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Brexit: Parlament wird lahmgelegt - Queen stimmt Plänen Boris Johnsons zu

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Von: Florian Naumann

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Boris Johnson will nun offenbar die Queen um einen Gefallen bitten.
Boris Johnson will nun offenbar die Queen um einen Gefallen bitten. © AFP / VICTORIA JONES

Brexit: Die Queen hat Boris Johnsons zugestimmt - das Unterhaus wird in eine extra-lange Pause geschickt, mitten im Ringen um einen geordneten Brexit.

Update vom 30. Oktober: Die Brexit-Frist wurde auf Ende Januar verschoben, in Großbritannien gibt es am 12. Dezember Neuwahlen. Alle Entwicklungen zum Brexit lesen Sie in unserem aktuellen News-Ticker.

Update 20. Oktober: Der aktuelle Brexit-News-Ticker zur Abstimmung über den Brexit-Deal. 

Update vom 30. August, 6.42 Uhr: Der britische Premierminister Boris Johnson will die Gespräche mit der EU über den Brexit forcieren. Während des ganzen Septembers sollten sich die Unterhändler beider Seiten zwei Mal pro Woche treffen, kündigte Johnson am Donnerstag an. Nur so bestehe die Möglichkeit einer Einigung vor dem angestrebten Austrittsdatum Großbritanniens am 31. Oktober. Notfalls will der konservative Premier sein Land auch ohne Abkommen aus der EU führen.

Johnson will, dass die Europäische Union auf die sogenannte Backstop-Regelung zu Nordirland verzichtet, die Großbritannien auch nach dem Brexit bis auf weiteres in einer Zollunion mit der EU halten würde. Brüssel will das mit Johnsons Vorgängerin Theresa May ausgehandelte Abkommen aber nicht mehr aufschnüren. Es war drei Mal vom britischen Parlament abgelehnt worden.

Update vom 29. August, 11.25 Uhr: Boris Johnson schickt das Unterhaus in eine Zwangspause - nun zürnt das Volk, Parlamentarier planen Gegenmaßnahmen. Droht dem britischen Premier eine „Rebellion“? Alle weiteren Informationen finde Sie in unserem neuen News-Ticker.

Was ist seit dem Brexit-Referendum 2016 passiert? Die wichtigsten Entwicklungen zum Nachlesen

Brexit: Parlament wird lahmgelegt - Queen stimmt Plänen Boris Johnsons zu 

16.45 Uhr: Konfrontiert mit parlamentarischen Manövern gegen einen Brexit ohne Abkommen hat der britische Premierminister Boris Johnson dem Unterhaus eine Zwangspause auferlegt. Die Königin gab seinem Ansinnen am Mittwoch statt.

Johnsons Vorstoß löste große Empörung aus. Viele Abgeordnete sprachen von einem Angriff auf die Demokratie. Eine Petition an das Unterhaus gegen die vorübergehende Aussetzung des Parlaments hatte innerhalb weniger Stunden mehr als 360 000 Unterschriften. Das britische Pfund geriet unter Druck und sank zeitweise unter 1,22 US-Dollar.

Johnsons Problem: Er will den Austritt Großbritanniens aus der EU am 31. Oktober notfalls ohne Austrittsabkommen durchziehen; das will aber eine Mehrheit der Parlamentarier unbedingt verhindern. Mit der Zwangspause sinken die Chancen für die Opposition, ein Gesetz gegen einen No-Deal-Brexit durchzubringen.

Das Parlament kommt nach der Sommerpause nächste Woche erstmals zusammen. Schon in der Woche danach beginnt die viereinhalbwöchige Zwangspause. Am 14. Oktober soll die Queen das neue Regierungsprogramm verlesen.

Es bleibe genügend Zeit für alle nötigen Debatten, schrieb Johnson an alle Abgeordneten. „Wenn es mir gelingt, einen Deal mit der EU auszuhandeln, hat das Parlament die Gelegenheit, das zur Ratifizierung eines solchen Deals nötige Gesetz vor dem 31. Oktober zu verabschieden.“

Brexit: Parlament wird vorerst stillgelegt - Queen stimmt Plänen von Boris Johnson zu 

16.09 Uhr: Nun ist es beschlossene Sache: die Queen stimmt einer vorübergehenden Stilllegung des britischen Parlaments zu, das berichten britische Medien übereinstimmend. Das Parlament soll demnach für fünf Wochen geschlossen bleiben.

Brexit: Johnson will Parlament still legen - doch dazu braucht er die Hilfe der Queen

11.47 Uhr: Der britische Premierminister Boris Johnson hat eine vorübergehende Schließung des Parlaments von Mitte September bis Mitte Oktober beantragt. Das gab der Premier am Mittwoch in London bekannt. Gegner eines No-Deal-Brexits hätten damit kaum eine Chance, einen EU-Austritt Großbritanniens ohne Abkommen am 31. Oktober noch per Gesetz zu stoppen.

Update vom 28. August 2019, 10.42 Uhr: Wird das britische Parlament bald geschlossen? Wie die BBC nun wissen will, soll die britische Regierung unter Premierminister Boris Johnson die Queen offenbar genau um diesen Gefallen bitten. Somit könnten Pläne der Opposition durchkreuzt werden, einen möglichen No-Deal-Brexit doch noch abzuwenden. Dadurch will der britische Premierminister eine Parlamentspause erzwingen. 

Der britische Premierminister Boris Johnson will nach Informationen der BBC vor dem am 31. Oktober geplanten EU-Austritt des Landes eine Parlamentspause erzwingen. Er werde die Königin bitten, die Unterhaus-Sitzungen wenige Tage nach der Rückkehr des Parlaments aus der Sommerpause am nächsten Dienstag vorerst bis zum 14. Oktober zu unterbrechen, berichtete die BBC am Mittwoch. Die Regierung in Downing Street äußerte sich zunächst nicht dazu.

Mit einem solchen Schritt würde Johnson angekündigten Plänen der Oppositionsparteien zuvorkommen. Sie hatten einen Gesetzesvorschlag angekündigt, um einen Brexit ohne Austrittsabkommen zu verhindern. Sie hofften dabei auch auf Unterstützung von Konservativen, die ebenfalls gegen einen EU-Austritt des Landes ohne Deal sind. Für ein solches Gesetz bliebe bei einer Parlamentsunterbrechung aber vor dem 31. Oktober nicht genügend Zeit. Johnson besteht darauf, an dem vorgesehenen Austrittsdatum festzuhalten - mit oder ohne Abkommen.

Nach dem Besuch des türkischen Präsidenten Erdogan bei Kremlchef Wladimir Putin soll sich die Lage in Syrien schon bald „normalisieren“.

Brexit: Druck auf Boris Johnson steigt 

27. August, 18.50 Uhr: In Großbritannien wächst der Druck auf Premierminister Boris Johnson und gegen einen Brexit ohne Abkommen mit der EU. Sechs Oppositionsparteien brachten bei einem Treffen am Dienstag ihre Entschlossenheit zum Ausdruck, einen EU-Austritt ohne entsprechendes Abkommen auf jeden Fall zu verhindern. Sie hätten "produktive und detaillierte" Gespräche geführt, teilten die Parteichefs in einer gemeinsamen Erklärung mit.

Die Teilnehmer des Oppositionstreffens stimmten in der Dringlichkeit überein, gemeinsam "praktische Wege" zur Verhinderung eines "No-Deals" zu finden, "darunter mögliche Gesetzesvorhaben und ein Misstrauensvotum", hieß es in der gemeinsamen Erklärung. Die sozialdemokratische Labour-Partei, die Schottische Nationalpartei, die Liberaldemokraten, die Wales-Partei Plaid Cymru, die Grünen und die EU-freundliche Change UK einigten sich zudem darauf, weitere Treffen abzuhalten.

Labour-Chef und Oppositionsführer Jeremy Corbyn hat für nächste Woche ein Misstrauensvotum gegen Johnson angekündigt. Er werde "alles Notwendige" tun, um einen EU-Austritt ohne Abkommen zu verhindern, schrieb er am Dienstag in einem Gastbeitrag im "Independent". Der Regierungschef "schmeichele" sich bei US-Präsident Donald Trump ein, um ein Freihandelsabkommen nach dem Brexit abzusichern. "Ein Brexit ohne Abkommen ist in Wirklichkeit ein Brexit mit Trump-Abkommen", warnte Corbyn. Ein solcher Vertrag werde "nicht die Souveränität zurückbringen, sondern uns der Gnade Trumps und großer US-Unternehmen ausliefern".

Der Chef der EU-feindlichen Brexit-Partei, Nigel Farage, fordert von Johnson hingegen einen "klaren Schnitt": "Wie die Dinge jetzt stehen, ist kein Abkommen das beste Abkommen."

Brexit: Boris Johnson schiebt nach G7 die Verantwortung für geordneten EU-Austritt den „Freunden“ zu

26. August, 19.02 Uhr: Der britische Premierminister Boris Johnson sieht die Verantwortung für einen geordneten Brexit ausschließlich in Brüssel. Das sagte Johnson am Montag bei einer Pressekonferenz zum Abschluss des G7-Gipfels im französischen Biarritz. Er sei geringfügig optimistischer geworden, was die Chancen auf einen geordneten EU-Austritt angehe. Das hänge aber „ausschließlich von unsere Freunden und Partnern ab“, die Zugeständnisse beim sogenannten Backstop machen müssten. Derzeit gebe es noch „erhebliche Meinungsverschiedenheiten“ mit Brüssel.

Brexit: Will Johnson das Unterhaus schließen? Premier lässt wohl rechtliche Schritte prüfen

25. August, 18.11 Uhr: Der britische Premierminister Boris Johnson hat sich einem Medienbericht zufolge rechtlich dazu beraten lassen, ob er das Unterhaus unter Umständen vor dem Brexit vorübergehend schließen kann. Wie die Sonntagszeitung „The Observer“ berichtete, hat Johnson den britischen Generalstaatsanwalt Geoffrey Cox um Rat gefragt, ob das Parlament vom 9. September an für fünf Wochen geschlossen werden könne. Ihm sei geantwortet worden, dass dies durchaus möglich sei - sofern in der Zwischenzeit nicht vor Gericht erwirkt werde, einen solchen Schritt zu blockieren.

Die Zeitung berief sich auf eine durchgesickerte E-Mail aus Regierungskreisen. Ihren Angaben zufolge könnte es sich um einen Plan handeln, um die Abgeordneten davon abzuhalten, eine weitere Verlängerung beim EU-Austritt zu erzwingen. Offiziell bestätigt wurde das Manöver, das als „prorogation“ (deutsch: Vertagung) bezeichnet wird, bisher nicht.

Das britische Unterhaus kehrt erst am 3. September aus seiner Sommerpause zurück. Der Brexit ist für den 31. Oktober anvisiert, Johnson will sein Land notfalls auch ohne Abkommen an dem Datum aus der Europäischen Union führen. Parlamentspräsident John Bercow hatte zuletzt gesagt, das Parlament könne einen solchen No-Deal-Brexit durchaus stoppen.

„Wir schaffen das“: Johnson fühlt sich nach Merkel-Besuch „ermutigt“

22. August, 15.33 Uhr: Bei seinem Antrittsbesuch in Paris hat Großbritanniens neuer Premierminister Boris Johnson versichert, dass er eine Vereinbarung mit der EU zum Brexit anstrebt. "Ich will ein Abkommen", betonte Johnson am Donnerstag bei einem Treffen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron im Elysée-Palast. Macron zeigte sich gesprächsbereit, wies eine grundlegende Neuverhandlung des bestehenden Austrittsabkommens zwischen der EU und Großbritannien jedoch erneut zurück.

Er wolle "eindeutig klarstellen", dass er ein Abkommen mit der EU schließen wolle, sagte Johnson. Das Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch habe ihn "stark ermutigt", fügte er hinzu.

Johnson hatte bei seinem Treffen mit Merkel am Mittwoch seine Forderung nach einer Streichung der sogenannten Backstop-Regelung im bestehenden Austrittsabkommen bekräftigt. Dieses hatte Johnsons Vorgängerin Theresa May mit der EU ausgehandelt, wurde aber bereits drei Mal vom britischen Parlament abgelehnt. "Der Backstop muss beseitigt werden", wiederholte Johnson in Berlin.

Die Backstop-Regelung soll eine "harte Grenze" mit Kontrollen auf der irischen Insel verhindern. Laut dem vergangenen November vereinbarten Austrittsvertrag würde nach dem Brexit in einer Übergangsphase über eine Lösung verhandelt. Ohne Einigung bis spätestens Ende 2022 würde eine Auffanglösung greifen. Dieser sogenannte Backstop sieht vor, dass Großbritannien bis auf weiteres in einer Zollunion mit der EU bleibt.

Johnson kritisiert die Regelung als "undemokratisch" und als Verletzung der Souveränität Großbritanniens. Die EU hat ein Aufschnüren des bereits mit Großbritannien ausgehandelten Brexit-Abkommens aber wiederholt abgelehnt.

In Paris sagte Johnson, dass technische Lösungen zur Vermeidung neuer Grenzkontrollen zwischen Irland und Nordirland bereits "verfügbar" seien. Als Beispiel nannte er etwa eine elektronische Vor-Verzollung.

Macron erklärte, er sei wie Bundeskanzlerin Merkel zuversichtlich, dass in den kommenden 30 Tagen eine "intelligente" Lösung für die Irland-Grenze gefunden werden könne. Diese dürfe aber "nicht weit von den Grundlagen" des bereits bestehenden Abkommens entfernt sein. Am Vorabend hatte Macron betont, "die Neuverhandlung zu den Bedingungen, wie sie zur Zeit von den Briten vorgeschlagen werden, ist keine Option."

Ein Anderer kritisierte die Bundeskanzlerin scharf: Der Starökonom Paul Krugman sagte über die Politik Merkels: „Die Welt hat ein Deutschland-Problem“.

„Wir schaffen das“: Johnson fühlt sich nach Merkel-Besuch „ermutigt“

Update 22. August 2019, 14.45 Uhr: Großbritanniens Premierminister Boris Johnson hat betont, dass er eine Einigung für den Austritt seines Landes aus der Europäischen Union erzielen wolle. „Ich möchte ein Abkommen“, sagte Johnson bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem französischen Staatschef Emmanuel Macron am Donnerstag in Paris. Er sei durch sein Treffen mit Merkel „sehr ermutigt“ worden und denke, dass eine gute Einigung möglich sei, sagte Johnson.

Frankreichs Staatschef Macron erteilte einer Neuverhandlung des Austrittsabkommens erneut eine Absage. Neben dem britischen EU-Austritt sollen der G7-Gipfel, der am Samstag im französischen Badeort Biarritz beginnt, die Irankrise und der Syrienkonflikt auf der Agenda stehen.

Johnson und Merkel gegen Wiederaufnahme von Russland in G8

22.12 Uhr: Kanzlerin Angela Merkel und der britische Premierminister Boris Johnson halten es derzeit nicht für angebracht, dass Russland wieder in den Kreis der führenden Industrienationen aufgenommen wird. Merkel sagte am Mittwochabend in Berlin beim Antrittsbesuch von Johnson, es habe zwar mit Präsident Wladimir Putin leichte Bewegungen gegeben - etwa bei der Umsetzung des Minsker Prozesses für die Ukraine. Doch Stand heute sei man noch nicht weit genug vorangekommen. Wenn es mehr Bewegung gebe, müsse man allerdings darüber nachdenken.

Johnson verwies auf Provokationen Russlands weltweit, nicht nur in der Ukraine, auch anderswo. Daher sei die Zeit noch nicht gekommen, dass man überzeugend sagen könnte, Russland müsse wieder in den Kreis der führenden Industrienationen.

Damit positionierten sich beide anders als US-Präsident Donald Trump, der sich wenige Tage vor dem G7-Gipfel im französischen Biarritz erneut für eine Wiederaufnahme Russlands in die Gruppe führender Industrienationen ausgesprochen hatte. Es war zunächst erwartet worden, dass Johnson die Position Trumps in Biarritz unterstützen wollte.

„Wir schaffen das“ - Macht sich Johnson bei Besuch über Merkel lustig?

Boris Johnson und Merkel bei der Pressekonferenz.
Boris Johnson und Merkel bei der Pressekonferenz. © dpa / Bernd Von Jutrczenka

19.26 Uhr: Beim Antrittsbesuch des neuen britischen Premierministers Boris Johnson hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) von Großbritannien konkrete Vorschläge dafür gefordert, wie das Grenzproblem zwischen Irland und dem zu Großbritannien gehörenden Nordirland beim bevorstehenden Brexit gelöst werden kann. "Großbritannien sollte uns auch sagen, welche Vorstellungen es hat", sagte Merkel am Mittwochabend in Berlin.

Es sei "nicht die Kernaufgabe einer deutschen Bundeskanzlerin", die Verhältnisse zwischen Irland und Nordirland zu kennen sowie die damit verbundenen Empfindlichkeiten, "deshalb hören wir als Erstes auf die Vorschläge Großbritanniens", sagte die Kanzlerin. Merkel bekräftigte zugleich, sie sehe "Möglichkeiten", dass durch die "Gestaltung der künftigen Beziehungen" dieser Punkt sattelfest gemacht werden könne. "Der Rest ist Arbeit."

Johnson bekräftigte hingegen seine Forderung nach einer Streichung der sogenannten Backstop-Regelung im Austrittsabkommen. "Der Backstop muss beseitigt werden", sagte er bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Merkel. Die Regelung weise "große, große Mängel" auf, er glaube aber, dass es "große Möglichkeiten gibt, ein Abkommen zu treffen".

Die Backstop-Regelung sieht vor, dass Großbritannien nach dem Ausscheiden aus der Europäischen Union so lange in einer Zollunion mit der EU verknüpft bleibt, bis eine Lösung für das Grenzproblem zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem zu Großbritannien gehörenden Nordirland gefunden wird. Johnson lehnt die Backstop-Klausel ab.

„Wir schaffen das“ - Macht sich Johnson bei Besuch über Merkel lustig?

19.08 Uhr: Bundeskanzler Angela Merkel (CDU) hält eine Lösung des Irland-Problems bis zum geplanten EU-Austritt Großbritanniens Ende Oktober für möglich. Der sogenannte Backstop sei nur als Übergangsregel für die nicht endgültig gelöste Irland-Frage gedacht gewesen, sagte Merkel am Mittwoch in Berlin bei einem Treffen mit Großbritanniens Premierminister Boris Johnson. Man sei bislang davon ausgegangen, eine endgültige Lösung in den nächsten zwei Jahren zu finden. „Aber man kann sie vielleicht ja auch in den nächsten 30 Tagen finden. Warum nicht? Dann sind wir ein ganzes Stück weiter“, sagte Merkel.

Johnson betonte erneut: „Der Backstop weist große, große Mängel auf für ein souveränes, demokratisches Land wie das Vereinigte Königreich. Er muss einfach gestrichen werden.“ Johnson betonte, dass auch Großbritannien einen „verhandelten Austritt“ aus der EU und keinen ungeregelten Brexit wolle. „Wir schaffen das“, fügte er in Anspielung auf einen Satz Merkels in der Flüchtlingskrise hinzu.

Der Backstop sieht vor, dass Großbritannien so lange Teil einer Zollunion mit der EU bleiben soll, bis eine andere Lösung gefunden ist, die Kontrollen überflüssig macht. Für Nordirland sollen zudem teilweise Regeln des Europäischen Binnenmarkts gelten. Die Brexit-Hardliner in Johnsons Tory-Partei fürchten, dass Großbritannien durch den Backstop dauerhaft eng an die EU gebunden bleiben könnte. Eine eigenständige Handelspolitik wäre so unmöglich.

Britischer Premierminister Boris Johnson zu Gast bei Merkel

18.07 Uhr: Der neue britische Premierminister Boris Johnson ist am Mittwoch von Kanzlerin Angela Merkel im Berliner Kanzleramt zu einem Antrittsbesuch empfangen worden. Das Treffen findet vor dem Hintergrund der festgefahrenen Verhandlungen über den Austritt Großbritanniens aus der EU statt. Merkel und Johnson saßen während der Zeremonie zeitweise.

Der als unnachgiebiger Brexit-Verfechter geltende Johnson war am Dienstag mit einer neuen diplomatischen Offensive zur Änderung des Ausstiegsvertrags in der EU und bei Merkel auf Ablehnung gestoßen. Johnson hatte abermals die Streichung der vereinbarten Garantieklausel für eine offene Grenze in Irland gefordert.

Merkel lehnt Neuverhandlungen über den Austrittsvertrag strikt ab. Mit Blick auf die Grenzfrage zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Staat Irland hatte sie bei einem Island-Besuch am Dienstag gesagt: „Wir werden natürlich über praktische Lösungen nachdenken.“ Am Mittwoch ergänzte die Kanzlerin, sie wolle mit Johnson darüber reden, wie ein „möglichst friktionsfreier“ Austritt Großbritanniens aus der EU erreicht werden kann. „Wir müssen um unser Wirtschaftswachstum kämpfen.“

Am Donnerstag will Johnson in Paris den französischen Präsidenten Emmanuel Macron treffen. Im Poker um den britischen EU-Austritt gilt Macron als Hardliner. Merkel und Macron dürften mit Johnson auch über den G7-Gipfel sprechen, der am Samstag im französischen Badeort Biarritz beginnt. Dort werden sich die Drei wiedertreffen.

Vor Johnsons Besuch warnt Merkel: „Wir müssen um unser Wirtschaftswachstum kämpfen“

15.25 Uhr: Angela Merkel will mit Boris Johnson über den Brexit reden. Wenn der britische Premierminister am Mittwochnachmittag zu Gast bei der Kanzlerin sei, wolle sie mit ihm über einen „möglichst friktionsfreien“ Austritt aus der EU sprechen. Das sagte Merkel am Mittwoch bei der Nationalen Luftfahrtkonferenz am Flughafen Leipzig/Halle. 

Die CDU-Politikerin verwies in diesem Zusammenhang auf die Abkühlung der Wirtschaft, auch durch internationale Handelskonflikte und den Brexit: „Wir müssen um unser Wirtschaftswachstum kämpfen.“

Johnson besucht Merkel: Brexit-Warnung - „Deutschland drohen riesige Verluste“

Update vom 21. August, 10.07 Uhr: Bereits im Vorfeld des Besuchs des frisch gebackenen Premierministers Boris Johnson in Berlin, hat Angela Merkel ihm eine Absage erteilt. Unmittelbar vor dem Antrittsbesuch am späteren Mittwochnachmittag in Berlin erklärte die Bundeskanzlerin, dass es Nachverhandlungen des Austrittsabkommens mit der EU geben werde. 

„Wir werden natürlich über praktische Lösungen nachdenken“, sagte die Kanzlerin weiter. Johnson provozierte hingegen am Dienstagabend im BBC-Interview. Die Ablehnung der EU auf seine Änderungswünsche führte Johnson auf die falsche Hoffnung zurück, dass das britische Parlament einen No-Deal-Brexit verhindern werde. Dieses Missverständnis wolle er in Berlin, Paris und auf dem G7-Gipfel in Biarritz klarstellen. 

No-Deal-Brexit-Warnungen: Die Handelskammer appelliert an Merkel und Johnson 

Die britische Handelskammer in Deutschland warnte Johnson vor einem ungeregelten Brexit. Die Stimmung in den Unternehmen sei „äußert schlecht“, weil man in der Wirtschaft einen chaotischen EU-Austritt erwarte. Geschäftsführer Andreas Meyer-Schwickerath argumentierte weiter, die EU und Großbritannien müssten eine Lösung finden. „Wenn ein No Deal kommt, dann ist die britische, aber auch die deutsche Industrie sehr betroffen. Wir haben das fünftgrößte Handelsvolumen weltweit mit Großbritannien, das bedeutet für Deutschland riesige potenzielle Verluste.“

Brexit-Warnung: Boris Johnson pokert mit hohem Einsatz

Kritik an Johnson kommt auch aus der heimischen Presse. Die britische Times wirft dem Premier vor, hoch zu pokern: „Ein EU-Austritt ohne Abkommen könnte sogar dazu führen, dass erneut eine harte Grenze zu Irland errichtet wird. Der Premierminister pokert also mit hohem Einsatz“, heißt es in einem Kommentar. Sollte Johnson seine Amtskollegen auf europäischer Ebene nicht ausstechen können, müsse sich Großbritannien „auf einen holprigen Brexit und auf eine baldige Neuwahl“ einstellen. 

„Feuerwerk“ im Kanzleramt? Was Boris Johnson bei Angela Merkel vorhat

Erstmeldung vom 20. August 2019: Berlin - Am Mittwoch steht im Kanzleramt einmal mehr das Dauerthema Brexit im Fokus: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) empfängt „am späteren Nachmittag“ erstmals Großbritanniens neuen Premier Boris Johnson in Berlin.

Das Treffen zwischen der stets nüchtern auftretenden Kanzlerin und der vergleichsweise schillernden Figur Johnson könnte für interessante Bilder sorgen. Dass es auch einen Durchbruch in Sachen Brexit bringt, scheint aber mindestens fraglich. Denn die Fronten zwischen den verbleibenden EU-Staaten und dem Vereinigten Königreich sind seit Monaten verhärtet. Und Merkel dämpfte indirekt schon bei ihrer Island-Reise am Dienstag Hoffnungen auf ein Entgegenkommen ihrerseits.

Merkel trifft Johnson - und erteilt dem Brexit-Premier schon vorab eine erste Absage

Denn neuerlichen Forderungen Johnsons nach Neuverhandlungen über das Austrittsabkommen erteilte sie eine kaum verklausulierte Absage. Natürlich wolle man über praktische Lösungen etwa mit Blick auf den Zankapfel „Backstop“ nachdenken, sagte sie in Reykjavik. Tatsächlich seien die auch in kurzer Zeit zu finden - „aber dazu müssen wir das Austrittsabkommen nicht aufmachen“, beschied die Kanzlerin.

Ihre Stoßrichtung: Der Backstop, die harte Grenze zwischen Irland und Nordirland solle einfach unnötig gemacht werden. „In dem Moment, wo wir eine praktische Regelung haben, wie wir das Good-Friday-Agreement (Friedensabkommen mit Nordirland) einhalten können, und trotzdem die Grenze des Binnenmarktes (...) definieren können, brauchen wir den Backstop nicht mehr“, sagte Merkel.

Vor Merkel-Treffen in Berlin: Johnson beißt mit Brief an die EU auf Granit

Johnson hatte zuvor mit einem mehrseitigen Brief an EU-Ratschef Donald Tusk einen neuen Anlauf unternommen, die Europäische Union zu neuen Verhandlungen zu bewegen - erfolglos. Der Backstop sei "undemokratisch" und verletzte Großbritanniens Souveränität, schrieb der Premierminister. Außerdem würde ein vorübergehender Verbleib in der Zollunion es dem Vereinigten Königreich unmöglich machen, eine eigenständige Handelspolitik zu fahren.

Die EU wies die Kritik Johnsons einmal mehr zurück. Johnson habe in seinem Brief an die EU-Spitzen keine realistische Alternative zur sogenannten Backstop-Regelung vorgeschlagen, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission am Dienstag in Brüssel. Das Schreiben biete „keine legale und umsetzbare Lösung an, um eine Rückkehr zu einer harten Grenze auf der irischen Insel zu verhindern“.

Beobachter vermuten angesichts der Wortwahl des Premiers, Johnson habe es eher auf ein „Feuerwerk“ als auf eine Annäherung mit den EU-Partnern abgesehen. Denn es ist kein Geheimnis, dass eine baldige Parlamentswahl in Großbritannien unausweichlich ist. Johnsons hat im britischen Unterhaus nur noch eine Mehrheit von einer Stimme. Ob er sich mit seiner Drohung, das Land notfalls ohne Abkommen aus der EU zu führen, im Parlament durchsetzen könnte, ist umstritten. Seine Reisen nach Berlin und Paris werden daher vor allem als Teil einer Wahlkampfkampagne verstanden.

Johnson wagt sich auf Europa-Tour: Nach Merkel besucht er auch Macron 

Sollte Johnson die Konfrontation suchen, dürfte er in Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron einen weitaus willigeren Sparringspartner haben. Macron lud den exzentrischen Premier aus London zwar schon im Juli nach Frankreich ein. Doch im Poker um den britischen EU-Austritt gilt der 41 Jahre alte Herr des Élysée-Palastes als Hardliner. Er sprach sich mehrfach gegen einen langen Aufschub des Brexits aus und will keine Veränderungen im vereinbarten Austrittsvertrag hinnehmen.

Gleichzeitig gibt Macron immer wieder zu verstehen, dass die beiden europäischen Vetomächte im UN-Sicherheitsrat auch nach dem Brexit zusammenarbeiten werden. Themen in Paris sind am Donnerstag deshalb auch der G7-Gipfel, der am Samstag im französischen Badeort Biarritz beginnt, die Iran-Krise und der Syrien-Konflikt.

Brexit-Spott: Niederländer wollen Briten zum Abschied winken

Spott kam am Dienstag aus Holland: Wenn die Briten am 31. Oktober die Europäische Union verlassen, wollen ihnen viele Niederländer vom anderen Ufer der Nordsee ein freundliches Goodbye zuwinken. An einer Brexit-Party im Badeort Wijk aan Zee unweit von Amsterdam bekundeten bis Dienstagmittag auf Facebook mehr 54.000 Nutzer Interesse; mehr als 7200 gaben an, mitmachen zu wollen. „Das soll ein schöner Abschied von einem guten Freund werden, der sich auf ein spannendes, aber vielleicht nicht besonders schlaues Abenteuer einlässt“, sagte der Initiator Ron Toekook (52) der niederländischen Nachrichtenagentur ANP.

Bei der Party unter dem Motto „Gezellig op het strand de Brexit kijken“ (etwa: „Gemütlich am Strand dem Brexit zuschauen“) soll es Spezialitäten aus EU-Ländern geben - etwa holländische Fritten, französischen Wein und deutsches Bier. Für eine passende Musikauswahl gab es auf Facebook bereits etliche Vorschläge - darunter „Go Your Own Way“ von Fleetwood Mac, „I Want To Break Free“ von Queen, „London Calling“ von The Clash und „Hello“ von Adele mit der Liedzeile „Hello from the other side“.

Den Briten droht unterdessen das Ende weiterer Gewissheiten - etwa ihres gewohnten Zweiparteien-Systems, wie Merkur.de* analysiert. Unterstützer für seinen kompromisslosen Brexit-Kurs hat Johnson unterdessen in der US-Regierung gefunden.

Der Oberste Gerichtshof in Großbritannien verkündet sein Urteil über die Zwangspause des Parlaments. An der Entscheidung hängt indirekt auch Boris Johnsons Posten.

Das Gesetz brechen, zurücktreten oder provozieren: Viele Optionen hat der Premier Boris Johnson nicht mehr, wenn er sein Versprechen einhalten will, Großbritannien zum 31. Oktober aus der EU zu führen.

Kurz vor dem Auslaufen der Brexit-Frist besteht die Chance auf den Durchbruch. Ein TV-Sender greift derweil zu einer drastischen Maßnahme.

fn (mit AFP und dpa)

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