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F-16-Kampfjets im Ukraine-Krieg: Wie NATO-Staaten ukrainische Piloten ausbilden wollen

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F-16-Kampfjet (Symbolbild)
F-16-Kampfjet (Symbolbild) © Ofer Zidon/IMAGO

Mehrere Nato-Länder haben angekündigt, ukrainische Piloten an F-16-Kampfjets auszubilden. Dänemark und die Niederlande sollen die Koalition anführen. Deutschlands Rolle ist unklar.

Diese Analyse liegt IPPEN.MEDIA im Zuge einer Kooperation mit dem Security.Table Professional Briefing vor – zuerst veröffentlicht hatte ihn Security.Table am 30. Mai 2023.

Nachdem US-Präsident Joe Biden beim G7-Gipfel in Hiroshima die Weichen für eine Koalition zur Ausbildung ukrainischer Piloten an F-16-Kampfjets gestellt hatte, nimmt das Ausbildungsprojekt Formen an. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin kündigte vergangene Woche an, dass Dänemark und die Niederlande die Führung der Koalition zum Training ukrainischer Piloten übernehmen würden – Norwegen, Belgien, Polen und Portugal hätten bereits erklärt, an dem Ausbildungsprojekt teilzunehmen. US-Generalstabschef Mark Milley rechnete vor, dass die Bereitstellung von zehn F-16 inklusive Wartung 2 Milliarden Dollar kosten würden. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagte vergangene Woche in Brüssel, dass die Ausbildung in mehreren Ländern schon begonnen habe.

Bereits im Juli 2022 hatte das US-Repräsentantenhaus 100 Millionen US-Dollar für die Ausbildung ukrainischer Piloten an F-16-Kampfjets genehmigt. Im Februar sagte der Sprecher der ukrainischen Luftwaffe, Juri Ihnat, dass Start- und Landebahnen planiert würden, um F-16-Flieger, die etwas empfindlicher als die derzeit in der Ukraine genutzten MiG-29-Modelle sind, starten und landen zu lassen. Vertreter der US-Regierung schätzen, dass die Ausbildung und die Lieferung der F-16 mindestens 18 Monate dauern würde.

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Das ukrainische Verteidigungsministerium twitterte am Freitag, dass es vier F-16-Geschwader (48 Jets) benötige, um „unser Land vom Aggressor zu befreien“. Die Niederlande, die ihre F-16-Flotte durch F-35 ersetzen wollen, haben nach eigenen Angaben 42 F-16 in ihrem Bestand, von denen aber nur 24 einsatzbereit sind. Polen verfügt nach Angaben des Standardwerks Military Balance des International Institute for Strategic Studies über 48, Belgien über 53, Portugal über 30 und Dänemark über 44 Flieger. Norwegen hatte bis Ende vergangenen Jahres 64 im Bestand, die es jetzt durch F-35 ersetzt.

Kampfjet-Ausbildung könnte in vier Monaten ablaufen

Ein ehemaliger Jet-Pilot und Ausbilder an der United States Air Force Weapons School, der anonym bleiben möchte, hält die F-16 für eine „fähige und vielseitige Plattform, die vor allem mit einer breiten Auswahl an Waffen bestückt und eingesetzt werden kann“. Diese Waffen seien überall in der Nato verfügbar und für sie bestünde ein robustes Netzwerk an Produktionsstätten. In einem andauernden Konflikt wie in der Ukraine seien „die Produktions- und Versorgungsketten genauso wichtig wie die Fähigkeiten des Kampfjets“.

Das US-Nachrichtenportal Yahoo! News zitierte kürzlich aus einer Lagebewertung der US-Luftwaffe, „es würde nur vier Monate dauern, ukrainische Piloten an F-16-Kampfflugzeugen auszubilden, ein weitaus kürzerer Zeitrahmen als der von Pentagon-Beamten wiederholt angegebene Zeitraum“. Zwei ukrainische Piloten, die auf russischen Flugzeugen des Typs MiG-29 und Su-27 ausgebildet worden sind, sollen an der Morris Air National Guard Base in Tucson (Arizona) kein „formales Training“ an einer F-16 bekommen haben, sondern nur eine technische Einführung und ein 11-stündiges Training an einem Flugsimulator.

Beide Piloten, so der Bericht, seien danach in der Lage gewesen, das Flugzeug am Simulator zu landen und „Scheinangriffe auszuführen, die ihnen während des Flugs übermittelt wurden“. Ein weiterer ehemaliger US-Kampfpilot, dessen Namen der Table.Media-Redaktion bekannt ist, bestätigte die Einschätzung des Berichts, nachdem ein vier bis fünfmonatiges Training an einer F-16 ausreichen würde, da sie „sehr effektiv“ fliegen. 

Ausbildung der Kampfjet-Piloten: Deutschland prüft, wie es sich beteiligen kann

Bundeskanzler Olaf Scholz wollte sich noch nicht zur Unterstützung einer Kampfjet-Koalition aussprechen, Verteidigungsminister Boris Pistorius sagte, man prüfe, wie Deutschland helfen könne. Ohnehin hat Deutschland keine F-16-Flugzeuge, die es liefern könnte, andere Modelle wären unwahrscheinlich.

„Bei den wenigen noch einsatzbereiten Tornados kommen derzeit 200 Wartungsstunden auf eine Flugstunde und mit der Abgabe von Eurofightern könnte die Luftwaffe ihre Verpflichtungen gegenüber der Nato nicht mehr erfüllen“, sagte der Grünen-Verteidigungspolitiker Philip Krämer gegenüber Table.Media. „Ich kann mir aber gut vorstellen, dass Deutschland sich mit der Mitnutzung von Flugfeldern, Bereitstellung von kompatiblen Flugkörpern sowie anderen Ausbildungs- und Unterstützungsleistungen einbringt.“ Ein Ausbildungsort könnte die US Air Base in Spangdahlem in der Eifel sein, wo F-16-Jets stationiert sind.

Mirage und Gripen als Alternativen zu F-16-Kampfjets

Bevor Biden seine Kehrtwende vollzog, hatten der britische Premierminister Rishi Sunak und der französische Präsident Emmanuel Macron öffentlich für eine Koalition geworben. Allerdings verfügen auch diese beiden Länder nicht über F-16, die sie abgeben könnten.

Dass Frankreich seine modernen und teuren Rafale-Kampfjets zur Verfügung stellt, scheint unwahrscheinlich. Im März bestätigte das französische Verteidigungsministerium, dass ukrainisches Personal an Mirage 2000-Kampfets ausgebildet würde. Eine Pilotenausbildung fände nicht statt, die Ukrainer würden lediglich in Boden-Luft-Verteidigung und Überlebenstraining im Falle eines Flugzeugabsturzes geschult. Eine weitere Option wären die schwedischen Gripen-Jets. Der schwedische Verteidigungsminister Pål Jonson sagte, dass einige ukrainische Piloten die JAS 39 Gripen testen dürften. (Von Nana Brink und Gabriel Bub)

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