gefährlich galt, berichtet das Portal Kyiv Independent, dass Odessa im Sommer 2023 rund die Hälfte seiner in den Jahren vor dem Ukraine-Krieg gezählten Sommergäste verzeichnet haben soll. Auch Menschen, die in der Region leben, haben die Strände der Stadt und ihrer Region zum Sonnenbaden genutzt. Ein Badeverbot, das für einige Wochen im Sommer gegolten hatte, war in Zwischenzeit aufgeweicht worden, sichere Badebereiche mit Bojen abgetrennt.

Reiseziel im Krieg: So ist der Alltag in der ukrainischen Hafenstadt Odessa
Dabei war nach dem ausgefallenen Tourismus-Sommer 2022 aber auch die Saison 2023 in vielen Punkten vom Krieg dominiert: Noch immer gilt für Odessa eine nächtliche Ausgangssperre, regelmäßig fallen seit Monaten russische Bomben auf die Stadt. Immer wieder werden Zivilpersonen in der Region bei Angriffen getötet oder verletzt, eins der wichtigsten Bauwerke der Stadt, die historische Verklärungskathedrale wurde bei Angriffen im Juli schwer beschädigt.
Erschwerend hinzukommt, dass auch das aufgekündigte Getreideabkommen zwischen den beiden Kriegsparteien Folgen für die Stadt hat: Seit Russland das Abkommen beendet hat, soll es immer wieder Versuche gegeben haben, die weitere Ausfuhr von wirtschaftlich für die Ukraine wichtigen Gütern durch das Land zu verhindern. Auch deshalb dröhnt durch die Straßen der Stadt in so mancher Nacht Luftalarm.
Alltag trotz Angriffskrieg: Leben in Odessa zwischen Strand und Luftalarm
Ukrainische und internationale Journalistinnen und Journalisten haben dennoch in der Stadt in diesem Jahr wieder Bilder festgehalten, die Menschen beim Baden und Feiern zeigen, beim Versuch, den Krieg zumindest für eine kurze Zeit zu vergessen. Statt internationalen Reisenden wie früher kommen heute vor allem Menschen aus anderen Landesteilen der Ukraine zum Kurzurlaub nach Odessa, sofern sie sie sich den in Kriegszeiten leisten können. Viele andere einst beliebte ukrainische Urlaubsregionen, etwa um Mariupol oder die Krim sind heute von Russland besetzt und ziehen wenn überhaupt russische Badegäste an.
Wie in vielen anderen ukrainischen Städten stehen auch die historischen Bauten in Odessa auf der Liste der gefährdeten Welterbestätten, die die Unesco zuletzt unter besonderen Schutz gestellt hat. Dass trotz des Kriegs Menschen zwischen den alten Gebäuden den Spätsommer genießen, gehört nach den Aufnahmen der Fotografinnen und Fotografen aus Odessa dennoch dazu in Kriegszeiten. (saka)