Am Dienstag will die Vorsitzende der Linken im Bundestag, Sahra Wagenknecht, das Projekt „Aufstehen“ vorstellen. Dessen Ziel ist es, linke Wähler zu erreichen, die sich von den klassischen Parteien abgewendet haben.
6.50 Uhr: Vor gut einer Woche geschah in Chemnitz das Verbrechen, das Deutschland seitdem in Atem hält versetzt: Familienvater Daniel H. (35) wurde auf dem Chemnitzer Stadtfest tödlich verletzt, tatverdächtig sind ein Syrer und ein Iraker. Daniel H.s Tod führte zu Nazi-Aufmärschen und Gegendemonstrationen in der sächsischen Stadt, bei denen es teils zu Ausschreitungen und Verletzten kam.
Reporter von stern.de haben am Tatort einen Mann getroffen, der berichtet, er sei ein guter Freund von Daniel H. gewesen. Der 31-Jährige, der anonym bleiben will, sagt: "Ich weiß, was Daniel für ein Mensch war. Daniel hätte es zum Kotzen gefunden, was beide Seiten jetzt miteinander abziehen.“ Sowohl Rechte als auch Linke würden den Tod seines Freundes für sich instrumentalisieren, findet der Mann. Daniel H. beschreibt er als weltoffenen, toleranten Menschen mit einem sehr heterogenen Freundeskreis: "Daniel hatte Freunde bei der Antifa und er hatte Freunde auf der rechten Seite. Daniel kannte Menschen aus der neutralen Szene, aus der Rockerszene. Er hat überall Menschen gekannt, aber er war immer loyal und treu zu sich selbst.“ Sein Freund habe andere Menschen stets respektiert - egal, welche Hautfarbe oder Einstellungen sie gehabt hätten. Es gehe nun darum, "sich an die Hand zu nehmen, anstatt sich rumzukloppen oder sich gegenseitig Hassparolen in die Fresse zu hauen.“. Sein Appell: "Menschen wie Du und ich müssen auf die Straße gehen. Komplett unparteiisch. Einfach protestieren, aber gewaltfrei.“
6.11 Uhr: Nach den Demonstrationen vom Wochenende ist die Nacht zu Montag in Chemnitz nach Angaben der Polizei ruhig geblieben. Es sei zu keinen Straftaten gekommen, die mit den Demonstrationen und Ereignissen der vergangenen Woche in Verbindung stehen, sagte eine Sprecherin der Polizei am frühen Morgen. Wie sich die Lage am Montagnachmittag entwickeln wird, sei noch völlig unüberschaubar.
Am Nachmittag erwartet Chemnitz die nächste Großveranstaltung: Unter dem Motto „#wir sind mehr“ steigt ein Gratis-Konzert gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt. Man könne nicht genau vorhersagen, wie viele Menschen zu dem Konzert nach Chemnitz kommen werden, sagte die Sprecherin. Angesichts der vielen Anmeldungen in sozialen Netzwerken könne man aber von einigen Zehntausend Besuchern ausgehen. Bei dem Konzert um 17 Uhr spielen Bands wie Kraftklub, Die Toten Hosen oder Rapper wie Marteria oder Trettmann.
Montag, 3. September, 4.30 Uhr: Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther hat sich gegen eine Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz ausgesprochen. Dies würde dazu führen, dass die Partei in eine „Märtyrerrolle“ falle, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag). „Weder steht das dieser Partei zu, noch wäre dies hilfreich in der Auseinandersetzung mit radikalen politischen Kräften, gleich ob rechts- oder linksradikal.“
Nach der AfD-Beteiligung an fremdenfeindlichen Demonstrationen in Chemnitz waren aus den Reihen von CDU, SPD und Grünen Rufe nach einer stärkeren Beobachtung der rechtspopulistischen Partei lauter geworden. Allerdings sieht Innenminister Horst Seehofer (CSU) aktuell keine Grundlage für eine flächendeckende Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz.
„In Schleswig Holstein setzt der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel gegen eine politische Partei oder Gruppierung eine „aktiv kämpferische Haltung“ gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung voraus“, sagte Günther. Und das sei auch gut so. Jeder Demokrat sei aufgerufen, „die politische Auseinandersetzung mit der AfD zu suchen“. Sein Parteikollege Thomas Strobl, Innenminister in Baden-Württemberg, sagte der „Augsburger Allgemeinen“ (Montag), die Vorgänge in Chemnitz zeigten noch einmal sehr deutlich, „dass der Verfassungsschutz zumindest weiter ein sehr scharfes Auge auf die AfD haben muss - unabhängig von der Frage, ob diese Partei formales Beobachtungsobjekt ist oder wird“.
19.50 Uhr: Die Ausschreitungen von Chemnitz und die erschreckenden Bilder gehen um die Welt. So reagiert die ausländische Presse:
New York Times (USA): „Chemnitz Proteste zeigen die neue Stärke von Rechtsaußen - Die rechtspopulistische AfD gewinnt Macht im Parlament – ein weiterer Schock für das System – und sie lässt wütende Sätze, die vorher nicht laut ausgesprochen worden wären, zu Mainstream werden. Angesichts dieser jetzt durchsetzungsfähigen Rechtsaußen ist Chemnitz ein Test für die Autorität des Staates geworden.“
CNN (USA): „Die Gewalt eines Mobs betäubt Deutschland und offenbart tiefe Konfliktlinien bezüglich Migration.“
Neue Zürcher Zeitung (Schweiz): „Chemnitz und die verlorenen Bürger - Viele Deutsche scheinen auf die Stellungnahme der Regierung und die Medienberichte zu Chemnitz verletzt zu reagieren. Für sie findet eine Verdrehung der Wahrheit statt: Chemnitz, die Stadt der Opfer, werde zur Stadt der Täter gemacht. Eine Partei bestärkt sie in diesem Eindruck. “
Tages-Anzeiger (Schweiz): „Angriffe von Rechtsextremen auf Ausländer sind in Deutschlands Osten schrecklich alltäglich. In kleinen sächsischen Städten wie Freital, Heidenau, Clausnitz oder Bautzen hat es in den vergangenen zwei Jahren ebenfalls pogromhafte Jagden gegeben wie nun in Chemnitz.“
Der Standard (Österreich) kommentiert: „Rechte Unruhen in Chemnitz: Die große Ratlosigkeit - Chemnitz könnte für Deutschland eine Zeitenwende bringen. Wohin der Wind sich dreht, ist noch nicht absehbar. Klar ist aber, dass Angela Merkel drei Jahre nach ihrem berühmten Satz wieder einen großen Brocken vor sich hat, den sie erst einmal schaffen muss.“
El País (Spanien): „Die Ultrarechte hält die Spaltung in Deutschland aufrecht“
18.59 Uhr:Chemnitz stand am Wochenende ganz im Zeichen rechter Demos und des Gegenprotestes: Am Samstag marschierten nach Polizeiangaben 8000 Anhänger von AfD, Pegida und dem Bündnis Pro Chemnitz durch die Stadt. An der Gegenveranstaltung nahmen 3000 Menschen teil. Zu weiteren Demos gegen Rechts kamen am Sonntag etwas weniger als 1000 Menschen. Die Veranstaltungen verliefen weitgehend friedlich.
Eine Großkundgebung unter dem Motto "Herz statt Hetze" richtete sich gegen die fremdenfeindlichen Ausschreitungen, zu denen es in Chemnitz nach dem gewaltsamen Tod eines 35-Jährigen gekommen war. Daran nahmen auch SPD-Vizechefin Manuela Schwesig, Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch und die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock teil.
Mehr als zwei Stunden nach Beginn dieser Demonstration versammelten sich die AfD-Anhänger. Diesem Marsch schlossen sich Teilnehmer einer Demonstration der rechten Organisation Pro Chemnitz an. AfD-Politiker aus mehreren Landesverbänden waren vor Ort, darunter die AfD-Landesvorsitzenden von Thüringen, Sachsen und Brandenburg, Björn Höcke, Jörg Urban und Andreas Kalbitz.
Auch die fremdenfeindliche Pegida-Bewegung schloss sich der Kundgebung an. In dem Aufruf zu dem sogenannten Trauermarsch hieß es, es solle "um die Toten und Opfer der illegalen Migrationspolitik" in Deutschland getrauert werden.
17.41 Uhr: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat in Chemnitz zu Zusammenhalt aufgerufen. „Das ist ein freundliches und friedliches Land, die Mehrheit steht für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“, sagte der CDU-Politiker am Sonntag vor dem Rathaus der sächsischen Stadt. Dort versammelten sich Hunderte zu einer Kundgebung der evangelischen Kirche. Es gebe ein breites Engagement seitens der Politik und in der Gesellschaft für Sicherheit, Ordnung und den Schutz derer, die angegriffen werden. „Die Menschen engagieren sich, wir gehen die Aufgaben beherzt an“, sagte der Ministerpräsident.
Kretschmer dankte der Polizei, die am Samstag mit „beherztem Eingreifen“ das Gewaltmonopol des Staates gezeigt habe. „Für mich sind Rechtsextremisten die größten Feinde der Demokratie.“ Er wisse um ein breites Bündnis dagegen. „Es gibt eine andere Stimmung hier und in Deutschland.“ Es gelte deutlich zu machen, wo die Mehrheit ist. Er warb für einen Dialog auch über kritische Themen, in Anstand und Ruhe. „Wir brauchen Differenzierungen statt Pauschalisierung.“
16.37 Uhr: Am Samstag berichtete der SPD-Abgeordnete Sören Bartol von einem Nazi-Angriff auf ihn und seine SPD-Mitstreiter. Die Gruppe von SPD- und Juso-Mitgliedern aus Bartols Wahlkreis war von Unbekannten attackiert worden. Nun hat sich Gerog Simonsky, der für das Marburger Wahlkreisbüro des SPD-Bundestagsabgeordneten arbeitet, gegenüber Focus zu dem Angriff geäußert: „Es wirkte schon wie ein Hinterhalt, weil diese Gruppe so plötzlich auf uns zugelaufen kam. als wir die Zschopauerstraße lang gingen, eine Hauptstraße.
„Etwa 15 bis 20 Männer mit Schlagwerkzeugen kamen hinter parkenden Autos hervor auf uns zugestürmt“, erzählt Simonsky. Der Angriff habe aber nur etwa eine Minute gedauert: „Deswegen hatten wir auch keine Chance, das zu filmen oder Fotos zu machen.“ „Sie haben uns gefragt, was für Fahnen wir dabei hätten, und als wir sagten, es seien SPD- und Juso-Fahnen, fielen Beleidigungen wie ‚Deutschland-Verräter‘“, beschreibt Simonsky. „Von daher war schon klar, aus welcher politischen Ecke die kamen.“ Drei bis vier Menschen aus ihrer Gruppe seien verletzt worden, so Simonsky. „Ich hoffe, dass das jetzt einigen Leuten die Augen öffnet, wie gefährlich die Situation ist“, fügt er hinzu.
16.28 Uhr: Am Montag wird es in Chemnitz ein Konzert unter dem Motto „#wirsindmehr‘. Dabei wird auch die umstrittene Punkrock-Band „Feine Sahne Fischfilet“ auftreten. Nun macht sogar Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Werbung für das Konzert - und sorgt damit für Aufsehen.
16.20 Uhr:
Siemens-Chef Joe Kaeser sieht durch die Vorfälle in Chemnitz das Ansehen Deutschlands in der Welt beschädigt. "Wir exportieren in Deutschland nicht nur Produkte, sondern auch Werte. Wir tragen eine besondere Verantwortung wegen unserer Geschichte, das dürfen wir nicht vergessen", sagte Kaeser den Zeitungen des Redaktionsnetzwerkes Deutschland (Montagsausgaben). "Vorfälle wie die in Chemnitz schaden dem deutschen Ansehen in der Welt. Da gibt es kein Vertun."
Der Konzernchef fürchtet auch direkte Auswirkungen für Siemens im Wettbewerb um Fachkräfte. Dies sei "ein Thema, das man ernst nehmen muss", sagte Kaeser dem RND. "Wir haben über 378.000 Kollegen weltweit und fast 130.000 in Deutschland. Alle diese Mitarbeiter müssen sich wohlfühlen, egal welcher Herkunft sie sind." Die Vielfalt der Mitarbeiter sei ein Teil der Stärke des Unternehmens. "Deswegen müssen wir Werte wie Offenheit und Toleranz auch in eigenem Interesse fördern."
14.30 Uhr: Die Polizei hat die Zahlen zu Samstag konkretisiert: Insgesamt 11.000 Anhänger der rechten Szene und Gegendemonstranten sind am Samstag in Chemnitz auf die Straße gegangen. An der Demonstration "Herz statt Hetze" nahmen nach Polizeiangaben rund 3000 Menschen teil,an der Kundgebung der Rechten rund 8000. Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) sprach von einem weitgehend friedlichen Verlauf. Es gab 18 Verletzte.
Die Polizei war nach den neuen Angaben vom Sonntag mit 2000 Kräfte im Einsatz. Von den 18 Verletzten waren drei Polizisten. Am Sonntagmittag lagen ihr Polizei 37 Strafanzeigen vor, vor allem wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung und Straftaten nach dem Versammlungsgesetz. Diese Zahl könne noch steigen, erklärte die Polizei. Für sie gelte es nun, rasch zu ermitteln, insbesondere den Angriff auf die Gruppe des SPD-Bundestagsabgeordneten Sören Bartol.
12.30 Uhr: München ist das Anti-Chemnitz. Das hat sich am Sonntagmorgen gezeigt, wie merkur.de* berichtet. Sieben NPD-Leute waren von über hundert Gegendemonstranten umringt. Die NPD hat mehr Fahnen als Menschen zu ihrer Kundgebung am Münchner Marienplatz mitgebracht.
11.25 Uhr: Auch in Rostock ist es zu einem fremdenfeindlichen Übergriff gekommen: Drei aserbaidschanischen Studenten sind am Samstagabend von Unbekannten angegriffen worden. Die 23- bis 28-Jährigen wurden von einer Frau und einem Mann im Alter von etwa 45 Jahren an einer S-Bahn-Haltestelle zunächst fremdenfeindlich beschimpft, wie die Polizei am Sonntag mitteilte. Der Mann habe mit einem kurzen Knüppel auf einen der Studenten eingeschlagen. Dieser zog sich dabei leichte Verletzungen zu.
Im Anschluss bestieg das Täterpaar den Angaben zufolge eine S-Bahn und fuhr in Richtung Innenstadt. Nähere Beschreibungen zu den Tatverdächtigen lagen der Polizei zunächst nicht vor. Die Ermittlungen zu den Verdächtigen und zum genauen Tathergang dauerten am Sonntag an.
11 Uhr: Unbekannte haben ein an der überdimensionalen Karl-Marx-Büste in Chemnitz angebrachtes Plakat für eine bunte Stadt beschädigt. Am Sonntag war nur noch ein Teil des meterhohen Plakates am Sockel zu sehen. Am Samstag war das Banner mit der Aufschrift „Chemnitz ist weder grau noch braun“ angebracht worden - bevor zahlreiche Kundgebungen in der Stadt starteten. Hinter der Plakataktion stehen Chemnitzer Bürger, Unternehmer und Wissenschaftler. Der Polizei konnte zur Beschädigung des Plakats zunächst keine Auskünfte geben.
10.15 Uhr: Nach dem gewaltsamen Tod eines 35-Jährigen in Chemnitz und den teils gewalttätigen Protesten dort hat die AfD einer Umfrage zufolge in der Wählergunst zugelegt. Im Sonntagstrend der "Bild am Sonntag" verbesserten sich die Rechtspopulisten bundesweit um einen Punkt auf 15 Prozent.
Ein Plus verzeichnete demnach auch die SPD, die sich ebenfalls um einen Punkt auf 19 Prozent steigerte. Die CDU/CSU blieb wie in der Vorwoche bei 30 Prozent, auch FDP und die Linke landeten unverändert bei neun Prozent. Einen Punkt abgeben mussten die Grünen, die auf 14 Prozent kamen. Auf die sonstigen Parteien entfielen vier Prozent, ein Punkt weniger als noch in der Woche davor.
9.50 Uhr: Zu den fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Chemnitz heißt es in der Londoner „Sunday Times“: „Die Stadt ist heute ein anschauliches Beispiel für einen Osten, der sich zurückgelassen fühlt. Seit der Wiedervereinigung hat Chemnitz ein Fünftel seiner Bevölkerung aufgrund der Abwanderung und der vermutlich niedrigsten Geburtenrate Deutschlands eingebüßt. Die Arbeitslosigkeit geht zwar zurück, aber sie sie ist immer noch doppelt so hoch wie der bundesweite Durchschnitt, während die Löhne niedrig sind. Im Abwasser der Stadt haben Wissenschaftler im vergangenen Jahr die höchste Methamphetamin-Konzentration von fast 60 untersuchten Städten in 19 Ländern gefunden, was Chemnitz zur Crystal-Meth-Hauptstadt Europas macht. Es ist eine Droge der Hoffnungslosen und sie ist in Chemnitz weit verbreitet. Dies alles ist ein fruchtbarer Boden für die AfD, die das moderne Deutschland in düsteren Farben als einen Staat am Rand des Zusammenbruchs darstellt und die Schuld dafür den Migranten zuschiebt. Für viele erklärt das, warum Chemnitz zu einem Epizentrum rechtsextremer Wut und zum Sammelpunkt von Neonazi-Hooligans geworden ist.“
06.35 Uhr: Außenminister Heiko Maas (SPD) hat die Bürger zu mehr Einsatz im Kampf gegen Rassismus und zur Verteidigung der Demokratie aufgefordert. „Es hat sich in unserer Gesellschaft leider eine Bequemlichkeit breit gemacht, die wir überwinden müssen“, sagte er der „Bild am Sonntag“. „Da müssen wir dann auch mal vom Sofa hochkommen und den Mund aufmachen. Die Jahre des diskursiven Wachkomas müssen ein Ende haben.“
Seine Generation habe Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie geschenkt bekommen. „Wir mussten das nicht erkämpfen, nehmen es teilweise als zu selbstverständlich wahr“, sagte Maas. Auf die rechtsextremen Aufmärsche in Chemnitz wurde der Außenminister nach eigenen Angaben „sehr oft“ von seinen europäischen Kollegen angesprochen. Wenn es um Ausländerfeindlichkeit, Rechtsextremismus und Rassismus gehe, werde Deutschland zu Recht ganz besonders kritisch beäugt.
06.24 Uhr: Nach den Kundgebungen mit mehr als 8500 Teilnehmern blickt Chemnitz nach einer kurzen Verschnaufpause schon auf die nächste Großveranstaltung. Unter dem Motto „#wir sind mehr“ steigt am Montag ein Gratis-Konzert gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt in Sachsens drittgrößter Stadt. Am Sonntag sind in Chemnitz zwei kleinere Demonstrationen von Chemnitzer Bürgern und der evangelischen Kirche gegen Gewalt und Fremdenhass angemeldet.
Bei mehreren Kundgebungen am Samstag wurden mindestens 25 Straftaten verzeichnet, wie die Polizei am späten Samstagabend mitteilte. Bei den Protesten wurden nach einer ersten Bilanz der Polizei neun Menschen verletzt. Bei den Straftaten handelte es sich den Angaben zufolge um Sachbeschädigungen, Körperverletzungen, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.
Abseits der Demonstrationen wurde ein 20-jähriger Afghane von vier vermummten Menschen angegriffen und geschlagen. Der Mann erlitt leichte Verletzungen. Die Polizei prüft, ob es sich bei den Tätern möglicherweise um ehemalige Versammlungsteilnehmer handeln könnte.
06.07 Uhr: Die nach langer Untersuchungshaft aus der Türkei zurückgekehrte deutsche Journalistin Mesale Tolu hat mit Entsetzen auf die fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Chemnitz reagiert. Dass dort anfangs auf offener Straße der Hitlergruß gezeigt wurde und ausländisch anmutende Menschen angegriffen wurden, während die Polizei zunächst machtlos wirkte, habe sie erschüttert, sagte Tolu der Deutschen Presse-Agentur in Ulm.
Zu den Vorfällen in Chemnitz sagte Tolu: „Das hat mir Angst gemacht.“ Zwar gebe es bekanntlich in einigen Ländern Europas einen aus ihrer Sicht gefährlichen Rechtsruck. „Aber in Deutschland haben wir doch die Diktaturen in der Schule behandelt. Wir wissen doch, dass es bei uns eine Zeit gab, in der Menschen systematisch gehetzt, vertrieben oder umgebracht wurden.“
23.05 Uhr: Die Stadt kommt langsam zur Ruhe. Die Polizei konnte die ersten Einsatzkräfte in den Feierabend schicken. Bleibt nur zu hoffen, dass diese Nacht friedlich wird.
21.55 Uhr: Die Stadt Chemnitz gab am bekannt, dass der Rettungsdienst bis 21 Uhr 17-mal ausrücken musste. Elf verletzte Personen wurden in Krankenhäuser gebracht. Mittlerweile schätzt die Zahl der Teilnehmer an der Demonstration „Herz statt Hetze“ auf 4000 sowie die AfD-Demo auf rund 4500. Insgesamt waren demnach also 8500 Demonstranten auf der Straßen, hinzukommen unzählige Polizeibeamte.
21.22 Uhr: Focus Online meldet, dass an der Gedenkstätte immer wieder „Lügenpresse“ und „Wir sind das Volk“ skandiert wird. Als ein Fotograf ein Bild von einem der Redner machte, habe die Menge gefordert, den Reporter anzugreifen. Der Fotograf habe daraufhin das Bild wieder gelöscht. Die Polizei trennte die anwesenden Journalisten zur Deeskalation kurzzeitig von den Demonstranten.
21.17 Uhr: Wieder berichtet ein Reporter aus Chemnitz von einem Angriff auf ihn. Diesmal ist es Jan-Henrik Wiebe von T-Online-News, der bereits über den ganzen Abend hinweg das Geschehen aus nächster Nähe begleitet. Auf Twitter schreibt er, sein Mikro sei nach der Attacke nun weg. Zudem kritisiert er der Polizisten: „Polizei war mal wieder überfordert. Wasserwerfer war zeitweise eingekesselt.“
Ein Polizeisprecher erklärte jedoch gegenüber der dpa: „Wir haben die Lage voll im Griff“. Es würde vereinzelte Scharmützel geben, insgesamt würden sich die Demonstrationsteilnehmer jedoch friedlich verhalten.
21.10 Uhr: Der SPD-Bundestagsabgeordnete Sören Bartol aus Marburg berichtet auf Twitter, dass seine Gruppe soeben in Chemnitz auf dem Weg zum Bus überfallen wurde. Alle SPD-Fahnen seien zerstört und sie seien auch körperlich angegriffen worden. In einem zweiten Tweet teilt er mit, dass die Polizei schnell eingegriffen und „einen guten Job“ gemacht habe. Seine Leute wurden zum Bus begleitet.
20.55 Uhr: Derzeit findet eine Spontan-Demo von rechten Demonstranten am Tatort in Chemnitz statt. Laut Bild sind etwa 150 Personen da, die Freie Presse zählt rund 100. Sie skandieren dort den Namen des Todesopfers der Messerattacke (“Daniel, Daniel“). Die Menge habe sich zum Gedenken auch hingekniet und anschließend die deutsche Nationalhymne gesungen.
An der Kreuzung Straße der Nationen/Brückenstraße kam es derweil zu tumultartigen Szenen zwischen Rechten und der Polizei. Focus Online-Reporter Maik Mosheim berichtet, dass Demonstranten mit erhobenen Händen auf Polizisten zugingen, die die Straße sperrten. Sie kamen immer näher. Die Polizisten hätten die Demonstranten dann weggestoßen.
Ein Video des Journalisten Raphael Thelen zeigt den Vorfall. Zu sehen ist auch, wie ein junger rechter Demonstrant dabei auf den Helm eines Polizisten schlägt.
20.43 Uhr: Die Freie Presse meldet, dass immer noch rechte Demonstranten der aufgelösten AfD-Demo an der Kreuzung Bahnhofstraße/Brückenstraße stehen und sich weigern, den Ort zu verlassen. Es komme zu Rangeleien mit der Polizei, meldet die Bild. Nun habe es die Polizei einzelnen Personen erlaubt, zur Trauerstelle am Tatort vom 26. August zu gehen.
20.35 Uhr: Jetzt verlagert sich das Geschehen in die Bahnhofsnähe. Laut Polizei befinden sich dort „Kleingrupen von Störern beider politischer Lager“. Es handelt sich offenbar um gewaltbereite Gruppen, die aufeinander losgehen. Die Bundespolizei sei im Einsatz, ebenso stehen Wasserwerfer bereit. Die Freie Presse schreibt, dass hier Teilnehmer der „Herz statt Hetz“-Demo auf AfD- und Pro-Chemnitz-Demonstranten treffen. Die Polizei habe Mühe, die Lager auf Abstand zu halten.
Die Polizei teilt aber auch mit, dass sich der überwiegende Teil der Demonstranten friedlich verhalte. Teilweise würden sie nun die Heimreise antreten. Man sei weiterhin mit starken Kräften im Stadtgebiet präsent.
Derweil wurde nun auch die Veranstaltung „Frieden wahren - Demokratie verteidigen“ auf dem Johannisplatz beendet. Damit seien alle großen Versammlungen am Samstag in Chemnitz jetzt vorbei.
20.16 Uhr: Das massive Polizeiaufgebot hat nach Angaben von Reportern vor Ort die Lage mittlerweile doch etwas beruhigen können. Die Bild berichtet, dass die AfD noch eine Spontan-Demo angestrebt hat, die Polizei dies aber ablehnte.
Wie aggressiv die Stimmung bis eben aber war, sieht man an diesem Videoausschnitt, den BuzzFeed auf Twitter veröffentlicht hat. Ein Journalist wurde von rechten Demonstranten attackiert. BuzzFeed-Reporterin Pascale Müller berichtet: „Es wird hier gerade ziemlich brutal, ich bin geschubst worden, ein anderer Reporter wurde getreten. Die Leute rufen 'Verpisst euch, Verpisst euch'.“
Auch der Journalist Henrik Merker, der für den Rechtsextremismus-Watchblog Störungsmelder von Zeit Online schreibt, berichtet von einem Angriff auf ihn. Drei rechte Demonstranten hätten gegen seine Kameralinse geschlagen und versucht, ihn und Kollegen in eine Seitengasse abzudrängen.
19.53 Uhr: Laut der Freien Presse versucht die Polizei die Gemüter zu beruhigen. Es gibt Lautsprecherdurchsagen: „Bleiben Sie ruhig, gehen Sie nach Hause zu Ihren Familien“. Aus der rechte Menge, die den Polizisten und Wasserwerfern nur rund 50 Meter gegenübersteht, gibt es „Widerstand, Widerstand!“-Rufe. Focus Online berichtet, dass aggressive Rechte Gegenstände in die Reihen der Polizeibeamten werfen. Wieder Durchsagen der Polizei: „Unterlassen Sie es, Gegenstände zu werfen. Gehen Sie nach Hause zu Ihren Familien.“
19.40 Uhr: Die Organisatoren haben die AfD-Demo, die von Gegendemonstranten gestoppt wurde und am Karl-Marx-Monument nicht mehr weitermarschieren konnte, nun für beendet erklärt. Zuvor hatte das die Polizei auch gefordert. Derzeit verharren jedoch die meisten Demonstranten dort. Die Polizei hält Wasserwerfer und gepanzerte Fahrzeuge bereit, die Stimmung ist weiterhin sehr aufgeladen, viele rechte Demonstranten sind sauer über den Abbruch der Demo.
19.37 Uhr: An der von einem breiten Bündnis getragenen Großdemo unter dem Motto "Herz statt Hetze" beteiligten sich einem Sprecher der Stadt Chemnitz zufolge rund 3500 Menschen, zunächst war von 2500 Teilnehmern die Rede gewesen.
Mehr als zwei Stunden nach Beginn dieser Demonstration versammelten sich mehrere tausend Menschen zu der AfD-Kundgebung. Auch Teilnehmer einer Demonstration der rechten Organisation Pro Chemnitz schlossen sich an, nachdem die Organisatoren diese für beendet erklärt hatten. Laut dem Sprecher der Stadt beteiligten sich rund 4500 Menschen. Zunächst war die Teilnehmerzahl sogar auf 6000 geschätzt worden.
19.25 Uhr: Die Polizei fordert die AfD nun auf, ihre Demonstration zu beenden. Die Versammlungszeit sei bereits überschritten und eine Umleitung der Demonstrationsstrecke sei aus Sicherheitsgründen nicht möglich.
19.20 Uhr: Die Lage ist weiterhin unübersichtlich. Reporter Jan-Henrik Wiebe twittert, dass gewaltbereite Rechte sich in Kleingruppen in Hinterhöfen auf die Demo „Herz statt Hetze“ auf dem Platz an der Johanniskirche zubewegen. Dort spielt derzeit die Band „Egotronic“.
Laut der Freien Presse stehen sich beide Lager an der Kreuzung Brücken-/Bahnhofsstraße nur noch 100 Meter gegenüber. Es gibt Verletzte auf Seiten der Gegner der Rechten, die von Sanitätern versorgt werden. Das AfD-Lager fordert lautstark: „Räumen, räumen!“ Der Demonstrationszug der AfD kommt weiterhin nicht weiter.
Laut dem Bild-Reporter Peter Hell schützen Polizisten derzeit arabische und türkische Imbisse und Restaurants in Chemnitz.
19.10 Uhr: Ein MDR-Team wurde am Rande der Demo angegriffen. Nach Angaben des MDR-Reporters André Berthold klingelte das Team bei Privatwohnungen mit der Bitte, von einem Balkon aus die Demo filmen zu dürfen. Die Reporter seien von einem jungen Mann in eine Wohnung gelassen worden und hätten dort Aufnahmen von einem Balkon aus gemacht, als sie unvermittelt von einem anderen Mann angegriffen wurden. Dieser habe die Kamera zerstört und einen Journalisten die Treppe heruntergestoßen.
Die Polizei Sachsen bestätigte über Twitter, dass eine Anzeige aufgenommen wurde und zu einem Vorfall in einer Privatwohnung mit einem MDR-Team ermittelt werde.
19.01 Uhr: Laut der Bild bringt die Polizei nun drei Wasserwerfer und einen Panzerwagen in Stellung. Die Stimmung werde immer aufgeladener und aggressiver. Die AfD-Demo kommt derzeit nicht weiter und steht vor dem Marx-Monument.
Die Polizei ruft alle dazu auf, gewaltfrei zu bleiben. Nebenstehende sollen sich von Störern distanzieren.
18.53 Uhr: Nun bekommt die Polizei offenbar doch immer mehr Schwierigkeiten die Gewaltbereiten beider Lager zu trennen. Auf einem Video des Journalisten Jan-Henrik Wiebe ist ein Straßenkampf zwischen Linksautonomen und rechten Hooligans zu sehen. Flaschen und Stühle fliegen, die beiden Lager bedrohen sich gegenseitig. Dann geht die Polizei dazwischen und kann sie trennen.
Dieses Video zeigt das Aufeinandertreffen der Gewaltbereiten offenbar aus einer anderen Perspektive. Zu sehen ist anscheinend, wie die Rechtsradikalen die Flucht ergreifen, nachdem die Polizei einschreitet.
Auch der ZDF-Journalist Axel Storm twitterte vor wenigen Minuten: „Stimmung kippt. Erste Rangeleien“.
18.42 Uhr: Bei den Protesten in Chemnitz haben sich die Teilnehmer einer gemeinsamen Kundgebung von AfD und des ausländerfeindlichen Bündnisses Pegida mit Demonstranten der rechtspopulistischen Bürgerbewegung Pro Chemnitz vermischt. Aufgrund der dadurch gestiegenen Teilnehmerzahl - Augenzeugen gehen von mehreren tausend Menschen aus - verzögerte sich der Zug der Rechten durch die Stadt. Die Organisatoren suchten nach zusätzlichen Ordnern, um den Ablauf des Zugs zu organisieren. Außerdem riefen sie die Teilnehmer auf, bei der als Trauermarsch geplanten Veranstaltungen auf Provokationen zu verzichten.
An der Strecke hatten sich zahlreiche Gegendemonstranten versammelt. Laut der Freien Presse aus Chemnitz erschallen Sprechchöre in Richtung der Polizei, die heute stark präsent ist: „Wo wart ihr am Montag?“ Demonstranten aus der Antifa rufen auch lautstark „Deutsche Polizisten schützen die Faschisten“. Rund 100 linksextreme Aktivisten des Schwarzen Blocks versuchten gegen 17.50 Uhr an der Polizei vorbeizurennen, um die AfD-Demo zu unterbinden, wurden jedoch aufgehalten.
17.40 Uhr: Eine Mehrheit der Deutschen ist für die Beobachtung der rechtspopulistischen AfD durch den Verfassungsschutz. In einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Funke Mediengruppe sagten 57 Prozent, die Partei solle "auf jeden Fall" oder "eher ja" durchleuchtet werden. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erteilte der Forderung eine Absage. "Derzeit liegen die Voraussetzungen für eine Beobachtung der Partei als Ganzes für mich nicht vor", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Unter anderem die SPD hatte die Beobachtung der AfD gefordert. Anlass waren Aufrufe zur Selbstjustiz und Drohungen gegen Journalisten nach den Vorfällen in Chemnitz.
Der Geheimdienstexperte der Unions-Bundestagsfraktion, Patrick Sensburg (CDU), forderte die Beobachtung: "Sicherlich sind nicht alle Mitglieder der AfD rechtsextremistisch, jedoch gibt es Teile in der Struktur der Partei, die als verfassungsfeindlich bewertet werden müssen", sagte er dem "Handelsblatt".
Der Grünen-Politiker Cem Özdemir sagte: "Ich finde, die AfD bewirbt sich geradezu darum, vom Verfassungsschutz beobachtet zu werden." Dann hätte der Staat endlich zuverlässige Informationen, welche Netzwerke die Partei pflegt und wie sie sich finanziert, sagte Özdemir dem "Straubinger Tagblatt".
Der Grünen-Innenexperte Konstantin von Notz sieht bei den Behörden in den Bundesländern eine wachsende Bereitschaft, die AfD unter Beobachtung zu stellen. "Man kann der AfD beim Extremisieren zugucken", sagte der Grünen-Fraktionsvizechef der "Augsburger Allgemeinen". Die Reden, die politischen Forderungen, die Bündnispartner der Partei - alles rutsche immer weiter ins völkisch-rechtsextreme Umfeld, sagte von Notz.
17.35 Uhr:
Unter dem Motto "Herz statt Hetze" sind in Chemnitz mehrere tausend Menschen zusammengekommen, um ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit zu setzen. An der von einem breiten Bündnis getragenen Großdemonstration nahmen am Samstag auch mehrere Spitzenpolitiker wie SPD-Vizechefin Manuela Schwesig, Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch und die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock teil. Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort.
Mehrere Bundes- und Landespolitiker nahmen an der Großdemo gegen Fremdenfeindlichkeit teil. Sie sehe mit "großer Sorge", dass Rechtsradikale Stadt und Land in Geiselhaft nehmen wollten, sagte SPD-Vizechefin Schwesig. Deshalb müsse gegen "Hass, Hetze und Gewalt" demonstriert werden.
Die Grünen-Vorsitzende Baerbock mahnte, ein "Angriff au Demokratie und Rechtsstaatlichkeit" erfordere ein "Aufstehen der ganzen Gesellschaft". Rechtsextreme seien aber nicht nur ein Problem in Chemnitz, sondern in ganz Deutschland.
Die Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) forderte, Hetzern "unsere Stärke und unsere demokratische Grundüberzeugung mit aller Kraft" entgegenzusetzen. Die Stadt sei von den Ereignissen der vergangenen Tage "aufgewühlt" und in einen Ausnahmezustand versetzt worden. Dass Chemnitz weder "grau noch braun" sei, müsse jetzt in "Wort und Tat" gezeigt werden.
Ein Bündnis von Bürgern, Unternehmen und Wissenschaftlern aus Chemnitz hatte die Bewohner der Stadt unter dem Motto "Chemnitz ist weder grau noch braun" zu mehr Engagement für ein friedliches Miteinander aufgerufen. In mehreren Tageszeitungen erschienen großformatige Anzeigen mit dem Aufruf. Zu den Unterzeichnern gehören zahlreiche in Chemnitz ansässige Firmen.
Die Lage in der Stadt war nach Angaben der Polizei zunächst "ruhig und friedlich". Aus Sorge vor erneuten Ausschreitungen waren Polizisten aus ganz Deutschland im Einsatz.
Rund eine halbe Stunde nach Beginn von Protesten der rechtspopulistischen Bürgerbewegung Pro Chemnitz haben deren Teilnehmer überraschend beschlossen, sich einer anschließend geplanten Kundgebung der AfD und des ausländerfeindlichen Bündnisses Pegida anzuschließen. Unter „Wir sind das Volk“- und „Merkel muss weg“-Rufen machte sich ein Großteil der geschätzt 1500 Teilnehmer auf den Weg zu dem anderen Versammlungsort. Die Polizei begleitete den Zug mit einem starken Aufgebot.
15.35 Uhr: Thüringens CDU-Vorsitzender Mike Mohring hat angesichts der Ausschreitungen in Chemnitz vor Pauschalurteilen über Ostdeutschland zurückgewiesen. „Der Osten ist mehr als diese Nazis in Chemnitz“, sagte er einer Mitteilung der Jungen Union Thüringen zufolge auf einem Treffen des CDU-Jugendverbands am Samstag in Ilmenau. Vielmehr sei die Mehrheit der Menschen in Ostdeutschland bürgerschaftlich engagiert und trete für die Demokratie ein. „Diese Menschen müssen jetzt aufstehen und deutlich machen, dass sie sich von Rechtsextremisten nicht verunglimpfen lassen“, sagte Mohring.
15.15 Uhr: Die Bundespolizei und das Innenministerium in Sachsen haben einen Bericht über eine „schwere Panne“ als Grund für die Unterbesetzung der Polizei bei den Ausschreitungen am vergangenen Montag in Chemnitz zurückgewiesen. Das Lagezentrum habe darauf verzichtet, beim Bundespolizeipräsidium in Potsdam nach Verstärkung zu fragen, sagte ein Ministeriumssprecher in Dresden am Samstag auf Anfrage. Die zusätzlichen Kräfte und Hubschrauber wären erst kurz vor Mitternacht vor Ort gewesen, erklärte er. Die „Welt am Sonntag“ (Sonntag) schrieb von einer „schweren Panne“ und „fehlerhaftem Verhalten“.
14.10 Uhr: Zum Start von einer Reihe von Kundgebungen sind am Samstag rund 50 Menschen für ein friedliches Miteinander durch Chemnitz gezogen. Nach Diskussionen, Reden und Musik am Roten Turm in der Innenstadt setzte sich der Zug in Bewegung.
13.55 Uhr:
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) hat sich gegen Kritik an seinen Vorwürfen gegen Kanzlerin Merkel wegen der ausländerfeindlichen Übergriffe in Chemnitz gewehrt. „Ich habe nichts Grenzwertiges gesagt“, sagte der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende der „Rhein-Neckar-Zeitung“. Er müsse sich bei der Kanzlerin nicht entschuldigen. „Ich habe eine unglückliche Wortwahl getroffen, aber in der Sache bleibe ich dabei.“ Internen Kritikern in der FDP riet Kubicki zu mehr Gelassenheit.
Kubicki hatte angesichts der rechtsextremen Ausschreitungen in Chemnitz gesagt: „Die Wurzeln für die Ausschreitungen liegen im „Wir schaffen das“ von Kanzlerin Angela Merkel.“ Merkel hatte den Satz am 31. August 2015 vor dem Hintergrund der damals nach Deutschland kommenden hunderttausenden Flüchtlingen gesagt.
13.30 Uhr: Brandenburgs AfD-Landeschef Andreas Kalbitz hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Schuld an dem Toten von Chemnitz gegeben. Der mutmaßlich von einem Iraker und einem Syrer getötete 35-Jährige sei Merkels Toter, sagte Kalbitz am Samstag in Neuenhagen bei Berlin bei einer Diskussionsveranstaltung der AfD vor rund 150 Anhängern. AfD-Bundeschef Alexander Gauland hatte seine Teilnahme abgesagt.
11.25 Uhr: Bei den schweren Ausschreitungen am vergangenen Montag in Chemnitz hat laut der „Welt am Sonntag“ eine schwere Panne bei der Polizei zur Unterbesetzung geführt. Es seien sehr wohl zusätzliche Kräfte der Bundespolizei als Verstärkung angefordert worden, berichtet die Zeitung. Das Innenministerium in Dresden habe auf Anfrage bestätigt, dass es während des Einsatzes am Abend einen Hilferuf der Polizeidirektion Chemnitz ans Lagezentrum des Innenministeriums gab und die Bundespolizeiinspektion Pirna um Unterstützung gebeten wurde. Das sei allerdings kurzfristig nicht möglich gewesen.
Zuständig für derartige Anforderungen wäre laut der Zeitung aber das Bundespolizeipräsidium in Potsdam und nicht die untergeordnete Dienststelle in Pirna gewesen. Dieser übliche Meldeweg sei „unverständlicherweise“ nicht beschritten worden. Dabei hätten mehrere Hundertschaften nach Chemnitz beordert werden können, bei Bedarf auch mit Hubschraubern.
Am Montagabend standen 6000 Demonstranten aus dem eher rechten Spektrum, darunter gewaltbereite Neonazis und Hooligans, etwa 1500 Gegendemonstranten gegenüber - dazwischen knapp 600 Polizisten. Es gab mindestens 20 Verletzte, unter ihnen zwei Polizisten.
10.30 Uhr: Die Londoner „Times“ kommentiert am Samstag die von Ausschreitungen begleiteten Demonstrationen in Chemnitz mit der Überschrift „Heikle Herausforderung für Merkel“: „Aus dem ganzen Land sind Demonstranten in die Stadt geeilt. Unter ihnen sind Konservative, die kaum Kontroverses, sondern lediglich eine bessere Integration von Immigrantengemeinden verlangen. Doch diese Stimmen werden übertönt von Leuten, die den Islam dämonisieren, Leistungen von Nazi-Soldaten glorifizieren und sogar damit drohen, für die Wiederherstellung der Ostgrenzen des Dritten Reiches zu kämpfen. Derartige Gruppen stellen für Angela Merkel eine heikle Herausforderung dar. Sie muss den Deutschen glaubhaft versichern, dass vernünftige Forderungen nach einer nachhaltigen Migrationspolitik Gehör finden, ohne sich dabei dem Populismus zu beugen. Wenn es ihr nicht gelingt, einen Mittelweg zu finden, wird ihre ohnehin fragile Koalition durch die Regionalwahl in Bayern weiter geschwächt werden, wo die AfD eine ernste Gefahr für ihren Koalitionspartner CSU darstellt.“
09.15 Uhr: Vor den für Samstag angekündigten Demonstrationen in Chemnitz ist es in der Nacht ruhig in der sächsischen Stadt geblieben. Das teilte das Lagezentrum der Polizei am Morgen mit.
07.20 Uhr: In Chemnitz wappnet sich die Polizei für mögliche neue Auseinandersetzungen. An diesem Samstag werden Tausende Menschen zu Demonstrationen erwartet. Die Polizei geht von einer Teilnehmerzahl im unteren fünfstelligen Bereich aus. Ein breites Bündnis aus rund 70 Vereinen, Organisationen und Parteien hat ab dem Vormittag zu Demonstrationen unter dem Motto „Herz statt Hetze“ aufgerufen. Mehrere prominente Politiker wie die Parteichefin der Grünen, Annalena Baerbock, haben sich angesagt.
Am Nachmittag sind Kundgebungen der rechtspopulistischen Bürgerbewegung Pro Chemnitz sowie der AfD und des ausländerfeindlichen Bündnisses Pegida geplant. Dazu wird auch der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke erwartet.
06.05 Uhr: Sachsens Integrationsministerin Petra Köpping (SPD) hält Ausschreitungen wie in Chemnitz auch in anderen deutschen Städten für möglich. „Ich warne davor, dass man glaubt, das könnte nur in Chemnitz passieren“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Zu den Ausschreitungen in der Stadt seien Rechtsextreme aus ganz Deutschland angereist. Die Rechten seien extrem gut vernetzt. Solche Proteste seien überall denkbar, wo es ähnlich brutale Vorfälle gebe. „Insofern sind wir alle gefragt: Wie gehen wir damit um?“, sagte sie.
19.39 Uhr: In Chemnitz werden am Samstag eine Großdemonstration gegen Fremdenfeindlichkeit, aber auch eine AfD-Kundgebung und Proteste von Rechtsextremen erwartet. Für den Nachmittag (15.00 Uhr) ruft ein breites Bündnis unter dem Motto "Herz statt Hetze" zu einer Demonstration auf, an der auch Bundespolitiker wie SPD-Vizechefin Manuela Schwesig, Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch und die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock teilnehmen wollen.
Die AfD meldete für den späteren Nachmittag (17.00 Uhr) vor dem Hintergrund des gewaltsamen Tods eines Deutschen am vergangenen Wochenende einen sogenannten Schweigemarsch an. Auch die fremdenfeindliche Pegida-Bewegung will sich beteiligen. Die rechtsextreme Organisation Pro Chemnitz rief ebenfalls erneut zu einer Demonstration auf.
18.42 Uhr: Wegen mehrerer angekündigten Demonstrationen im sächsischen Chemnitz wurde das Zweitliga-Spiel zwischen Dynamo Dresden und dem Hamburger SV von der DFL abgesagt. Wie bild.de berichet, werden alle verfügbaren Einsatzkräfte der Polizei in Chemnitz benötigt, weswegen eine Absage der Partie in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden nötig wurde. Die Begegnung im mehr als 30.0000 Zuschauer fassenden DDV-Stadion war ausverkauft und hätte am Samstag den 1. September um 13.00 Uhr angepfiffen werden sollen.
17.54 Uhr: Die sächsische Polizei geht bei den für Samstag in Chemnitz angemeldeten Demonstrationen und Versammlungen von einer Teilnehmerzahl „im unteren fünfstelligen Bereich“ aus. Das sagte Landespolizeipräsident Jürgen Georgie am Freitag in Dresden. Der Freistaat habe Unterstützung aus anderen Bundesländern angefordert und alle verfügbaren Kräfte bekommen. Auch Wasserwerfer und Reiter stünden bereit. „All denen, die Gewalt suchen oder ausüben, werden wir mit aller Konsequenz entgegentreten“, erklärte Georgie.
Wegen des Großeinsatzes der Polizei in Chemnitz wird zudem geprüft, ob das Fußballspiel in der 2. Bundesliga zwischen Dynamo Dresden und dem HSV in Dresden verlegt werden soll. Darüber sei aber noch nicht endgültig entschieden.
17.16 Uhr: Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) hat scharfe Kritik an den Teilnehmern der rechtsgerichteten Demonstrationen in Chemnitz geübt, bei denen es Anfang der Woche zu Ausschreitungen gekommen war. "Wer auf solchen Demos unterwegs ist, der muss sich das zurechnen lassen", sagte Barley am Freitag im Südwestrundfunk (SWR). Sie forderte ein hartes Vorgehen gegen derartige Auftritte von Radikalen.
Einwände, viele Teilnehmer der Kundgebungen seien bloß "besorgte Bürger" gewesen, ließ Barley nicht gelten. Wenn jemand "auf einer Demo unterwegs ist, wo die Leute rechtsradikale Sprüche brüllen, Menschen angreifen und den Hitlergruß zeigen, der kann sich nicht mehr verstecken und sagen: 'Ich bin ja nur ein besorgter Bürger'", sagte sie im SWR. "Dann ist man Teil eines rechtsradikalen Mobs."
17.15 Uhr: Der nach dem tödlichen Messerangriff in Chemnitz festgenommene Iraker hatte sich nach Angaben der Vorsitzenden des Bundestags-Innenausschusses, Andrea Lindholz (CSU), zwei gefälschte Identitäten zugelegt. „Ich weiß, dass er mit zweifach gefälschten Papieren unterwegs gewesen ist und dass sich der Mann zweimal in die Niederlande abgesetzt hat und auch mit zwei Identitäten unterwegs gewesen ist“, sagte Lindholz am Freitag „SWR Aktuell“.
Die CSU-Politikerin sieht Versäumnisse bei der Ausländerbehörde in Chemnitz. Denn obwohl das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) die Rücküberstellungspflicht bereits am 1. Juni 2016 festgestellt habe, sei diese nicht fristgerecht erfüllt worden. In der Ausländerbehörde „hätte man innerhalb von sechs Monaten die Rücküberstellung nach Bulgarien vornehmen müssen. Wieso das in den sechs Monaten der Ausländerbehörde Chemnitz nicht gelungen ist, das kann ich heute nicht sagen“, sagte Lindholz.
16.52 Uhr: Ebenfalls von hoher Brisanz: Etwa zwei Wochen nach einem ausländerfeindlichen Übergriff auf eine syrische Großmutter und ihre Familie in Rostock in Mecklenburg-Vorpommern hat die Polizei zwei Tatverdächtige ermittelt. Gegen die Männer im Alter von 29 und 30 Jahren werde wegen versuchter Körperverletzung, Volksverhetzung und mehrerer anderer Delikte ermittelt, erklärten die Beamten am Freitag.
Die 48-Jährige, die ihren sechs Monate alten Enkel auf dem Arm trug und gemeinsam mit ihren beiden Töchtern unterwegs war, war von einer Gruppe beschimpft und beleidigt worden. Die Polizei sprach danach von ausländer- und verfassungsfeindlichen Parolen. Einer der Täter schubste die Großmutter mit dem Baby zudem in einen Teich.
16.48 Uhr: Nach den Ausschreitungen in Chemnitz haben in Berlin erneut zahlreiche Menschen gegen Rechtsextremisten und Ausländerfeindlichkeit demonstriert. Nach einer Demonstration mit rund 5000 Teilnehmern am Donnerstagabend in Berlin-Neukölln versammelten sich am Freitag rund 1000 Demonstranten vor der Landesvertretung von Sachsen in Berlin-Mitte. Sie trugen Transparente mit der Aufschrift „Sachsen. Stopp den Mob“ und „say no to racism“. Die Polizei sprach von mehreren hundert Teilnehmern und einem friedlichen Verlauf. 70 Polizisten waren im Einsatz.
16.08 Uhr: Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse rief in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) die Menschen in Sachsen auf, sich von Rechtsextremisten nicht einschüchtern zu lassen. Er wolle kein „Sachsen-Bashing“ betreiben, betonte Thierse. Er kritisierte aber, dass die CDU-geführte sächsische Landesregierung das Problem des Rechtsextremismus jahrelang verharmlost habe.
Politiker, aber auch Vertreter anderer Institutionen wie die Kirchen müssten das Gespräch mit denjenigen suchen, die etwa durch Globalisierung, Zuzug von Migranten und die fortschreitende Digitalisierung verunsichert seien, forderte Thierse.
15.46 Uhr: Der nach dem tödlichen Messerangriff in Chemnitz festgenommene Iraker hat laut einem Medienbericht in seinem Asylverfahren gefälschte Papiere vorgelegt. Eine Untersuchung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in Nürnberg habe ergeben, dass zwei der von dem Mann vorgelegten Personaldokumente „Totalfälschungen“ seien, berichtete der „Spiegel“ am Freitag. Das Bamf äußerte sich zunächst nicht zu dem Bericht.
Der Iraker kam laut dem Bericht im Oktober 2015 über die Balkanroute nach Deutschland. Weil der 22-Jährige zuvor bereits in Bulgarien als Asylbewerber registriert worden war, hätte er nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Chemnitz bereits im Mai 2016 in das Land abgeschoben werden können. Doch nach Verstreichen einer Frist wurde Deutschland für sein Verfahren zuständig.
Der „Spiegel“ berichtete unter Verweis auf die Asylakte des Mannes weiter, dass der Iraker den Bamf-Mitarbeitern erzählt habe, warum er aus der nordirakischen Provinz Ninive habe fliehen müssen: Er sei dort in ein Mädchen verliebt gewesen und habe Ärger mit dessen Vater und Onkel bekommen. Diese hätten ihn verprügelt und ihn mit einem Messer verletzt. Das Bamf habe seine Angaben jedoch für unglaubwürdig gehalten und den Asylantrag mit Datum vom 29. August 2018 abgelehnt.
15.16 Uhr: Vor den am Samstag erwarteten Großdemonstrationen in Chemnitz haben Bundes- und Landespolitiker zum Kampf gegen Rechtsextremismus aufgerufen und zugleich vor Pauschalurteilen gewarnt. "Wir stehen zusammen dafür, dass Chemnitz und Sachsen mehr sind als brauner Mob", sagte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) am Freitag bei einem Besuch in der Stadt. Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) mahnte zur Differenzierung.
14.20 Uhr: Tatsächlich eine Frage, die einen beschäftigen kann: Kaum ein Politikername ist dieser Tage so häufig in den Nachrichtensendungen zu hören wie der des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer - in der Aussprache allerdings nicht immer gleich. Während „Tagesschau“-Sprecherin Linda Zervakis beispielsweise den Namen des CDU-Politikers als „Kreetschmer“ ausspricht, hört man ihn häufig auch mit kurzem „E“, also eher wie „Krettschmer“ - so wie bei Kretschmers baden-württembergischen Amtskollegen Winfried Kretschmann von den Grünen. Aber was ist nun richtig, „Kreetschmer“ oder „Krettschmer“? Ersteres, sagt Kretschmers Sprecher Ralph Schreiber. Das erste „E“ werde gedehnt. Grund sei der slawische Ursprung des Namens, der sich wohl vom Wort „Schankwirt“ herleite. Na also...
13.38 Uhr: Nach den Demonstrationen und Ausschreitungen in Chemnitz hat das Schweizer Außenministerium in einem Tweet zur Vorsicht geraten. „#Deutschland: Lassen Sie in der Umgebung von Demonstrationen Vorsicht walten, da Ausschreitungen möglich sind“, heißt es in dem Tweet von Donnerstagabend.
Derselbe Satz steht auf der Webseite des Ministeriums mit den Reisehinweisen für Deutschland, mit den Vorschaltsätzen: „Das Land ist stabil. In den grossen Städten kann es aber zu Demonstrationen kommen. Lassen Sie in der Umgebung von Demonstrationen Vorsicht walten, da Ausschreitungen möglich sind.“
Der nach einer tödlichen Messerattacke in Chemnitz festgenommene Iraker hätte nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Chemnitz bereits im Mai 2016 abgeschoben werden können. Eine Abschiebung nach Bulgarien wäre zulässig gewesen, teilte das Verwaltungsgericht Chemnitz am Freitag mit. Die Abschiebung sei in der Folgezeit aber nicht vollzogen worden, weshalb die Überstellungsfrist von sechs Monaten abgelaufen war. Derweil besuchte Familienministerin Franziska Giffey als erstes Mitglied der Bundesregierung nach dem Tod des 35-Jährigen und rechten Ausschreitungen Chemnitz. Die Schweiz rief angesichts der Proteste in Reisehinweisen zur Vorsicht in der Umgebung von Demonstrationen in großen deutschen Städten auf.
Bereits am Samstag steht die Polizei in Chemnitz vor der nächsten Bewährungsprobe: Die AfD und das ausländerfeindliche Bündnis Pegida wollen gemeinsam bei einem Schweigemarsch durch Chemnitz des Opfers gedenken. Die Bundesvorsitzende der Grünen, Annalena Baerbock und der Grünen-Politiker Cem Özdemir wollen an einer Demonstration gegen Rassismus teilnehmen. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil und SPD-Vize Manuela Schwesig kündigten sich ebenfalls an.
Derweil verteidigte der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland die Proteste Chemnitzer Bürger und grenzte sie von Rechtsextremismus ab. „Ausrasten ist nach einer solchen Tat legitim. Was natürlich nicht legitim ist, (...) dass Menschen gejagt werden, und es ist natürlich nicht legitim, dass der Hitlergruß gezeigt wird“, sagte er im ZDF-„Morgenmagazin“. Dies sei „nicht akzeptabel“.
Nach dem Tod des 35-Jährigen in der Nacht zu Sonntag sind zwei Asylbewerber aus dem Irak und aus Syrien tatverdächtig. Sie befinden sich in Untersuchungshaft. Sie sollen bei einer Messerattacke den Mann getötet und zwei weitere Männer verletzt haben. Bereits 2016 wäre es rechtlich möglich gewesen, den tatverdächtigen Iraker nach Bulgarien abzuschieben, erklärte das Verwaltungsgericht Chemnitz. Dort war er zunächst als Asylbewerber registriert worden. Zuerst hatten „Welt“ und „Nürnberger Nachrichten“ darüber berichtet.
Insgesamt waren beim Verwaltungsgericht Chemnitz laut dem Gerichtssprecher vier Verfahren gegen den Iraker anhängig. Zunächst hatte sich der Mann gegen einen abgelehnten Asylantrag des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) gewehrt. Danach sollte der Mann nach Bulgarien abgeschoben werden, weil er dort zuerst registriert worden war und das Land deshalb zuständig war. Dagegen wehrte sich der Mann erfolglos vor Gericht. Das Gericht hielt die Abschiebung für zulässig. In der Folge sei die Abschiebung laut dem Gerichtssprecher aber nicht vollzogen worden.
Schließlich musste das Bamf erneut entscheiden, weil nun die Zuständigkeit auf die Bundesrepublik übergegangen war. Das Bamf lehnte den Asylantrag laut dem Gerichtssprecher wieder ab. Dieses Mal war die Begründung, dass der Mann in Bulgarien bereits ein Asylverfahren erfolgreich abgeschlossen hatte. Dagegen wehrte sich der mutmaßliche Täter schließlich erfolgreich vor Gericht. Dem Gerichtssprecher zufolge konnte das Bamf nicht nachweisen, dass das Gerichtsverfahren bereits in Bulgarien abgeschlossen war.
Familienministerin Franziska Giffey zeigte sich betroffen von den Ereignissen in der Stadt. „Ich habe Blumen niedergelegt und ich möchte erinnern, vor allen Dingen auch in diejenigen, die jetzt im Schmerz sind für den, der verstorben ist, aber auch für die, die verletzt worden sind“, sagte sie. Zugleich forderte die Familienministerin, die Leistungen der Menschen in Chemnitz, Sachsen und Ostdeutschland überhaupt mehr anzuerkennen.
Derweil bezeichnete der baden-württembergische AfD-Landtagsabgeordnete Stefan Räpple den Justizbeamten, der den Haftbefehl eines mutmaßlichen Täters der Messerattacke von Chemnitz veröffentlicht hatte, als Helden und bot ihm eine Stelle an. Der Betreffende könne sein Team im baden-württembergischen Landtag verstärken, sagte Räpple der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Der Justizvollzugsbedienstete war am Donnerstag mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert worden.
Nach einer neuen Umfrage des ZDF-„Politbarometers“ nehmen 76 Prozent aller Befragten eine sehr große oder große Gefahr für die Demokratie durch Rechtsextreme wahr, 23 Prozent sehen das nicht so.
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dpa, afp
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