Bundestag-Schwänzer: Diese Promi-Abgeordneten fehlen besonders oft - manche, des Geldes wegen

Bei den Abwesenheiten von Politikern ist es wie im Büro. Mancher hat eine schwache Gesundheit - einige Volksvertreter haben aber einfach Besseres zu tun: mehr Geld verdienen.
Berlin - Seit der letzten Bundestagswahl hat es 105 Sitzungstage gegeben. Das bedeutet: 105 Mal Anwesenheitspflicht für die 709 Bundestagsabgeordneten. Dass immer alle da wären, davon kann aber nicht die Rede sein. Im Gegenteil, manchmal wirkt das Plenum gespenstisch leer.
Wo sind die alle, hat sich die Bild am Sonntag gefragt, die Sitzungsprotokolle analysiert und herausgefunden, wer am meisten bummelt und in welcher Fraktion die Abwesenheitsquote besonders hoch ist. Einige bekannte Gesichter sind dabei - manche hatten triftige Gründe, die Entschuldigungen anderer sind aber ziemlich lahm.
Abwesend im Bundestag: Wer fehlt, dem werden 100 Euro abgezogen
4418 Euro pro Monat erhalten Abgeordnete, damit sie das Volk vertreten und Gesetze verhandeln. Fehlt jemand bei Bundestagssitzungen unentschuldigt, werden ihm 200 Euro pro Tag abgezogen. Entschuldigt er sich, sind es 100 Euro, hat er ein Attest, sind es 20 Euro.
Doch selbst kulante Arbeitgeber wirken streng gegenüber dem System des Bundestags: Grundsätzlich sind nämlich keine Begründungen oder Atteste nötig. Ein formloses Fax an den Bundestagspräsidenten reicht aus.
Wer hat besonders viele Faxe in dieser Angelegenheit an den Bundestagspräsidenten geschickt? Die Bild hat schwere Erkrankungen wie Krebs oder Schlaganfall, sowie Mutterschutz aussortiert und die größten Bummler mit ihrer Quote konfrontiert.
Auffällig: Viele Abwesenheiten im Bundestag sind freitags
Richtung Wochenende nehmen die Fehlzeiten kontinuierlich zu. Montag ist sitzungsfrei, dienstags fehlen durchschnittlich 22 Abgeordnete, mittwochs 27, an Donnerstagen 31, freitags 48. Dabei sind überhaupt nur 20 von 52 Wochen im Jahr Sitzungswochen - in der restlichen Zeit sollen Abgeordnete in ihren Wahlkreisen unterwegs sein.
Welche Fraktion „glänzt“ mit besonders vielen Abwesenheiten? Hier wird es haarig. Geht man anteilig nach Prozenten, liegt die Linke mit einer Abwesenheitsquote von 7,6% pro Sitzung vorne, gefolgt von der SPD (5,6%), AfD (5,3%), FDP (4,9%), Grüne (4,6%) und CDU/CSU (3,5%).
Real bedeutet das aber, dass pro Sitzung bei CDU/CSU und SPD mehr als 8 Abgeordnete fehlen, bei der Linken mehr als fünf, bei der AfD rund fünf, bei der FDP etwa vier. Nur die Grünen bleiben konstant am unteren Ende mit etwa drei Fehlmeldungen pro Sitzung.
Bundestagsabgeordnete: Das sind die Promi-Bummler
Außen-Staatsministerin Michelle Müntefering (SPD) ist Bummelkönigin mit 45 Fehltagen. Laut Bild heißt es aus ihrem Büro, dass sie eigentlich doch öfter dagewesen sei, aber vergessen habe, sich in die Anwesenheitsliste einzutragen. Genaue Zahlen fehlten aber, heißt es bei der Bild. Als weiteren Grund nennt sich ihre Verpflichtungen als Staatsministerin. Tatsächlich kommen aber die andere Staatsminister auf nicht halb so viele Fehltage, und sogar ihr Chef, Außenminister Heiko Maas, fehlte lediglich 20 Tage, trotz seiner Dienstreisen.

Sigmar Gabriel (SPD) - 36 Fehltage - hat sich nach der Wahl (und der Schlappe für die SPD) immer mehr aus der Politik zurückgezogen sagt, er habe sich neu orientieren müssen. Heißt: Die Lesereise zu seinem neuen Buch ging vor wie auch sein Lehrauftrag an der amerikanischen Universität Harvard. Er hat angekündigt, sich im Herbst aus dem Bundestag zurückziehen zu wollen. Gabriel, ein Volksvertreter im Vorruhestands-Modus.
Abwesenheit im Bundestag für gut bezahlte Vorträge
Waldemar Herdt (AfD) fehlte an 24 Sitzungstagen, um zu reisen: Mongolei, Israel, Russland, Genf, Moskau, New York und Katar - glaubt man seinen Aussagen, dann alles im Dienste der Fraktion, um die „multilateralen Beziehungen Deutschlands mit anderen Staaten zu stärken und zu erweitern“. 17 Mal meldete er sich deswegen ab, die anderen sieben Mal sei er krank gewesen.
Die Liste ist noch länger: der ehemalige Kanzlerkandidat Martin Schulz (SPD) hat 23 Fehltage. Aus seinem Büro heißt es krankheitsbedingt. Doch der Bild fiel auf: Auffällig viele Freitage sind dabei und einmal habe er wohl lieber einen Vortrag der Honorarstufe 3 gehalten - das heißt mit einer Entlohnung von 7000 bis 15 000 Euro.

Ähnlich verhält es sich mit Gregor Gysi (Die Linke), 21 Fehltage. Zweimal sei er doch noch da gewesen, heißt es aus dem Büro. Ansonsten führt er hauptsächlich berufliche und politische Termine an. Darunter fallen laut Bild wohl auch drei Lesungen für sein Buch und ein bezahlter Vortrag bei einem Handwerkerkongress.
Hermann Otto Solms (FDP) war an den meisten seiner 21 Fehltage in ehrenamtlicher Tätigkeit unterwegs. Für vieles andere hat der Alterspräsident aber auch noch Zeit: Er sitzt im Beirat der Deutschen Vermögensberatung für ein Zusatzhonorar von 15 000 bis 30 000 Euro und er ist Aufsichtsratsvorsitzender des Flugzeugbauers Piper. Für die Hauptversammlung der Firma ließ Solms eine Sitzung sausen.
sob