Der CDU-Chef hat die Büchse der Pandora geöffnet

Nächstes Jahr wird es brandgefährlich
War es ein unbeabsichtigter Patzer, eine Nebelkerze oder ein kalkulierter Tabubruch? Leider spricht vieles für kaltes Kalkül, wenn man sich die Interview-Äußerung von Friedrich Merz zur AfD genau anhört. Seit Wochen sorgen die steigenden Umfragewerte für die AfD vor allem in Unionskreisen für Ratlosigkeit. Und so mancher CDU-Lokalpolitiker erhofft sich schon lange ein Signal aus Berlin für einen offeneren Umgang mit der AfD. Der rechtspopulistischen Partei aber nun auf kommunaler Ebene quasi die Hand zu reichen, ist so riskant, dass der CDU-Chef damit sich selbst, seiner Partei und seinem Land erheblich geschadet hat. Daran ändert auch sein Rückzieher nichts.
Merz hat mit dieser Äußerung die Büchse der Pandora geöffnet. Er hat auch zuvor gerne mal polarisiert und ausgesprochen, was viele CDU-Anhänger denken - wie etwa bei seiner „Pascha“-Äußerung über Jungs aus Migrantenfamilien. Diesmal aber hat er eine Grenze überschritten, die seine Partei sich selbst gesetzt hat. Eine Grenze, auf deren Einhaltung jeder Demokrat pochen muss. Entsprechend heftig war der Protest auch innerhalb der Union. Länder-Chefs wir Markus Söder und Boris Rhein haben sich klar gegen die Äußerungen von Merz gestellt. Der hessische Ministerpräsident hat es treffend auf den Punkt gebracht, warum die Union nicht mit der AfD zusammenarbeiten darf: Weil der Verfassungsschutz die Partei als rechtsextremistischen Prüffall einstuft und deren Jugend in einigen Ländern als gesichert rechtsextrem.
Natürlich kann man einer demokratisch gewählten Partei, mit der jeder fünfte Deutsche sympathisiert, trotzdem nicht den Dialog verweigern. Es ist aber ein großer Unterschied, ob man mit AfD-Vertretern redet oder gemeinsam mit ihnen abstimmt - egal ob im Ortsbeirat, im Kreistag oder auf höherer Ebene. Brandgefährlich wird es 2024, wenn die Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen anstehen.