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Eltern „am Limit“: „Bekloppte“ Ministeriums-Entscheidung sorgt für Wut - Nun will Giffey Finanzspritze für Familien

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Eltern „am Limit“: „Bekloppte“ Ministeriums-Entscheidung sorgt für Wut - Nun will Giffey Finanzspritze für Familien
Mehr Geld für Eltern? Die SPD-Minister Hubertus Heil und Franziska Giffey schlingern einer Lösung entgegen. © dpa / Wolfgang Kumm

Für viele Eltern ist die Corona-Krise eine große Belastung. Doch das Arbeitsministerium will eine wichtige Hilfe nicht verlängern. Der Schritt stößt auf Empörung.

Update 17.00 Uhr: Gerade erst hatte das offenbar angedachte Aus der Lohnfortzahlung für Eltern in der Corona-Krise Negativschlagzeilen gemacht - nun will Ministerin Franziska Giffey (SPD) die Familien im Land mit einer einmaligen Finanzspritze versorgen.

„Ich will einen Familienbonus: 300 Euro einmalig zur freien Verfügung für jedes Kind“, sagte sie dem Spiegel. Giffey zufolge würde das nicht nur den Familien helfen, sondern auch einen „starken Konjunkturimpuls setzen“. Unklar bleibt, inwieweit es dazu möglicherweise schon konkrete Pläne innerhalb der Regierung gibt. Auf Nachfrage nannte das Familienministerium in Berlin keine weiteren Details.

Die Familienministerin äußerte gegenüber dem Spiegel die Hoffnung, dass die Kitas so schnell wie möglich den Normalbetrieb wiederaufnehmen können. Das könne aber der Bund nicht festlegen. „Die Verantwortlichen in den Ländern und Kommunen müssen entscheiden, welche Lockerungen vertretbar sind und welche noch nicht“, sagte Giffey. Sie wisse, dass dies „eine sehr belastende Situation“ sei. „Ich bin ja auch Mutter, ich weiß, wie das ist“, so die SPD-Politikerin.

Ministerium will Hilfe für Eltern stoppen: Wut über „bekloppte“ Entscheidung - Heil rudert schnell zurück

Berlin - Der Freitag hat mit einer Hiobsbotschaft für viele Eltern begonnen: Die Bundesregierung will die Lohnfortzahlung für Eltern, die in der Corona-Krise wegen geschlossener Kitas oder Schulen nicht arbeiten können, offenbar doch nicht verlängern.

„Angesichts der verstärkt öffnenden Schulen und Kindergärten wird es nach heutigem Stand keine Verlängerung der Regelung geben“, sagte eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ). Die Entscheidung stieß schon am Vormittag auf teils heftige Empörung bei Eltern - und bei Teilen der Opposition. Insbesondere, weil von einem normalen Betrieb in Schulen und Kitas bislang keine Rede sein kann.

Coronavirus: Arbeitsministerium will Lohnfortzahlung für Eltern nicht verlängern

Der Hintergrund: Eltern konnten seit dem 30. März für sechs Wochen 67 Prozent ihres Lohns vom Staat erhalten, wenn sie Kinder unter zwölf Jahren während der Pandemie wegen geschlossener Kitas und Schulen zu Hause betreuen müssen und deshalb Einkommensverluste haben. Die Leistung ist aber begrenzt auf 2016 Euro für einen vollen Monat. Zeiten, in denen die Kita oder Schule ohnehin wegen Ferien geschlossen* wäre, werden nicht mitgerechnet.

Versprechen gebrochen? Ministerium will Hilfe für Eltern stoppen - Wut über „bekloppte“ Entscheidung
Coronavirus: Mit den Kindern Zuhause - viele berufstätige Eltern stehen derzeit vor Problemen. © dpa / Karl-Josef Hildenbrand

Für manche Eltern wären die Zahlungen damit Mitte Mai erschöpft. Allerdings hat nach Angaben des Arbeitsministeriums jedes Elternteil einen eigenen Anspruch, „sodass insgesamt 12 Wochen häusliche Betreuung möglich sind“. 

Coronavirus und die Folgen für Eltern: Heil rudert zurück - Gespräch mit der Kanzlerin

Bereits wenige Stunden nach Veröffentlichung des Berichts bemühte sich Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) aber um Schadensbegrenzung. Er will sich für eine Anschlussregelung einsetzen. 

„Ich bin der festen Überzeugung, dass wir einen neuen Anlauf finden müssen, um für den Übergang auch eine neue Regelung zu finden“, sagte der SPD-Politiker am Freitag im Bundesrat. Über das Thema werde am kommenden Montag bei einem Treffen von Gewerkschafts- und Arbeitgebervertretern mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gesprochen, kündigte Heil an.

Alle Länder arbeiteten „mit Hochdruck“ daran, von der Notbetreuung von Kindern zu einem uneingeschränkten Regelbetrieb zu kommen, sagte auch der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU). „Doch noch sind wir nicht überall so weit“, erklärte Hans. Deswegen plädiere er dafür, jenen Eltern, die wegen fehlender Kinderbetreuung zuhause bleiben müssen, die Entschädigungen über die bisher möglichen sechs Wochen hinaus zu verlängern.

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Pikant war die Neuigkeit auch, weil die Bundesregierung zunächst etwas anderes versprochen hatte. Familienministerin Franziska Giffey (SPD) hatte im April in Aussicht gestellt, die Lohnausfallzahlungen zu verlängern. Auch Heil hatte eine „Anschlussregelung“ angekündigt. Auch aus der CDU waren Rufe nach einer Verlängerung der Lohnfortzahlung für Eltern gekommen.

Linksfraktionschef Dietmar Bartsch appellierte an Merkel und Heil, die Sechs-Wochen-Frist „unbürokratisch zu verlängern, bis es einen Regelbetrieb an Grundschulen und Kitas gibt“. Auch DGB-Vorstand Anja Piel drängte in der NOZ auf eine Nachbesserung. Viele Familien sind nach ihren Worten angesichts des Notbetriebs in den Kitas und des eingeschränkten Schulbetriebs „weiter von Existenzsorgen und Betreuungsengpässen gebeutelt“.

Ein weiterer durchaus brisanter Aspekt: Nach Recherchen aus dem Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerk ist der Öffentliche Dienst selbst sehr großzügig, was die Regelungen für Eltern angeht. Dort erhalten Bundesbeamte und Tarif-Angestellte bis zu 20 Tage bezahlten Sonderurlaub, Beschäftigte des Freistaats Bayern sogar unbegrenzte Freistellungen mit Lohnfortzahlungen. Lediglich die kommunalen Arbeitgeber machen seit Ende der Osterferien nicht mehr mit. Die Entscheidung liegt aber bei den Personalstellen vor Ort und erfolgt nach Ermessen.

Coronavirus: Eltern „am Limit“ - Wut über „bekloppte“ Entscheidung zu Lohnfortzahlung

In den sozialen Netzwerken übten nicht zuletzt Userinnen, die augenscheinlich selbst Mütter sind, an der Entscheidung harsche Kritik. „Eltern sind am Limit und die Bundesregierung streicht die Lohnfortzahlung“, hieß es auf Twitter etwa - dabei werde nach dem Abfeiern von Überstunden und Urlauben die Regelung gerade jetzt für viele relevant. 

Die Begründung für den Beschluss sei „bekloppt“, urteilte eine andere Kommentatorin mit Blick auf die vergleichsweise kleine Anzahl an Kindern, die etwa in Bayern ab Ende Mai wieder Kita oder Schule besuchen könnten (Merkur.de* berichtete). Ähnlich äußerte sich auch der Frauenrat in einem Tweet: Das Arbeitsministerium ignoriere, „dass Kinder zum Teil nur wenige Stunden/Woche betreut werden können“.

Corona bringt Eltern in Nöte: Grüne-Chefin fordert „Corona-Elterngeld“

Unzufrieden sind auch die Grünen. Die Fortführung der Lohnfortzahlung sei "das Mindeste, aber es reicht angesichts der Lage nicht aus", sagte Parteichefin Annalena Baerbock der Nachrichtenagentur AFP. "Kitas und Schulen sind ja himmelweit von einem Normalbetrieb entfernt." Solange nicht jedes Kind regulär betreut werde, sei ein „verlässliches Corona-Elterngeld“ notwendig: "Es sichert finanziell ab und schützt vor Kündigung, wenn man wegen fehlender Betreuungskapazitäten nicht arbeiten kann."

Auch aus der deutschen Wirtschaft gab es am Freitag schlechte Nachrichten: Offizielle Zahlen zeigen eine Rezession - doch Schlimmste wird wohl noch kommen.

dpa/AFP/Florian Naumann/Heidi Geyer

*Merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.

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