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Faesers riskante Doppelstrategie

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Bundesinnenministerin Nancy Faeser mit Hessens SPD-Fraktionschef Günter Rudolph in Friedewald FOTO: dpa
Bundesinnenministerin Nancy Faeser mit Hessens SPD-Fraktionschef Günter Rudolph in Friedewald © dpa

Kurzer Wahlkampf als Erfolgsrezept

Hessen ist für Nancy Faeser „Herzensangelegenheit“, wie sie gestern sagte, und in Hessen schlagen auch die Herzen vieler Genossen für die Bundesinnenministerin. Das war gestern beim Gipfel der SPD in Friedewald deutlich zu spüren. An der Rückendeckung ihres Landesverbandes bestand allerdings auch nie ein Zweifel, ist die 52-Jährige doch die unangefochtene Nummer eins der hessischen SPD. Spannend ist vielmehr die Frage, ob Faeser auch in der Wählerschaft genügend Zustimmung finden wird, um ihr Ziel zu erreichen, Hessens erste Ministerpräsidentin zu werden.

Seit bekannt wurde, dass die 52-Jährige nur dann nach Wiesbaden zurückkehrt, wenn sie die Landtagswahl am 8. Oktober gewinnt, schlägt ihr viel Kritik entgegen. Nicht nur von der Opposition, auch von den Koalitionspartnern in Berlin wird ihr Halbherzigkeit unterstellt und es werden Zweifel geäußert, ob sie ihrem wichtigen Ministeramt weiter gerecht werden kann, wenn sie gleichzeitig in Hessen als Spitzenkandidatin antritt. Gestern hat sie nun erklärt, wie es klappen könnte: mit einem kurzen Wahlkampf. Das klingt pragmatisch - und in Krisenzeiten angemessen.

Ob Faeser mit dieser Doppelstrategie Erfolg haben wird, entscheiden am 8. Oktober die Wähler. Für ihre Partei gibt es jedoch keine personelle Alternative mit auch nur annähernd vergleichbaren Erfolgsaussichten, das einstige Stammland der Sozialdemokratie nach mehr als 20 Jahren zurückzuerobern. Faeser punktet mit ihrer bundesweiten Bekanntheit, aber auch mit jahrzehntelanger kommunalpolitischer Verwurzelung im Main-Taunus-Kreis sowie mit 18 Jahren Oppositionsarbeit im Landtag. Sie muss also in Hessen nicht mehr jede Klinke putzen, um für sich zu werben.

Dennoch wird sie der Vorwurf begleiten, sich nicht exklusiv auf Hessen einzulassen, zumal sie so lange mit der Entscheidung gezögert hat und ihre Kandidatur schließlich auf unkonventionellem Wege über Twitter und ein Interview kommuniziert hat. Unüblich ist es allerdings nicht, aus der Bundespolitik für ein Ministerpräsidentenamt zu kandidieren. Und ihre Mitbewerber versichern ja auch beide, dass sie bis zum Schluss verlässlich regieren und den Wahlkampf nicht in den Vordergrund stellen wollen. Es wird also spannend in Hessen, sind doch noch nie drei so starke Kandidaten gegeneinander angetreten.

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