Parallelen zu Gießen: Schwere Krawalle bei Eritrea-Festival in Schweden - Polizei verbietet Demos
Wieder eskaliert die Lage bei einem Eritrea-Festival – diesmal in Schweden. Auch ein Experte sieht dort das Regime am Werk. Gegendemos sind nun verboten.
Stockholm – Ein Eritrea-Festival ist in Schweden zum Anlass für gewaltsame Ausschreitungen geworden. Mehr als 50 Verletzte und 100 Festnahmen standen nach dem Donnerstag (3. August) zu Buche. Die Ereignisse wecken Erinnerungen an einen Vorfall im hessischen Gießen: Rund um die Veranstaltungen prallen mutmaßlich diktaturnahe Organisatoren und Teilnehmer und Geflüchtete aufeinander.
Die Polizei in Stockholm hat nun Konsequenzen gezogen: Sie hat die Erlaubnis für weitere Gegendemonstrationen rund um das Gelände in Järva im Vorort Solna widerrufen. Das eritreische Kulturfestival darf aber weiterlaufen. Die Sicherheitskräfte haben ihre Präsenz dort verstärkt. „Wir erwarten, dass es auch heute wieder unübersichtlich wird“, sagte ein Sprecher der Stockholmer Polizei.
Eritrea-Festival in Schweden: Heftige Krawalle – 55 Verletzte
Bei einer solchen Gegendemonstration war am Donnerstagnachmittag die Lage außer Kontrolle geraten. Von chaotischen Szenen, Bränden und Schlägereien wurde berichtet. Menschen steckten offenbar auch Zelte und Fahrzeuge in Brand. Nach Behördenangaben zogen sich 55 Menschen Verletzungen zu, darunter drei Polizeibeamte. Am späten Donnerstagabend lagen nach Angaben der Region Stockholm weiterhin acht Schwerverletzte im Krankenhaus, hinzu kamen 15 Menschen mit leichteren Verletzungen.
Eritrea
In Eritrea regiert Präsident Isayas Afewerki in einer Ein-Parteien-Diktatur das Land. Meinungs- und Pressefreiheit sind stark eingeschränkt. Auch Menschenrechtsorganisationen berichteten wiederholt von schweren Missständen. Doch auch Geflüchtete sehen sich vom Regime bedroht.
„Der Arm des Diktators reicht weit“, sagte Dawit Tekle vom Verein „Vertreter der Eritreischen in Deutschland“ der Deutschen Presse-Agentur. Ein Treffen der Gruppe sei von mutmaßlichen Anhängern der eritreischen Regierung angegriffen worden, Steine in die Fenster des Veranstaltungsraumes geworfen, ein Teilnehmer auf der Straße verfolgt worden. Kritiker sehen „Eritrea-Festivals“ wie in Stockholm oder Gießen als diktaturnahe Veranstaltungen.
Die Polizei hatte angesichts der Gewalt etliche Menschen festgesetzt, darunter eine Person wegen Brandstiftung und rund 140 vor allem im Zusammenhang mit Ordnungsstörungen. Darüber hinaus konnten etwa 40 Menschen nach Polizeiangaben nicht belegen, dass sie sich in Schweden aufhalten durften.
Eritrea-Festival wieder Anlass für Zorn: Experte sieht das totalitäre Regime mit im Boot
Das seit den 1990er Jahren veranstaltete Kulturfest „Festival Eritrea Scandinavia“ gilt als umstritten. Es wurde in der Vergangenheit dafür kritisiert, die Ein-Parteien-Diktatur in Eritrea zu unterstützen. Der Eritrea-Experte Kjetil Tronvoll sieht diese Problematik weiter als aktuell an, wie er dem Sender SVT am Freitag sagte: „Es werden Vorträge gehalten und Symbole verwendet, sie das totalitäre Regime stützen“, erklärte er. Auch die „rechte Hand“ des Machthabers Isayas Afewerki sei offenbar eingeladen worden.

Ein ähnlicher Vorfall wie in Stockholm hatte sich im Juli auch im mittelhessischen Gießen ereignet. Dort waren beim Eritrea-Festival mindestens 26 Beamtinnen und Beamte verletzt worden. Einem Polizeisprecher zufolge könnten die Ermittlungen noch mehrere Wochen andauern. Der Zentralrat der Eritreer in Deutschland bezeichnete das Gießener Festival als Kultur- und Familienfest. Die Vertreter der Opposition sehen es hingegen von diplomatischen Vertretern Eritreas gesteuert. In Gießen sollen führende Politiker Eritreas anwesend gewesen sein.
Auch in Frankfurt gab es kürzlich einen Zwischenfall: Bei einer Schlägerei mit etwa 20 Beteiligten gab es zwei Festnahmen und einen Verletzten. Tronvoll zufolge waren nun auch regimekritische Eritreer aus anderen Ländern nach Stockholm angereist. Nach Polizeiangaben wurden mehrere Menschen auch an der schwedischen Grenze an der Einreise gehindert. (fn/dpa)