Foto aufgetaucht: Bayerischer Verfassungsrichter bei Reichstag-Demo - Augenzeuge mit brisanter Beobachtung
Die Vorfälle nach einer Corona-Demo vor dem Reichstag könnten auch in Bayern hohe Wellen schlagen: Ausgerechnet ein Verfassungsrichter wurde bei der Kundgebung gesehen.
Berlin/München - Die Geschehnisse vor dem Berliner Reichstagsgebäude am Samstag haben viele Menschen beunruhigt: Reichsflaggen wehten vor dem Sitz des Deutschen Bundestags - später versuchten Demonstranten gar, in das auch historisch bedeutungsvolle Gebäude einzudringen. Polizisten verhinderten Schlimmeres.
In die große Riege der Mahnenden und Kritiker reihte sich am Sonntag neben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ein. Söder sprach angesichts der Vorkommnisse bei der Corona-Demonstration von einem „Rückfall in dunkelste Kapitel unserer Geschichte“. Nicht nur „körperlicher, sondern auch geistiger Abstand“ sei hier nötig.

Doch brisanter Weise hat ausgerechnet ein ehrenamtlicher Richter des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes diesen Abstand vor dem Berliner Reichstagsgebäude nicht eingehalten - in jedem Falle physisch, wie zunächst Fotos in sozialen Netzwerken zeigten. Der AfD-Lokalpolitiker und nicht-berufliche Verfassungsrichter Rüdiger Imgart bestätigte seine Anwesenheit am Sonntagabend Merkur.de* auf Anfrage. Er verteidigte sich jedoch gegen Vorwürfe.
Corona-Demos in Berlin: Ehrenamtlicher bayerischer Verfassungsrichter vor Reichstag - Gespräch mit Pegida-Aktivistin?
Die Aufnahme besitzt Sprengkraft. Zu sehen ist, dass Imgart ohne Mund-Nase-Schutz vor dem Reichstagsgebäude zwischen Demonstranten steht. Im Hintergrund werden mehrere Reichsflaggen geschwenkt. Nach Informationen der auch von der Bayern-SPD getragenen Webseite „Endstation rechts. Bayern“ befand sich Imgart dabei unter anderem im Gespräch mit einer „zentralen Aktivistin" von Pegida München. Die Gruppierung wird bereits seit 2015 vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet.
Einige Zeit später versuchten mehrere Protestierende in das Reichstagsgebäude einzudringen. Imgart sieht, von Merkur.de* mit der Aufnahme konfrontiert, gleichwohl explizit kein Problem in seiner Anwesenheit.
Corona-Demos in Berlin: Ehrenamtlicher Verfassungsrichter vor Reichstag - er sieht "keinen Konflikt" mit seiner Tätigkeit
Er habe die - nach langem Hin und Her - genehmigte Demonstration der Gruppierung Querdenken besucht, erklärte Imgart - unter anderem, um sich „ein eigenes Bild von dieser Veranstaltung und insbesondere der Anzahl der Teilnehmer zu machen“. Auf dem Weg Richtung Berliner Hauptbahnhof habe er die Veranstaltung am Reichstag bemerkt und „noch fünf Minuten“ die Ausführungen des Fernsehkochs Attila Hildmann verfolgt - der als Verschwörungstheoretiker bekannte Hildmann habe „ziemlichen Unsinn fabuliert“, urteilte Imgart. Während der folgenden Ansprache habe er das Gelände wieder verlassen.
Berlin: Verfassungsrichter bei Reichstag-Demo: Nur "fünf Minuten"? Augenzeuge will Irmgart länger gesehen haben
Ein Augenzeuge will Imgart gleichwohl von mindestens 16.37 bis 17.00 Uhr auf dem Gelände vor dem Reichstag gesehen haben, wie er unserer Redaktion unter Verweis auf entsprechende Foto-Daten erklärte. Die fraglichen Aufnahmen liegen Merkur.de* vor.“
Einen Konflikt mit seiner Tätigkeit am Verfassungsgerichtshof gebe es nicht, betonte Imgart gegenüber Merkur.de*. Er habe weder „mit irgendwelchen Fahnen demonstriert“ noch sich mit „irgendwelchen obskuren Forderungen einverstanden“ erklärt: „Im Gegenteil: Ich habe die Veranstaltung ganz kurzfristig wieder verlassen“. Hildmanns bereits zu diesem Zeitpunkt geäußerte Forderung, Demonstranten* ins Reichstagsgebäude einzulassen sei ihm entschieden zu weit gegangen.
Imgart ist bereits seit März 2013 AfD-Mitglied, wie er vor einiger Zeit in einem Interview mit dem Weilheimer Tagblatt* erklärte. Später trat der Rechtsanwalt im Stimmkreis Weilheim-Schongau als Direktkandidat für den Landtag an. „Ich habe gesagt, einmal mache ich das mit. Mein Ruf ist jetzt ruiniert, aber das kann ich mir erlauben, auch finanziell“, erklärte er in dem Gespräch. Inzwischen wurde er auf Vorschlag der AfD als „nichtberufsrichterlicher Verfassungsrichter“ vereidigt.
Ob die Parteien im bayerischen Landtag den Demonstrations-Besuch Imgarts ebenfalls unproblematisch finden werden, bleibt abzuwarten. Bereits seine Anwesenheit könnte durchaus als „Einverständnis“ mit den geäußerten Forderungen gewertet werden - trotz anderslautender Erklärung. Die Aufmerksamkeit könnte sich dabei nach seiner klaren Forderung nach physischem und geistigem Abstand von Vertretern des Freistaats zu Demonstrierenden mit extremen Positionen dabei auch auf Regierungschef Markus Söder richten.
Berlin: Offenbar auch Polizisten aus Bayern als Corona-Redner - SPD fordert Aufklärung von Söders Regierung
Imgarts Aufenthalt bei der Corona-Demo vor dem Reichstag ist nicht der einzige Vorfall vom Wochenende, der in Bayern für Gesprächsstoff sorgen wird. Bei weiteren Corona-Kundgebungen in der Hauptstadt haben womöglich erneut auch bayerische Polizisten Reden gehalten.
Im Falle der Polizisten forderte die bayerische SPD schon am Sonntagmittag Aufklärung. „Wenn sich die Meldungen bewahrheiten, muss das Bayerische Innenministerium harte Konsequenzen folgen lassen“, erklärte der Rechtsextremismus-Experte der Landtagsfraktion, Florian Ritter, in einem auch auf Facebook veröffentlichten Statement.
Der SPD-Politiker forderte in einer Anfrage an Söders Staatsregierung Aufklärung darüber, ob und wie viele bayerische Polizeibeamte bei den Kundgebungen sprachen - und in welcher Funktion bei der Polizei sie tätig sind. Bereits zuvor hatte es Aufregung um Redner aus Reihen der Polizei bei Corona-Demos gegeben. Schlagzeilen machte unter anderem ein brisanter Fall aus Hannover.
Auch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ist am Wochenende von Corona-Gegnern angegangen worden - offenbar kam es bei einem Wahlkampf-Auftritt sogar zu Spuckereien. Der Berliner Verfassungsschutz hat sich unterdessen zur Zusammensetzung der Demonstrationsteilnehmer in Berlin geäußert. (fn) *Merkur.de und Weilheimer Tagblatt sind Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.
Sie besuchte die Corona-Demo in Berlin und meldete sich kurz darauf krank. Ihre Teilnahme an der Demo verschwieg die Mitarbeiterin eines Altenheims jedoch. Nun wurde ihr gekündigt.