1. Startseite
  2. Politik

Wie die BRICS-Staaten ihre globale Macht ausbauen – China und Russland wollen Erweiterung des Clubs

Kommentare

Die BRICS-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika wollen zu einer Alternative zur G7-Gruppe aufsteigen. Vor allem Peking und Moskau wollen neue Mitglieder aufnehmen.

Frankfurt/Kapstadt – Die Außenminister der fünf BRICS-Staaten haben sich für mehr Einfluss auf das Weltgeschehen und eine Erweiterung ihrer Gruppe ausgesprochen. Derzeit gehören Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika zu der Gruppe. Doch mehr als ein Dutzend Länder wollen beitreten, darunter Iran, Saudi-Arabien, Venezuela, Argentinien, Algerien, Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate und Indonesien. Mehrere Vertreter dieser Staaten waren am Donnerstag vor Ort. Vor allem die Vertreter aus China und Russland machten sich für die Erweiterung stark. Russlands Außenminister Sergej Lawrow wirkte in der Gruppe nicht wie eine gemiedene Randfigur - sondern wie ein ganz normales Mitglied. Und so zeigt das Treffen einmal mehr, dass Russland im Globalen Süden keineswegs isoliert ist.

Chinas Vizeminister Ma Zhaoxu erklärte, sein Land erwarte, dass weiter Staaten sich der „großen Familie“ der BRICS anschlössen. Das sei erfrreulich, denn es erhöhe den Einfluss des Blocks und verleihe ihm mehr Macht, die Interessen der Entwicklungsländer zu vertreten. Von dem zweitägigen Treffen in Südafrika müsse eine „starke Botschaft ausgehen, dass die Welt multipolar ist und dass alte Vorgehensweisen neue Situationen nicht lösen können“, sagte der indische Außenminister Subrahmanyam Jaishankar zum Auftakt des Treffens. Die Brics-Staaten seien ein „Symbol des Wandels“. 

Haftbefehl gegen Putin: Darf Russlands Präsident zum BRICS-Gipfel im Sommer anreisen?

Doch zunächst drehte sich in Kapstadt alles um Wladimir Putin. Denn die BRICS stehen vor einem Dilemma. Gastgeber Südafrika hat Putin zu dem August-Gipfel eingeladen. Doch gegen den russischen Präsidenten liegt im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg ein Haftbefehl des internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag vor. Südafrika müsste ihn als Mitglied des Gerichts also bei der Einreise also sofort festnehmen.

Reporter:innen bombardierten die südafrikanische Außenministerin Naledi Pandor bei der Ankunft am Ort des Außenministertreffens mit Fragen zu Putin. „Unsere Regierung prüft derzeit, welche rechtlichen Möglichkeiten es in dieser Angelegenheit gibt“, sagte sie. Präsident Cyril Ramaphosa werde die endgültige Position Südafrikas dazu noch bekannt geben. „Zum jetzigen Zeitpunkt wurde eine Einladung an alle Staatsoberhäupter (der BRICS-Staaten) ausgesprochen.“ so Pandor. Russlands Außenminister Sergej Lawrow begrüßte sie herzlich.

Die Sache ist heikel. Südafrika will – sehr zum Ärger des Westens – sein gutes Verhältnis zu Moskau nicht beschädigen. Anfang der Woche gewährte die Regierung daher allen Gipfel-Teilnehmenden inklusive Putin eine pauschale Immunität. Doch selbst südafrikanische Beamte betonten, dass völlig unklar sei, ob diese Immunität den Haftbefehl Den Haags außer Kraft setze. Kreml-Sprecher Dimitri Peskow hatte kürzlich betont, Russland würde sich auf der „angemessenen Ebene“ beteiligen; eine Zusage Putins gibt es bisher also nicht. Weder Südafrika, noch die anderen BRICS-Mitglieder haben Russland für die Invasion der Ukraine verurteilt. Sie alle verhalten sich mehr oder weniger neutral.

BRICS: Von einer losen Vereinigung zu einem Club mit wirtschaftlicher Macht

„Die BRICS positionieren sich als Alternative zum Westen und als Möglichkeit, Raum für aufstrebende Mächte zu schaffen“, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters Cobus van Staden vom South African Institute of International Affairs. Einst als loser, weitgehend symbolischer Zusammenschluss ungleicher Schwellenländer belächelt, haben die BRICS in den letzten Jahren konkretere Strukturen angenommen, vor allem auf Betreiben Pekings. China ist das wirtschaftliche und politische Schwergewicht der Gruppe. Sein Bruttoinlandsprodukt ist mehr als doppelt so groß wie das aller vier anderen Mitglieder zusammen.

Und China braucht Verbündete für sein Ziel, die vom Westen dominierte Weltordnung durch eine multipolare Welt zu ersetzen. Vorbehalte gegen den Westen haben auch andere, wie sich auch an der Neutralität vieler Schwellenländer im Ukraine-Krieg zeigt.

„Die BRICS haben in der Welt einen sehr hohen Stellenwert erlangt, und viele Länder auf verschiedenen Kontinenten unserer Welt wollen dazugehören“, sagte der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa am Mittwoch in Kapstadt. Naledi Pandor hatte schon im April betont, dass der Block „transformativ“ sein könne und jene Nationen repräsentiere, „die eine Rolle im Weltgeschehen spielen wollen, um zu gewährleisten, dass dies dem Globalen Süden auch nützt“.

BRICS: Größter Erfolg ist gemeinsame Bank

Angefangen hat die Geschichte der Gruppe mit dem damaligen Chefvolkswirt der US-Investmentbank Goldman Sachs, Jim O‘Neill. Er erfand 2001 das Akronym BRIC, um auf die boomende Wirtschaft der vier Länder hinzuweisen. Daraus entstand die Idee, sich zusammenzuschließen: Brasilien, Russland, Indien und China gründeten 2009 die BRIC, und ein Jahr später wurde der Club durch die Aufnahme Südafrikas zu BRICS. Heute stellen die fünf Staaten mehr als 42 Prozent der Weltbevölkerung und repräsentieren 23 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Doch als politische Kraft blieben sie bislang blass.

Die größten konkreten Erfolge der BRICS sind bisher finanzieller Natur. 2015 gründeten sie nach dem Vorbild der Weltbank die Neue Entwicklungsbank mit Sitz in Shanghai – auch BRICS-Bank genannt. Sie hat seither mehr als 30 Milliarden Dollar an Krediten für Projekte wie Wasser- und Verkehrsinfrastruktur an die Mitglieder vergeben. Südafrika nahm zudem 2020 einen Kredit in Höhe von einer Milliarde US-Dollar zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie auf. 2016 legten die vier Länder zudem 100 Milliarden US-Dollar in Devisen zusammen, die sie einander in Notfällen leihen können. Auf dem Gipfel im August wollen die Mitglieder über die Schaffung einer gemeinsamen Währung diskutieren.

Immerhin: Mit Beginn des Ukraine-Kriegs fror die BRICS-Bank alle Russland-Projekte ein. Auch der Zugang zum US-Dollar über das gemeinsame Devisensystem blockierten die BRICS, aus Sorge vor den westlichen Sanktionen. Es ist eben doch nicht alles wie immer.

Auch interessant

Kommentare