Vorwürfe gegen Faeser: Top-Posten ohne Ausschreibung verteilt? Sprecher weist Anschuldigungen zurück
Neue Fragen nach der Schönbohm-Affäre: Innenministerin Faeser verteilt offenbar Spitzenposten für Migrations-Experten – ohne Ausschreibung. Die CDU ist empört.
Update vom 15. September, 22.15 Uhr: Das Bundesinnenministerium (BMI) nahm gegenüber Merkur.de von IPPEN.MEDIA Stellung zu den Vorwürfen. „Die Aussage der Bild-Zeitung, das BMI habe acht Stellen rechtswidrig besetzt, ist falsch. Diese Aussage hat weder eine rechtliche, noch eine tatsächliche Grundlage. Wir weisen diese falsche Aussage ausdrücklich zurück. Alle Stellen wurden rechtmäßig besetzt“, teilte ein Sprecher mit.
„Nach der Bundeslaufbahnverordnung ist in bestimmten Fällen, wo dies erforderlich ist, die Besetzung von Stellen ohne vorherige Ausschreibung zulässig. Von diesen Vorschriften wurde in der gleichen Weise, wie dies auch in anderen Ministerien üblich ist, in wenigen Fällen Gebrauch gemacht.“
Erstmeldung vom 17.24 Uhr: Berlin – Erst die Mobbing-Affäre um den geschassten BSI-Chef Arne Schönbohm, jetzt neue Kritik an ihrer Personalpolitik: Wegen einer Postenvergabe ohne Ausschreibung gerät Innenministerin Nancy Faeser (SPD) weiter unter Druck. So fordert die CDU Aufklärung über die Besetzung von acht lukrativen Spitzenjobs im Ministerium und stellt sie unter Filzverdacht: „Unliebsame feuert sie gnadenlos, andere holt sie illegal, ohne Ausschreibung. Faeser macht, was ihr gefällt“, wetterte CDU-Innenexperte Stefan Heck in der Bild-Zeitung. Doch was ist dran an den neuen Vorwürfen? Ernsthaftes Problem – oder doch nur erbitterter Wahlkampf wenige Wochen vor der Hessen-Wahl?
Personalaffäre: Nancy Faeser soll Top-Posten im Referat Migration ohne Ausschreibung vergeben haben
Dem Medienbericht zufolge hat Innenministerin Nancy Faeser (SPD) insgesamt acht Top-Posten ohne Ausschreibung besetzt. Das räumt ihr Ministerium auf eine parlamentarische Anfrage der Union ein. Demnach sollen vier Stellen auf Ebene der Unterabteilungsleitung und drei Jobs auf Ebene der Referatsleitung vergeben worden seien. Wegen „besonderer Einzelfälle aus Gründen der Personalplanung“ soll auf eine Ausschreibung verzichtet worden sein, heißt es in der Antwort von Staatssekretär Johann Saathof.

Laut der Bild ging es dabei vor allem um gut dotierte Posten im Bereich der Migration und der Digitalisierung. Das Jahresgehalt soll sich auf 127.200 Euro belaufen. Das Bundesinnenministerium ließ eine Anfrage von IPPEN.MEDIA zu den Vorwürfen bislang unbeantwortet.
Postenvergabe ohne Ausschreibung: Übliche Praxis – nicht nur im Faeser-Ministerium
Für die Union ist das ein Unding. Der Umgang von Faeser im Personalbereich müsse insgesamt auf den Prüfstand, forderte Innenexperte Heck. Doch warum? Fakt ist: Faeser ist nicht die einzige Ministerin, die so handelt. Wie focus.de berichtet, haben auch schon Justizminister Marco Buschmann (FDP) und Verteidigungsminister Boris Pistorius von dieser Praxis Gebrauch gemacht. Denn in Paragraf 4 der „Verordnung über die Laufbahnen der Bundesbeamtinnen und Bundesbeamten“ ist geregelt, dass Ministerinnen oder Minister in begründeten Einzelfällen Ausnahmen von der Ausschreibungspflicht bei besonderen Stellen absehen können.
Offenbar hat sich das Faeser-Ressort genau auf diese Regelung bezogen. Ein Rechtsbruch kann ihr schwerlich vorgeworfen werden, dennoch sind die Regeln umstritten. In jüngster Vergangenheit gab es immer wieder die Vorwürfe, dass Politikerinnen und Politiker dadurch viel zu einfach wichtige Stellen mit Wunschkandidaten und Vertrauten besetzen könnten. Doch abgeschafft wurden sie bislang nicht – trotz Dauerkritik. Auch die Union hat sich in ihrer bisherigen Regierungszeit nicht um eine Neuregelung bemüht.
Kurz vor Hessen-Wahl: Neuer Ärger kann Faeser Punkte in Umfrage kosten
Dennoch kommt der Wirbel für Faeser zur Unzeit. In drei Wochen steht die Hessen-Wahl an - und Faeser liegt als SPD-Spitzenkandidatin in den Umfragen hinter Amtsinhaber Boris Rhein (CDU). Zuletzt kostete ihre umstrittene Rolle in der Affäre um Arne Schönbohm viel Ansehen.
Wirbel nach Sendung von Böhmermann: Faeser schweigt zur Entlassung von Schönbohm
Wiederholt wurde ihr vorgeworfen, den ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) im Herbst 2022 ohne ausreichende Begründung von seinen Pflichten entbunden zu haben. Vor diesem Schritt hatte die satirische ZDF-Fernsehsendung „Magazin Royale“ von Jan Böhmermann die Nähe zwischen Schönbohm und einem Verein thematisiert, der wegen angeblicher Verbindungen zu russischen Geheimdiensten kritisiert wurde. Trotz dieser Anschuldigungen konnte kein eindeutiger Beweis erbracht werden.
Das Bundesinnenministerium von Faeser rechtfertigte schließlich die Schönbohm-Ablösung mit verschiedenen Fällen von Fehlverhalten. In einem Schreiben an Schönbohm wurden zunächst ausdrücklich die Anschuldigungen erwähnt, die nach der Ausstrahlung der Sendung aufgekommen waren. Dennoch wurde hinzugefügt: „Es gibt auch eine Vielzahl von Vorkommnissen in Bezug auf die fachliche und personelle Führung der Behörde, die das Vertrauen der Frau Ministerin in Ihre Amtsführung unwiederbringlich erschüttert haben.“
Für viele Bundestagsabgeordnete warf das Fragen auf, doch dem Wunsch nach Aufklärung hatte sich Faeser mit Verweis auf Wahlkampftermine entzogen. Stattdessen schickte sie ihren Staatssekretär – für viele kam das einem Affront gleich. (jkf)