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Corona-Notbremse: Stadt und Landkreis in Bayern reißen Grenzwert - Ministerium bleibt bei Lockerungen

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Von: Florian Naumann, Naima Wolfsperger

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Merkel und die Länderchefs haben sich geeinigt: Ab 50 Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern muss gehandelt werden. Doch die Regelung sorgt für Ärger.

Update vom 17. Mai, 16.32 Uhr: Der bayerische Landkreis Straubing-Bogen und auch die Stadt Straubing reißen in der Corona-Epidemie die Obergrenze von 50 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen. Brisant: Dennoch müssen die Lockerungen nicht zurückgenommen werden, wie der Landkreis am Sonntag unter Verweis auf eine Mitteilung des Gesundheitsministeriums erklärte. 

Wörtlich heiße es darin: „Weitere Maßnahmen auf breiter Bevölkerungsebene im Landkreis und Stadtkreis scheinen in der aktuellen Situation nicht geboten.“ Sollten die Infektionszahlen in den nächsten Tagen und Wochen steigen, „müssen die Maßnahmen dahingehend angepasst werden“. Das Ministerium billigte demnach die getroffenen Vorkehrungen in dem Fall.

Am Freitag war bekanntgeworden, dass mindestens 77 Mitarbeiter eines Schlachthofs in Bogen mit dem neuartigen Coronavirus infiziert sind. Bei einer Reihentestung von Hunderten Beschäftigten der Donautal-Geflügelspezialitäten (DGS) waren 59 Proben positiv. Für die Betroffenen wurde Quarantäne angeordnet. Der Betrieb in dem Unternehmen läuft weiter. In der beginnenden Woche sollen Ergebnisse von ähnlichen Massentests in allen 51 Schlachthöfen im Freistaat vorliegen.

Corona-Notbremse: Landkreis Coesfeld darf lockern - trotz Ausbruch in Fleischbetrieb

Update vom 15. Mai, 16.23 Uhr: Am Montag werden die Corona-Kontaktbeschränkungen auch im münsterländischen Kreis Coesfeld gelockert - dann mit einer Woche Verspätung. Das teilte Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Freitag mit. 

Nachdem von 1033 Mitarbeitern der dortigen Firma Westfleisch zuletzt 268 positiv auf das Coronavirus getestet wurden, habe der Kreis nur 16 Neuinfizierte ohne Kontakt zur Fleischindustrie registriert. Laumann sprach deshalb von einem begrenzt lokalen Ausbruchsgeschehen bei Westfleisch in Coesfeld.

Die Zahl der Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner liege mit den Westfleisch-Fällen bei 67,3. Ohne sie liegt der Wert laut Laumann nur bei 7,3. Die von Bund und Ländern vereinbarte Zahl, wenn Lockerungen möglich sind, liegt bei 50. Die Fleischindustrie steht wegen der Arbeitsbedingungen in der Branche in der Kritik. Bayern hat unterdessen seine Obergrenze für Coronavirus-Neuinfektionen verschärft.

Corona-Notbremse: Bayerischer Landkreis reißt Hürde erneut

Update vom 15. Mai, 13.35 Uhr: Der Landkreis Coburg reißt in der Corona-Pandemie weiter die Obergrenze von 50 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen. Das Robert Koch-Institut gab die Quote am Freitag mit 54,1 an. Am Vortag hatte sie bei 58,7 gelegen. 

Schlossplatz in Coburg
Der Schlossplatz in Coburg - der Landkreis hat mit einem Corona-Ausbruch zu kämpfen. © dpa / Nicolas Armer

Die Kreisverwaltung vermutet einen Zusammenhang mit einer erhöhten Zahl von Erkrankungen im thüringischen Nachbarkreis Sonneberg und einem dortigen Dialyse-Zentrum. In Sonneberg lag die Zahl am Freitagmorgen laut RKI bei 46,3 - also unter der Grenze. Coburg ist derzeit der einzige Landkreis in Bayern, der von der Regelung betroffen ist.

Corona-Notbremse: Thüringen kritisierte Konzepte der eigenen Landkreise

Update vom 14. Mai, 18.16 Uhr: Das Thüringer Gesundheitsministerium kritisiert die neuen Schutzkonzepte der besonders vom Coronavirus betroffenen Landkreise Sonneberg und Greiz. Im Falle von Greiz ergreife das Land daher für einen befristeten Zeitraum weitergehende Maßnahmen, als die vom Kreis vorgeschlagenen, hieß es in einer Mitteilung am Donnerstag. „Die Öffnung der gastronomischen Betriebe im Landkreis ist für die kommenden zwei Wochen zunächst nur auf die Außenbereiche zu beschränken“, sagte Ministerin Heike Werner (Linke).

Auch im Falle von Sonneberg bemängelte das Ministerium, dass anders als dringend nahegelegt, der Kreis bislang keine Regel dazu aufstellte, dass Gaststätten nur im Außenbereich öffnen dürfen. Deshalb sei der Kreis nun verbindlich dazu aufgefordert worden. „Wir werden nun genau beobachten, wie sich das Infektionsgeschehen in den beiden Landkreisen weiterentwickelt und Anfang kommender Woche die Lage neu bewerten“, sagte Werner.

In beiden Landkreisen lag die Infektionsrate zuletzt über der Marke von 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen. Die Zahl 50 haben Bund und Länder als Obergrenze festgelegt - wird sie überschritten, müssen Beschränkungskonzepte erlassen werden.

Wegen Merkels Corona-Notbremsen: Stadt Sonneberg startet Corona-Massentest 

Update vom 12. Mai, 12.15 Uhr: Neben dem Landkreis Greiz liegt auch die Stadt Sonneberg in Thüringen bezüglich der Corona-Neuinfektionen über der von Bund und Ländern beschlossenen Obergrenze von 50 neuen Fällen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche. Nun ist in der knapp 24.000 Einwohner zählenden Stadt ein Corona-Massentest gestartet

Ein Team solle insgesamt Abstriche von rund 600 Beschäftigten des Gesundheitscampus nehmen, teilte der Landratsamtsprecher Michael Volk am Dienstag mit. Der Campus gilt als Schwerpunkt des derzeitigen Ausbruchs in der Stadt. Die Aktion habe schon am Vortag bei 180 Beschäftigten des dortigen Krankenhauses gestartet. Mit den Ergebnissen wird demnach etwa in zwei Tagen gerechnet. 

Corona-Krise: Infektionsrate in Sonneberg bei 70 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche

Die Infektionsrate lag in Sonneberg zuletzt bei mehr als 70 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche. Am Dienstag soll der Krisenstab nun über Beschränkungskonzepte beraten. Zunächst wollen die Mitglieder aber Empfehlungen des Gesundheitsministeriums abwarten. Dabei müsse genau erörtert werden, welche Maßnahme sinnvoll und angemessen zur Eindämmung des Corona-Ausbruchs sei, betonte Volk. Ziel sei, die Infektionsketten zu unterbrechen und die Lage zu deeskalieren. In direkter Nachbarschaft zum Gesundheitscampus befindet sich auch ein Dialysezentrum, zwei Seniorenheime sowie Arztpraxen. 

Update vom 11. Mai, 14.15 Uhr: Wegen der vielen Sars-CoV-2-Infektionen bei Mitarbeitern eines Schlachthofs in Coesfeld hatte Nordrhein-Westfalen* als erstes Bundesland die „Notbremse“ in Kraft gesetzt - nun werden die Corona-Auflagen in dem Landkreis zunächst nicht gelockert. 

NRWs Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat nun strengere Arbeitsschutzgesetze für die Branche gefordert. Die flächendeckende Arbeit mit Subunternehmen sei ihm seit Jahren „ein Dorn im Auge“. Den Vorwurf mangelnder Kontrolle wies der Politiker zurück.

Corona-Krise: Rosenheim unterschreitet Grenze für „Notbremse“ bei Infektionen

Update vom 11. Mai, 11.25 Uhr: Erneut hat Rosenheim an der Neuerkrankungs-Marke von 50 pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen gekratzt. Mit einem Wert von 49 hat die Stadt die Marke am Montag knapp unterschritten, wie aus RKI-Zahlen hervorgeht.  

Update vom 11. Mai, 7.06 Uhr: Der Landkreis Greiz ist in den vergangenen Wochen weitgehend unbemerkt zu einem der Corona-Hotspots in Deutschland geworden. Erst seit Bundeskanzlerin Angela Merkel die Obergrenze für Corona-Neuinfektionen - 50 pro 100.000 Einwohner innerhalb eines Landkreises oder einer kreisfreien Stadt in den vergangenen sieben Tagen - sowie den damit einhergehenden Notfallmechanismus, die sofortige Umsetzung strikter Beschränkungen für die betroffene Region, verkündete, macht der thüringische Landkreis Schlagzeilen. 

Infektionszahlen-Obergrenzen, Lockerungen und Demos: Die Corona-Krise bestimmt in Deutschland den Diskurs. Angela Merkel berät sich mit dem Corona-Kabinett - und will danach ein Statement abgeben.

„Wie kommt die Wirtschaft aus der Corona-Starre?“ Frank Plasberg spricht im ARD-Talk „Hart aber fair“ mit ganz unterschiedlichen Gästen über Milliardenhilfen und Steuersenkungen.

Corona-Obergrenze in Greiz deutlich überschritten - doch Landrätin verweigert den Lockdown

Mit einem Wert von zuletzt 75,4 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern liegt der Landkreis laut einem Bericht von Focus.de nicht nur leicht, sondern deutlich über der Obergrenze. Doch Landrätin Martina Schweinsburg (CDU) weigert sich, ihre Einwohner erneut in den Lockdown zu schicken. In einem Interview mit der Welt legt sie dar, warum das ihrer Meinung nach keinen Sinn macht. „Unser Landkreis wird sich nicht in Quarantäne begeben“, betont Schweinsburg. Ein Massentest habe gezeigt, wo die Infektionsschwerpunkte liegen würden: Im südlichen Teil des Landkreises mit den Zentren Greiz und Zeulenroda-Triebes. 

Daher sollen sich Beschränkungen nur lokal auf einen Teil des Landkreises erstrecken. Vor allem seien stationäre Pflegeeinrichtungen von den Infektionen betroffen. Das Besuchsverbot werde dort daher beibehalten. Mit Ausnahme dieser Einrichtungen habe der Landkreis „ein ganz normales Infektionsgeschehen“, wie andere Landkreise auch, betont Schweinsburg. 

In Greiz soll nun weiterhin breit getestet werden - 1.700 Covid-19-Tests pro Woche sind geplant. Weiter erklärt die Landrätin, dass nach wie vor die Richtlinien des Robert-Koch-Instituts gelten würden. „Wie gesagt, es macht keinen Sinn, den ganzen Landkreis Greiz unter Quarantäne zu stellen, während in der Nachbarschaft alles geöffnet wird. Dann gehen die Bürger in die Nachbarkommunen zum Einkaufen oder in die Freibäder“, meint Schweinsburg. 

Corona-Obergrenze auch in bayerischem Hotspot Rosenheim wieder überschritten

Update vom 10. Mai, 17.30 Uhr: Der nächste Fall für die Corona-„Notbremse“ von Bund und Ländern ist da: In der oberbayerischen Stadt Rosenheim ist erneut die Marke von 50 Coronavirus-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche überschritten worden. Der Wert habe am Sonntag bei 50,5 gelegen, teilte das bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) am Sonntag in Erlangen mit. 

Rosenheim hatte bereits am 7. Mai den Grenzwert gerissen. Die aktuell erneut gestiegenen Fallzahlen seien durch eine Reihentestung in einer Asylbewerberunterkunft zu erklären, teilte das Landesamt mit.

Damit sind jetzt fünf Orte in Deutschland bekannt, in denen die vereinbarte Obergrenze überschritten wird: neben der Stadt Rosenheim die Landkreise Greiz und Sonneburg in Thüringen, Coesfeld in Nordrhein-Westfalen und Steinburg in Schleswig-Holstein.

Riesen-Chaos um Corona-Notbremsen: Nächster Landkreis liegt über kritischem Wert

13.48 Uhr: Im Landkreis Sonneberg in Südthüringen sind in den vergangenen sieben Tagen mehr als 50 Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner registriert worden. Der Wert lag mit Stand Sonntagvormittag (10.00 Uhr) bei 66,7 Neuinfektionen, wie der Sprecher des Landratsamts, Michael Volk, auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Insgesamt seien bis zu diesem Zeitpunkt 155 Infektionen im Landkreis nachgewiesen worden.

Der Wert von 50 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche gilt als Obergrenze, bei deren Überschreitung Bund und Länder künftig strikte Beschränkungen zur Eindämmung der Pandemie vorsehen - in der betreffenden Region.

Volk sagte über die Situation im Landkreis Sonneberg: „Wir werden die Lage sehr kritisch weiter beobachten und prüfen und im Rahmen der neuen Verordnung gegebenenfalls auch härtere Maßnahmen ergreifen.“ 

Ein Infektionsschwerpunkt sei ein Krankenhaus in Sonneberg. Auch Mitarbeiter hatten sich infiziert. In Abstimmung mit dem Klinikum sei dort deshalb am Freitagabend ein vorübergehender Aufnahmestopp beschlossen worden. Aber auch außerhalb des Krankenhauses gebe es Neuinfektionen im Landkreis, betonte Volk.

Mit 74,4 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner war der Landkreis Greiz bundesweit die erste Region, in der der offiziell kritische Wert überschritten wurde. Daneben wurde die Obergrenze auch in Coesfeld in NRW sowie im Kreis Steinburg in Schleswig-Holstein gerissen.

Corona-Obergrenzen-Chaos: Coesfeld liegt weiter deutlich darüber

Update vom 10. Mai, 11.51 Uhr: In Coesfeld liegt die Zahl der Neuinfektionen nach dem Corona-Ausbruch in einer Fleischfabrik weiter deutlich über der vereinbarten Obergrenze. Nach Angaben des RKI lag der Wert am Sonntag bei 85 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern und Woche. Nach Angaben des RKI vom Samstag hatte dieser Durchschnittswert noch 76 betragen (Stand 9.5. 00.00 Uhr). Das RKI weist aber darauf hin, dass es unter anderem durch einen Verzug bei Datenübermittlungen zu Diskrepanzen zwischen seinen Angaben und den tatsächlichen lokalen Zahlen kommen kann.

Außer dem Kreis Coesfeld lagen alle anderen Kreise und kreisfreien Städte in Nordrhein-Westfalen deutlich unter dem Grenzwert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen.

Der Kreis Coesfeld hat in Abstimmung mit der NRW-Landesregierung als Konsequenz bereits einen Großteil der eigentlich von Montag an landesweit geplanten Lockerungen der Corona-Auflagen um eine Woche verschoben. Von 1200 Beschäftigten des betroffenen Fleischbetriebes waren bis Samstagabend 930 getestet worden. Die Zahl der festgestellten positiven Corona-Fälle stieg auf mehr als 190.

Update vom 9. Mai, 08.27 Uhr: Im Kreis Coesfeld (NRW) wurde nur offenbar die erste Notbremse gezogen. Laut dpa-Angaben hat NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) den schwer betroffenen Schlachthof mit 129 infizierten Mitarbeitern geschlossen. Weitere Lockerungen, die für diese Woche geplant waren, seien auf 18. Mai verschoben worden - darunter die Öffnung von Freizeitparks, Gaststätten und Geschäften von mehr als 800 Quaadratmetern. Auch die Kontaktbeschränkungen könnten nicht gelockert werden.

In Schleswig-Holstein, wo im Landkreis Segeberg ebenfalls ein Schlachthof betroffen ist, kündigte das Gesundheitsministerium am Freitagabend an, die Mitarbeiter aller Schlachtbetriebe im Land auf das Coronavirus testen zu lassen.

Corona-Ausbruch im Kreis Steinburg: Geschlossene Zufahrt zum betroffenen Schlachthof
Corona-Ausbruch im Kreis Steinburg: Geschlossene Zufahrt zum betroffenen Schlachthof © dpa / Carsten Rehder

Da in vielen Schlachtbetrieben häufig ausländische Arbeitskräfte beschäftigt sind und die Hygienekonzepte nicht ausreichend zu sein scheinen, hatten sich offenbar bereits mehrere diplomatischen Vertretungen der Herkunftsländer der Beschäftigten besorgt gezeigt. 

Der Deutsche Landkreistag plädiert dafür, „bei eindeutig isolierbaren Infektionsherden wie etwa Altenheimen oder einzelnen Schulen“ nicht „Maßnahmen für die Allgemeinheit anzuordnen oder bereits bestehende Lockerungen breit zurückzunehmen“. Dies sei eindeutig nicht angezeigt, sagte Präsident Reinhard Sager am Freitag der dpa.

Corona-Notbremse: Reaktionen auf Überschreitung der Zahlen irritieren

Update 14.35 Uhr: In mindestens drei Landkreisen ist die von Bundesregierung und den Ministerpräsidenten festgelegte Obergrenze für Corona-Neuinfektionen bereits überschritten. Doch die Reaktionen auf die konkreten Fälle irritieren: Einerseits halten Ärzte die Grenze für viel zu hoch gesteckt (siehe Update von 13.00 Uhr) - andererseits rudern Kommunalpolitiker, aber in einem Fall auch Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) mit Blick auf mögliche Lockdowns bereits zurück. Auch die Landespolitik scheint nicht vorbereitet.

Im Thüringer Landkreis Greiz etwa will Landrätin Martina Schweinsburg (CDU) in der kommenden Woche sogar mit Lockerungen bei den Beschränkungen beginnen. „Einerseits ist es wichtig, die weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern, andererseits können wir unserer Wirtschaft, unserer Gastronomie keine weiteren Blockaden aufbürden“, erklärte Schweinsburg schon am Donnerstag. Es mache „wenig Sinn, bei uns alles zu verbieten, was wenige Kilometer weiter nötig ist“.

Landrätin Schweinsburg zu hohen Corona-Zahlen in Greiz
Denkt trotz „Notbremse“ an Lockerungen: Die Greizer Landrätin Martina Schweinsburg © dpa / Martin Schutt

Auch Braun hatte mit Blick auf den Fall Greiz beschwichtigt. „Es gibt keinen Automatismus für breite Kontaktbeschränkungen“, betonte er im ZDF-Talk „Maybrit Illner“. Weil der Ausbruch in Greiz „sehr abgegrenzt“ vor allem in Pflegeeinrichtungen stattfinde, könne er sich gut ein Beschränkungskonzept vorstellen, das ohne breite, allgemeine Beschränkungen auskomme.

Corona-Notbremse: Noch keine konkreten Pläne für erneuten Lockdown

Am Freitag war zudem bekannt geworden, dass auch der Kreis Steinburg in Schleswig-Holstein die Obergrenze überschritten hat - unter anderem aufgrund eines Ausbruchs in einem Schlachthof im Nachbarkreis Segeberg. Eine Sprecherin des Kreises wusste dennoch nichts von geplanten Maßnahmen, wie die dpa berichtete. Es gebe schlicht noch keine Verordnung des schleswig-holsteinischen Gesundheitsministeriums. 

Auch im dritten aktuellen Hotspot, im Kreis Coesfeld, gibt es offenbar noch keine konkreten Pläne in Richtung Lockdown. Der Kreis erklärte am Freitagmorgen, dass die Situation fortlaufend bewertet und über Maßnahmen beraten werde.

Offiziell hält das Kanzleramt allerdings entschlossen an der Regelung fest. Bei 50 Neuinfektionen pro hunderttausend Einwohner „muss die Feuerwehr kommen, denn dann brennt der Dachstuhl lichterloh“, erklärte Braun. Andernfalls bestehe die Gefahr, irgendwann „mit 100 oder 200 Infektionen“ und „mit überforderten Krankenhäusern“ aufzuwachen.

Corona-Notbremse: Auch Kreis in Schleswig-Holstein wartet auf Verordnungen

Update 14.12 Uhr: Auch in Schleswig-Holstein hat jetzt ein Landkreis die von Bund und Ländern festgelegte Obergrenze neuer Corona-Infektionen überschritten. Mit 87 bestätigten aktuellen Fällen lag der Kreis Steinburg am Freitag über der Höchstzahl von 50 Neuinfizierten je 100.000 Einwohner. Der Grenzwert für den Kreis mit 131 000 Einwohnern liegt nach Behördenangaben bei 66 Neuinfektionen. Insgesamt gab es dort bislang 164 bestätigte Covid-19-Fälle. Drei Menschen starben. 74 sind wieder gesund.

Zu notwendigen Maßnahmen könnten noch keine Angaben gemacht werden, sagte eine Sprecherin des Kreises. Es gebe noch keine entsprechende Verordnung des Landesgesundheitsministeriums.

„Schleierhaft“: Experten warnen vor Merkels Notbremse - zwei Landkreisen droht schon der Ernstfall

Update vom 8. Mai, 13.00 Uhr: Von einigen Experten wird sie als zu lasch eingeordnet (siehe Update vom 7. Mai, 11.09 Uhr) - dennoch könnte die von der Bundesregierung um Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidenten beschlossene „Notbremse“ für Corona-Lockerungen schon bald zum ersten Mal greifen.

Dem besonders vom Coronavirus betroffenen Kreis Coesfeld drohen als erstem in Nordrhein-Westfalen neue Beschränkungen in der Pandemie. Nach Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) ist der Grenzwert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche überschritten worden. Er lag am Freitag (Stand: 0.00 Uhr) bei 52,7.

Auch im thüringischen Landkreis Greiz wurden bis Freitag (Stand 0.00 Uhr) innerhalb von 7 Tagen 75,4 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner nachgewiesen, wie aus einer Übersicht des RKI hervorgeht. Das ist ein leichter Rückgang zum Vortag (80,5), aber weiterhin deutlich über der vorgesehenen Obergrenze von 50.

„Notbremsen“-Debatte: Ärzte der Gesundheitsämter kritisieren Grenze - Braun denkt an Sonderlösung für Greiz

Im dem Kreis will der Krisenstab am Montag über weitere Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie entscheiden. Der Fokus liegt nach Angaben des Landratsamtes vom Freitag weiter auf Pflegeheimen. Nun könnten die in ganz Thüringen geplanten Lockerungen bei Besuchen in Alten- und Pflegeheimen für den Ostthüringer Landkreis ausfallen. Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) deutete in einem TV-Talk an, da der Ausbruch in Greiz „sehr abgegrenzt“, könne er sich ein Konzept vorstellen, das ohne breite, allgemeine Beschränkungen auskommen.

Langsame Schritte in die neue Normalität: Kanzlerin Angela Merkel und die Fallzahlkarte des RKI (rechts).
Langsame Schritte in die neue Normalität: Kanzlerin Angela Merkel und die Fallzahlkarte des RKI (rechts). © Michael Kappeler/dpa

Auch der Bundesverband der Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD) hat die in den Lockerungsplänen von Bund und Ländern vereinbarte Infektionsobergrenze unterdessen als viel zu hoch kritisiert. „Wie die Gesundheitsämter damit klarkommen sollen, ist mir ein Rätsel. Das ist nicht zu schaffen“, sagte die Verbandsvorsitzende Ute Teichert dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Die Gesundheitsämter werden ohne dauerhafte Personalunterstützung in die Knie gehen.“ Teichert sagte weiter: „Die Zahl 50 ist eine mir nicht bekannte Zahl. Uns ist schleierhaft, wo sie herkommt.“

Merkels „Notbremse“ in der Kritik: Bier- und Familienfest als Coronaherde in Rosenheim und Greiz?

Update 14.01 Uhr: Neben Rosenheim in Bayern gilt der 98.000 Einwohner-Landkreis Greiz im Südosten Thüringens als Corona-Hochburg. Mit 85 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner innerhalb der vergangenen sieben Tage führt Greiz nicht nur einen traurigen deutschlandweiten Infektionsrekord an. Der Landkreis bedient damit den Faktor 50, den Angela Merkels Notbremsen-Verordnung vorsieht, um einen Lockdown zu bedingen. 

Doch woher kommen die hohen Infektionszahlen in Greiz? In Rosenheim ließ sich die hohe Zahl der Infizierten auf ein Starkbierfest zurückführen. Und auch in Greiz waren laut Bild.de größere Feste für die Verbreitung des Coronavirus verantwortlich. Jedoch handelte es sich dabei lediglich um zwei Familienfeiern - immerhin mit jeweils mehr als 500 Gästen. 

Die Feiern fanden offenbar Ende Februar und Anfang März statt. Etliche Teilnehmer müssen sich dabei angesteckt haben. Erstmals konnte am 13. März die Infektionskette auf einen Partygast zurückgeführt werden und die Verbreitung ist wohl noch nicht gestoppt. Mehr als 500 Menschen hatten sich im Landkreis infiziert. 

Ungerecht und manipulierbar? Experte zerpflückt Merkels Notbremse am Beispiel München

Update vom 7. Mai, 11.09 Uhr: Das Krisenmanagement in der Coronavirus-Pandemie liegt seit Mittwoch hauptverantwortlich bei den Bundesländern. Eine sogenannte Notbremse konnte Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Beratung mit den Ministerpräsidenten aber durchsetzen. Sollten binnen sieben Tagen mehr als 50 Neuinfektionen in einem Landkreis gemeldet werden, müsse ein Lockdown folgen. Diese Marke sei fragwürdig und ungerecht, erklärt Ulrich Mansmann, Direktor vom Institut für medizinische Informationsverarbeitung, Biometrie und Epidemiologie (IBE) an der Ludwig-Maximilians-Universität München im Gespräch mit Focus.de

„Für die Stadt München bedeutet das zum Beispiel mehr als die Verdoppelung des momentanen Infektionsgeschehens, das für die vergangene Woche 21,5 nachgewiesene Infektionen auf 100.000 Einwohnern betrug“, so Mansmann. Sollte in der Millionenstadt diese Grenze erreicht werden, sei fraglich, ob eine rasche Verbreitung dann überhaupt noch aufgehalten werden könne. 

In einwohnerstarken kreisfreien Städten verlaufe eine Verbreitung des Virus nach dem „Notbremsen“-Faktor möglicherweise weitgehend unbemerkt. In einer Millionenstadt werden demnach erst bei 500 Fallzahlen Maßnahmen ergriffen. Kleinere Landkreise seien zugleich benachteiligt, findet Mansmann. Bei rund 100.000 Einwohnern folgt schließlich bereits bei 50 Infizierten der Lockdown. „Eine solche Grenze müsste regional gestaffelt sein. Denn in einem kleineren Landkreis ist sie bei einem Ausbruch schnell erreicht“, so der Experte. 

Auch sei Merkels Notbremse manipulierbar. Um Infektionszahlen zu Schönen könnten schlicht die Testungen zurückgefahren werden. „Eine solche fixe Obergrenzenzahl wäre manipulierbar. Aber dagegen hilft eine klare und nachvollziehbare Dokumentation der Testungen“, mahnt Mansmann.

Kritik wird nun auch wegen der weiterhin geschlossenen Grenzen laut. Der Münchner Merkur kommentiert: Der Bund solle sich nun um eine „europawürdige Grenzpolitik“ kümmern*. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) pocht indes wegen der Corona-Krise auf höhere Steuern für Reiche.

Merkels rote Linie für Corona-Neuinfektionen: Zwei Landkreise müssten im Lockdown bleiben

Ursprungsartikel vom 6. Mai 2020: 

München - Es ist einer der zentralen Eckpunkte im Konzept der Bundesregierung bei den Lockerungen in der Corona-Krise: Die Bundesländer müssen sicherstellen, dass in Landkreisen oder kreisfreien Städten mit mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern innerhalb der letzten sieben Tage sofort wieder ein konsequentes Beschränkungskonzept umgesetzt werden muss. 

Das heißt konkret: Liegt die Zahl über 50, dann muss der Landkreis oder die Stadt wieder Lockdown-Maßnahmen ergreifen. Darauf einigten sich Merkel mit den Länderchefs am Mittwoch in einer Schalt-Konferenz.

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Corona-Obergrenze: Heftige Diskussion um Neuinfektionen

In der Schalte zwischen den Länderchefs und Merkel hatte es heftige Diskussionen über diesen Punkt gegeben, weil vor allem die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen diese Obergrenze nicht akzeptieren wollten. 

Am Ende setzte sich aber Kanzlerin Merkel mit ihrem Vorschlag durch. Die Kanzlerin macht sich für behutsame Lockerungen stark, denn einige Virologen befürchten herbe Rückschläge bei zu viel Offenheit.

Sie dringt auf ein schnelles Gegensteuern bei möglichen regionalen Corona-Ausbrüchen. Dafür sei ein mit den Ländern vereinbarter „Notfallmechanismus“ wichtig, sagte sie am Mittwoch in Berlin nach Beratungen mit den Ministerpräsidenten. „Wenn regionale Infektionsherde wieder auftreten, muss man direkt besondere Maßnahmen wieder einsetzen können.“

Corona-Neuinfektionen: Rosenheim und Greiz liegen über der Obergrenze

Obwohl in Deutschland die Zahl der Neuinfektionen stark gesunken ist, liegen aktuell zwei Regionen über der harten Grenze von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern. Es ist zum einen die kreisfreie Stadt Rosenheim. Dort gab es im Durchschnitt laut Robert-Koch-Institut 52,1 neue Fälle hochgerechnet auf 100.000 Einwohner. Die Stadt selbst zählt derzeit knapp über 63.000 Einwohner.

Die „Notbremse“ sei laut Söder eine Notfallpolice, die allen aufzeige, wann wieder eingeschritten werden müsse. Dies sei das „zentrale Element“ aller Planungen.

Treffen wird es voraussichtlich auch den Landkreis Greiz in Thüringen. Dort liegt die Zahl der Neuinfektionen mit 84,6 pro 100.000 Einwohnern noch höher als in Rosenheim. Der Landkreis liegt deutschlandweit auf dem obersten Platz der RKI-Statistik.

Bei einigen Landkreisen geht es eng zu: Der Zollernalbkreis und der Landkreis Heidenheim (beide in Baden-Württemberg) hatten in den letzten sieben Tagen durchschnittlich 47,6 beziehungsweise 49,8 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner.

Corona-Beschränkungen nur für einzelne Einrichtung möglich

Wie die Behörden nun in Rosenheim und im Landkreis Greiz reagieren werden, steht noch nicht fest. Bei einem klar eingrenzbaren Infektionsgeschehen, etwa in einer Einrichtung, könne ein Beschränkungskonzept auch nur die Einrichtung umfassen, so die Vereinbarung der Länderchefs mit der Bundesregierung. 

Bei einem weiter verteilten regionalen Ausbruch und unklaren Infektionsketten müssten aber auch inzwischen aufgehobene allgemeine Beschränkungen regional wieder eingeführt werden. Solche Maßnahmen müssten gelten, bis der Richtwert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern mindestens sieben Tage unterschritten werden.

Übrigens: Nach den Bund-Länder-Beratungen am Mittwoch wurden Details zum Ablauf der Konferenz bekannt. So soll es zwischen Kanzlerin Angela Merkel und einem Ministerpräsidenten besonders viel Gesprächsbedarf gegeben haben

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mb/dpa

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