Ministerpräsident stellt neue Pläne für Corona-Lockdown vor - Epidemiologe: „Halte ich für gefährlich“
Noch ist ungewiss, wie es mit dem Corona-Lockdown ab Mitte Februar weitergeht. FDP-Chef Christian Lindner will die Schulen möglichst rasch wieder öffnen.
- Corona* hat Deutschland und die Welt weiter fest im Griff.
- Aus Schleswig-Holstein gibt es Vorschläge für Lockdown-Lockerungen, die ein Epidemiologe kritisch beurteilt (Update vom 30. Januar, 10.57 Uhr).
- Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) lobt derweil die Bevölkerung für ihre Disziplin (Update vom 29. Januar, 15.20 Uhr).
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Update vom 30. Januar 2021, 10.57 Uhr: In naher Zukunft wird es die nächsten Gespräche zwischen Bundesregierung und Ministerpräsidenten geben, denn die aktuellen Corona-Maßnahmen wurden nur bis zum 15. Februar beschlossen. Größere Aufmerksamkeit erfährt nun ein Vorschlag von Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Ende Januar regte er an, in einem Vier-Stufen-Plan aus dem Corona-Lockdown auszusteigen. Ein Kernpunkt seines Vorschlags ist, dass sich die Lockerungen am Inzidenzwert orientieren sollen, statt einen festen Zeitplan in den Kalender zu schreiben.
Gegenüber focus.de kommentierte nun der Epidemiologe Ralf Reintjes von der Hamburg Hochschule für Angewandte Wissenschaften die Pläne. Er kann Günther in einigen Punkten folgen, jedoch nicht in allen.
Was ist davon zu halten, dass erste Lockerungen des Corona-Lockdowns eintreten sollen, wenn der Inzidenzwert unter 100 fällt? Gerade dieser Schwellenwert macht Reintjes Sorgen: „Wir sind bei den Infektionszahlen und den Sterbezahlen immer noch auf einem viel zu hohen Niveau, um überhaupt über Lockerungen nachzudenken.“ Nicht nur Dienstleistungen wie Friseurbesuche sollen dann wieder möglich sein. Auch die Schulen würden dann laut dem Günther-Plan wieder öffnen, wogegen der Epidemiologe deutliche Einwände hat. „Dass bei Inzidenzen zwischen 50 und 100 Schulen für Präsenzunterricht öffnen und die Kitas von Notfallbetreuung auf Regelbetrieb umstellen sollen, halte ich für gefährlich“, kommentiert er.
Für Reintjes bleibt der Lockdown im Moment noch unvermeidlich. Den Vorschlägen aus der Politik kann er Wissenschaftler trotzdem etwas abgewinnen, wenn man den Startschuss eher auf den 15. März als auf den 15. Februar legt. Eine Rückkehr zur Normalität wäre laut diesen Plänen ab einem Inzidenzwert von 35 möglich.
Skurriler Lockdown-Streit: Hotspot-Landeschef denkt an Lockerung - Kollegin in weniger betroffenem Land widerspricht
Update vom 29. Januar, 21.20 Uhr: Inzidenz ist nicht alles: Bei ihren Corona-Entscheidungen verweisen Spitzenpolitiker gerne auf den Ratschlag der Wissenschaft - dass aber auch andere Faktoren eine Rolle spielen, wird im aktuell aufkeimenden Streit um Lockerungen in Deutschland offenbar. Die Rufe nach Ende oder Fortführung des Lockdowns aus den Ländern zeigten am Freitag offensichtlich keinen Zusammenhang mit den örtlichen Inzidenzzahlen.
So hat Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) Hoffnung auf Öffnungen im Februar gemacht - in den vergangenen Monaten war das Bundesland einer der am heftigsten betroffenen Landstriche. Das aktuell weniger stark betroffene Mecklenburg-Vorpommern fährt einen anderen Kurs: Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hat Hoffnungen auf rasche Lockerungen von Corona-Auflagen eine Absage erteilt. Sie sehe die Mutationen des Coronavirus mit ganz großer Sorge, sagte die SPD-Politikerin am Freitagabend in einem ARD-„Extra“. „Dann, glaube ich, reden wir weniger über Lockerungen, sondern eher über Verschärfungen“, betonte Schwesig.
Verärgert zeigte sich Schwesig über die schleppenden Lieferungen von Corona-Impfstoffen. Es stehe fast alles still, weil Impfstoff fehle. Die Europäische Union habe zu spät und zu wenig bestellt. „Das ist wirklich bitter“, sagte die SPD-Politikerin. Vor dem Impfgipfel am Montag forderte sie von der Bundesregierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mehr Klarheit und Verbindlichkeit. Man müsse vor Ort wissen, wann welche Lieferung komme.
Sachsen liegt nach Daten des RKI aktuell bei einer 7-Tages-Inzidenz von 131 und zählt damit zu den vier am stärksten von der Pandemie betroffenen Bundesländern. Mecklenburg-Vorpommern verzeichnet eine Inzidenz von 99.
Corona-Krise in Deutschland: CDU-Ministerpräsident spricht plötzlich von Lockerungen - und räumt Fehler ein
Update vom 29. Januar, 20.35 Uhr: Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) ist zuversichtlich, dass es bei einem weiteren Absinken der Corona-Zahlen schon ab Mitte Februar Lockerungen geben kann. Man könne aber nicht alle Lockerungen auf einmal starten, weil es dann zu viel Mobilität gebe, sagte er am Freitagabend bei einem Online-Forum zur Situation in Sachsen. Daran hatten sich zeitweilig rund 800 Menschen über Zoom, Facebook und YouTube zugeschaltet. Rückblickend wäre jede Woche Lockdown früher besser gewesen, räumte Kretschmer ein.
Der Ministerpräsident war dafür kritisiert worden, dass er sich auf Gespräche mit Leugnern der Corona-Pandemie und anderen Kritikern von Beschränkungen einlässt. Er wisse, dass man manche Menschen nicht erreichen kann, konterte Kretschmer nun. Er wolle aber jede Gelegenheit nutzen, Entscheidungen zu erklären.
Über Lockerungen debattiert wird in Bälde auch in Österreich - Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) äußerte sich überraschend deutlich. Anders die Lage in einem weiteren deutschen Nachbarland: Tschechien ermöglicht Ausländern die Einreise von Samstag an nur noch in notwendigen Fällen. Darauf wies das Außenministerium in Prag am Freitagabend hin. Für Deutsche ändert sich damit praktisch nicht viel: Bereits seit dem 18. Dezember gilt infolge der Ausgangsbeschränkungen, dass Aufenthalte in Tschechien nur noch mit einem triftigen Reisegrund möglich sind.
Corona in Deutschland: Merkels Kabinett beschließt Einreise-Stopp - zunächst sieben Staaten betroffen
Update vom 29. Januar, 17.37 Uhr: Das Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat nun einen weitreichenden Einreisestopp für mehrere Länder beschlossen. Erlassen wurde ein Beförderungsverbot für Fluggesellschaften, Bahn-, Bus- und Schiffsunternehmen bis zum 17. Februar. Es gibt aber zahlreiche Ausnahmen unter anderem für alle Deutschen und in Deutschland lebenden Ausländer sowie für Transitpassagiere und den Warenverkehr vorsieht, wie das Innenministerium der dpa bestätigte. Betroffen sind zunächst Großbritannien, Irland, Portugal, Südafrika und Brasilien, ab Sonntag auch die kleinen afrikanischen Staaten Lesotho und Estwani.
Corona-Krise: Heil verspricht Geld für acht Millionen Menschen - Söder überschüttet Merkel mit Lob
Update vom 29. Januar, 16.37 Uhr: Aus der Union gibt es zwar Kritik, doch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD*) hat seine Forderung bekräftigt, einen Corona-Zuschlag für rund acht Millionen Bedürftige auf den Weg zu bringen. Dabei gehe es darum, „soziale Härten“ abzufedern, sagte Heil am Freitag in Berlin. Zu dem Personenkreis, der durch die Pandemie zusätzliche finanzielle Belastungen hat, gehören ihm zufolge zum Beispiel:
- Hartz-IV-Empfänger
- Erwerbsgeminderte
- Alleinerziehende, die auf den Kinderzuschlag angewiesen sind
- Wohngeldbezieher
Zur Höhe des Zuschlags, der laut Heil in der kommenden Woche innerhalb der Bundesregierung und der Koalitionsfraktionen besprochen werden soll, machte der Minister noch keine Angaben.
Söder über Merkel in der Corona-Krise: „Konnte viel von ihr lernen“
Unterdessen lobt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Zusammenarbeit mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gerade in der Pandemie in den höchsten Tönen: „Ich schätze ihren nüchternen und wissenschaftsorientierten Stil“, sagte Söder laut einer Vorabmeldung der Welt. Das habe Deutschland „sehr geholfen“. Von Anfang an seien er und Merkel sich in der Lage-Bewertung der Corona-Krise einig gewesen.
„Wenn man mit Großen zusammenarbeiten kann, dann sollte man sie nicht kopieren. Aber man kann genau hinschauen. Ich konnte von ihr viel lernen“, sagte er der Tageszeitung weiter. „Der Prozess der Annäherung dauert schon länger, das begann schon vor der Landtagswahl 2018“, fuhr Söder über sein Verhältnis zu Merkel fort. Ihn habe persönlich beeindruckt, „dass die Kanzlerin trotz des unseligen Streits zwischen CDU und CSU bereit war, im Landtagswahlkampf zu helfen“.
Er habe dann als neuer CSU-Chef bewusst auch in der großen Koalition auf einen konstruktiven Ansatz gesetzt. „So hat sich über die Zeit ein anderes neues Vertrauensverhältnis entwickelt“, sagte Söder.
Kanzleramtschef Braun: Können alle stolz sein auf sinkende Corona-Infektionszahlen
Update vom 29. Januar, 15.20 Uhr: Kanzleramtschef Helge Braun hat die deutsche Bevölkerung für die Disziplin gelobt, mit der ein Großteil sich an die geltenden Corona-Maßnahmen halten würde. „Wir können in Deutschland alle gemeinsam stolz auf uns sein“, sagte der CDU-Politiker im Gespräch mit RTL unter Verweis auf die weiter sinkenden Infektionszahlen. Durch das „ganz vorbildliche“ Verhalten der Bevölkerung, konnte man den befürchteten Anstieg der Neuinfektionen nach den Weihnachtsfeiertagen verhindern. Das sei für Braun ein „tolles Ergebnis“.
Corona-Lockdown: Kanzleramtschef Braun hofft auf Öffnungsstrategie
Für den Kanzleramtschef mache diese Entwicklung Hoffnung darauf, „dass wir, wenn wir mit den Zahlen unter die 50 kommen, dann auch eine Öffnungsstrategie starten können.“ Jedoch appellierte Braun auch an die Bevölkerung jetzt nicht nachlässig zu werden und so einen Jo-Jo-Effekt zu provozieren. Deswegen sprach sich der 48-Jährige auch für eine schrittweise Wiedereröffnung aus.
Bis dahin sei es für den CDU-Politiker jedoch weiterhin wichtig, dass die Bevölkerung Eigenverantwortung ergreife. „Niemand darf auf den anderen warten“, sagte Braun. „Wir tun als Bundesregierung, was wir können. Aber jedes Pflegeheim, jede Kommune, jede Schule muss jetzt alles daran setzen, dass wir die Dinge gut umgesetzt bekommen.“
Merkel Kabinett bespricht Einreisesperre: Greift die Maßnahme bereits ab Samstag?
Update vom 29. Januar, 13.29 Uhr: Die geplante Einreisesperre (siehe unsere Erstmeldung weiter unten) könnte schon von diesem Samstag (30. Januar) an gelten. Das geht aus einem neuen Verordnungsentwurf hervor, mit dem sich am Freitag das Kabinett befasst und welcher der dpa vorliegt. Darin ist eine Befristung bis zum 17. Februar vorgesehen. Mit Finnland hat ein weiteres europäisches Land eine solche Sperre bereits eingeführt.
Ausnahmen sollen gelten für:
- Personen mit Wohnsitz und Aufenthaltsrecht in Deutschland
- Warenverkehr
- Beförderung von medizinischem Personal
- Ambulanzflüge
- Transport von Transplantationsorganen
- Beförderungen aus dringenden humanitären Gründen
- Transitpassagiere
- Crews von Luftfahrzeugen und Schiffen
Betroffen sind Verbreitungsgebiete besonders gefährlicher Coronavirus-Mutationen. Nach derzeitigem Stand wären das Großbritannien, Irland, Portugal, Südafrika und Brasilien.
Corona bleibt uns „Jahrzehnte erhalten“: Virologe fordert Stufenplan und attackiert Lockdown-Politik
Update vom 29. Januar, 9.55 Uhr: Während die 7-Tages-Inzidenz in Deutschland seit langer Zeit den Schwellwert von 100 Fällen pro 100.000 Einwohner wieder unterschreitet, sieht ein Experte deswegen noch lange kein Licht am Ende des Tunnels und fordert einen radikalen Kurswechsel der Regierung. Klaus Stöhr ist Epidemiologe und Virologe und hielt knapp 15 Jahre lang führende Positionen bei der Weltgesundheitsorganisation WHO inne.
Auch wegen dieser Erfahrung schätzt der 62-Jährige Sars-CoV-2 als ein Problem ein, mit dem sich die Weltbevölkerung noch eine ganze Weile auseinandersetzten müsse. Das Virus bleibe uns noch „Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte erhalten“, vermutete der Virologe im Podcast „Die Wochentester“ des Kölner-Stadt-Anzeigers.
Corona-Lockdown: Virologe Stöhr kritisiert Strategie der Bundesregierung - AHA-Regel bis Jahresende alternativlos
Kritisch sieht Stöhr deswegen vor allem die Strategie der Bundesregierung in der Corona-Krise, die seiner Ansicht nach vor allem zu Verwirrung führen würde. „Man kann sich mit einem guten Stufenplan, der eine Positiv-Agenda setzt und sich elastisch an die äußeren Bedingungen anpasst, viel besser durch diese saisonale Erkrankung auf das Ende zubewegen, als dass man von Lockdown zu Lockdown stolpert“, so der Experte.
Ein solcher Stufenplan würde auch für das Infektionsgeschehen im Sommer von großer Bedeutung sein, für das Stöhr noch keine entscheidende Entspannung vermutet. Die Einhaltung der AHA-Regel bis Jahresende sei alternativlos, urteilt der Virologe. Denn auch im Sommer könnten noch bis zu 60 Prozent der Bevölkerung „voll empfänglich“ für eine Infektion sein.
Corona-Lockdown: Andauernde Schulschließungen - „tut mir wirklich außerordentlich leid“
Update vom 28. Januar, 18.55 Uhr: Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat sich zu der am Donnerstag beschlossenen Nicht-Öffnung der Schulen und Kitas geäußert: „Die Diskussionen um weitere Lockerungen sind erstmal gegenstandslos geworden“, sagte der Grünen-Politiker. Kitas und Grundschulen blieben zunächst bis nach den Fastnachtsferien, also bis zum 21. Februar, geschlossen.

Grund hierfür ist, dass bei 18 Kindern und Erziehern aus der Freiburger Kita Immergrün die Corona-Mutante nachgewiesen wurde. Kretschmann warb um Verständnis für die kurzfristige Absage. „Es tut mir wirklich außerordentlich leid, dass wir unseren Plan, die Kitas und Grundschulen zu öffnen, jetzt nicht umsetzen können.“ Nach dem Ausbruch der Corona-Mutation in der Kita sei das Risiko einfach zu groß.
Corona-Lockdown: Kretschmann will Schulen und Kitas doch nicht öffnen
Update vom 28. Januar, 16.30 Uhr: Nachdem sich in einer Freiburger Kita seit dem 17. Januar mindestens 18 Kinder und Erzieherinnen mit einer der neuen Mutationen des Coronavirus angesteckt haben, werden nun politische Konsequenzen gezogen. Der Ministerpräsident Baden-Württembergs, Winfried Kretschmann (Grüne), hat entschieden, die Corona-Beschränkungen in Kitas und Schulen bis zum 14. Februar fortzusetzen.
Dies berichtet die Nachrichtenagentur dpa, die von dieser Entscheidung in Stuttgart aus Regierungskreisen erfuhr. Baden-Württemberg verzichtet demnach auf eine frühere Öffnung von Kitas und Grundschulen.
Erstmeldung vom 28. Januar, 14.00 Uhr: Berlin - Es ist irgendwie verwirrend: Die Corona-Zahlen bewegen sich nach unten, Lockerungsstrategien werden überlegt. Gleichzeitig kursiert ein mutiertes Coronavirus, wobei unklar ist, wo es sich schon überall aufhält und wie schnell es weitere Teile von Deutschland ergreifen kann.
Fakt ist: Aus anderen Länder der Welt ist bekannt, dass dort vermehrt neue, ansteckendere Virus-Varianten im Umlauf sind. Damit sie nicht noch schneller nach Deutschland eingeschleppt werden, überlegt die Bundesregierung, wie Reisebeschränkungen aussehen könnten.
Federführend verantwortlich ist dafür Bundesinnenminister* Horst Seehofer. Er äußerte sich am Donnerstag bei Bild Live. „Es geht nicht um das Verbot von Reisen, sondern es geht um Maßnahmen, wie wir ein hochinfektiöses Virus verhindern können“, sagte er. „Dazu müssen wir manche Bewegungen, Flugbewegungen, Reisebewegungen in der Tat einschränken. Darüber denken wir gerade nach.“
Corona: Einreiseverbote möglich zum Schutz vor Virus-Varianten
Seehofer rechtfertigte die Überlegungen mit den Anstrengungen, die in Deutschland seit Monaten betrieben werden. Daher könne man nicht „tatenlos zusehen“, wie das Virus weiter nach Deutschland gebracht wird.
Bisher kann der Minister nur seine eigenen Vorstellungen von den Maßnahmen präsentieren. Alle anderen Minister, wie etwa Wirtschaftsminister Altmaier oder Außenminister Maas, dürfen natürlich noch mitreden. Seehofers Grundregel: Keine Einreisen aus „Mutationsgebieten“. Zurzeit gehörten dazu Großbritannien, Portugal, Südafrika und Brasilien. „Aber es können jetzt jeden Tag mehr dazukommen“, ergänzt der Minister. Das bedeutet, auch Einreiseverbote aus deutschen Nachbarländern sind je nach weiterer Entwicklung nicht ausgeschlossen.
Außerdem würden zurzeit Ausnahmen diskutiert. Der CSU-Politiker spricht sich da für einen sehr engen Rahmen aus, etwa für den Güterverkehr und den Transport lebenswichtiger Produkte. Seehofer kündigte eine Kontrolle an Flughäfen, auf der Straße und bei der Bahn an. Ab wann derartige Maßnahmen gelten sollen, ist noch nicht sicher.
Corona-Lockdown: Deutschland wartet nicht auf EU-weite Regelungen
Seehofer sagte bereits am Donnerstagmorgen laut dpa ausdrücklich, dass Deutschland mit Einreisebeschränkungen nicht auf einen EU-weiten Ansatz warte. Derzeit sei nicht damit zu rechnen, dass in absehbarer Zeit eine europäische Lösung zustande komme, die den deutschen Vorstellungen entspreche. „Deshalb bereiten wir das jetzt national vor.“
Bei dem Vorhaben - und das ist wichtig zu beachten - geht es um Maßnahmen für die Einreise nach Deutschland. Die Ausreise ist ein anderer Punkt. „Da sind unsere Verfassungsjuristen der Auffassung, da gelten noch wesentlich höhere Anforderungen“, erklärte Seehofer. „Deutschland wird kein Gefängnis“, versichert Seehofer auf Nachfrage. Doch wer in ein „Mutationsgebiet“ fährt und dann zurückkommt, falle unter die baldigen neuen Regeln. Der Innenminister hält einen negativen Corona-Test vor Besteigen des Flugzeugs für das Mindeste.
Seehofer ordnete in dem Gespräch auch noch einmal den Satz von Kanzlerin Angela Merkel* ein, den sie angeblich gesagt haben soll: „Uns ist das Ding entglitten.“ Er sagt, diese Aussage sei in einem ganz anderen Zusammenhang gefallen, nämlich bezogen auf eine Ministerpräsidentenkonferenz aus dem Herbst, als Merkel schärfere Maßnahmen wollte, die die Länder schlussendlich aber nicht mittrugen. Danach sei die Situation entglitten.
Corona: Gesundheitsminister Spahn will Impfgipfel - doch danach werden auch nicht alle Probleme gelöst sein
Das Impfen gegen das Coronavirus ist weiter die zentrale Hoffnung im Kampf gegen die Pandemie. Doch zurzeit gibt es immer wieder viel Kritik, Lieferengpässe bestimmen die Diskussion. Der Meinung von Seehofer zufolge hätte Europa „offensiver und in größerem Umfang“ bestellen können. Doch allein die Entwicklung von Impfstoffen in so kurzer Zeit sei eine Erfolgsgeschichte.
Das betonte auch Gesundheitsminister* Jens Spahn am Donnerstag bei einem Pressestatement im Bundestag. Zuletzt überraschte seine Ankündigung, dass demnächst einen Impf-Gipfel mit verschiedenen Vertretern stattfinden werde. Er wünsche sich auch die EU-Kommission dort am Tisch. Doch Spahn will die Erwartungen nicht zu hoch setzen: So ein Gipfel werde es nicht schaffen, dass nach zwei Wochen ein komplexes Verfahren wie die Impfstoffproduktion reibungslos funktioniere. „Das ist die Wahrheit und ich finde, dass sollten wir ehrlich mit dazu sagen.“
Zudem kündigte Spahn gemeinsam mit Arbeitsminister* Hubertus Heil eine weitere Initiative an. Fünf Millionen Leistungsbezieher von Grundsicherung erhalten demnächst kostenlos zehn FFP2-Masken. Die Betroffenen bekommen dafür einen Brief von der Krankenkasse, mit dem sie bei zusätzlicher Vorlage des Personalausweises innerhalb von zwei Wochen die Masken in der Apotheke abholen können. Außerdem werden weiter Tausende Hilfspakete, auch mit Schutzmasken, an Pflegeheime, Behinderten- und Obdachloseneinrichungen verschickt. „Es ist wichtig, dass wir in dieser Situation die gesamte Gesellschaft im Blick haben“, ergänzt Heil dazu. (cibo) *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.