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Gravierende Fehler bei Hessenwahl

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Von: Julia Lorenz, Gerhard Kneier, Dieter Sattler

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© dpa

Die Frankfurter Wahlpannen sind noch schwerwiegender als zunächst angenommen. Sie könnten direkten Einfluss auf die Regierungsbildung genommen haben

Die Korrekturen der Frankfurter Wahlpannen könnten erhebliche Auswirkungen auf das endgültige Ergebnis der hessischen Landtagswahl haben. Es ist durchaus möglich, dass die Grünen, die am 28. Oktober mit 94 Stimmen Vorsprung auf Platz zwei hinter der CDU gelandet waren, noch von der SPD überholt werden. Die Frankfurter Korrekturen würden den Sozialdemokraten auf Platz zwei verhelfen. Die SPD hat jetzt 118 Stimmen mehr, die Öko-Partei 131 weniger.

Da die FDP einer Ampel-Koalition unter sozialdemokratischer eher als unter grüner Führung zugestimmt hätte, haben die Pannen möglicherweise Fakten geschaffen und direkten Einfluss auf die Regierungsbildung genommen.

Nun aber stehen die Zeichen auf Fortsetzung der schwarz-grünen Koalition. CDU und Grüne werden sich höchstwahrscheinlich am Freitag bzw. am Wochenende entsprechend festlegen. Das amtliche Endergebnis will Landeswahlleiter Wilhelm Kanther erst am 16. November verkünden.

Bis dahin könnte noch viel Arbeit auf ihn zukommen. In Frankfurt hat gestern der Kreiswahlausschuss festgestellt, dass in 88 der 490 Frankfurter Stimmbezirke Korrekturen vorgenommen werden mussten. Viele davon wurden in den vergangenen Tagen noch einmal komplett neu ausgezählt.

Wie wir berichteten, war es in einigen Frankfurter Wahlbezirken zu sonderbaren Resultaten gekommen. So hatten etwa in einem Wahlbezirk in dem Frankfurter Stadtteil Oberrad angeblich nur 6,9 Prozent der Wahlberechtigten für die CDU gestimmt, obwohl die Christdemokraten in den Nachbarbezirken mehr als 20 Prozent erhielten. In diesem Fall lag das daran, dass nur jene Ergebnisse der Stimmzettel an das Wahlamt weitergegeben wurden, auf dem die Wähler mit ihrer Erststimme eine andere Partei gewählt hatten als mit ihrer Zweitstimme.

Grund für die zahlreichen Fehler in der Wahlnacht soll aus Frankfurter Sicht das neue zentrale Computersystem gewesen sein, das zeitweise nicht funktioniert hatte. Deshalb habe es bei gravierenden Abweichungen („Kann-Fehlern“) auch keine Alarmhinweise gegeben.

„Nur in Frankfurt“

Wahlleiter Kanther und die Präsidentin des Statistischen Landesamts, Christel Figgene, räumten gestern in Wiesbaden ein, dass es bei dem Computersystem Wahl Web Probleme gab, die zu Verzögerungen führten. Aber ab 21Uhr habe dann alles wieder geklappt, offenbar sei es nur in Frankfurt zu den bekannten Problemen gekommen. Und, so kann man hinzufügen, die vielen Sortier- und Zählfehler von Stimmzetteln lassen sich nicht auf den Computer schieben.

2100 Stimmen mehr

Es ist sogar möglich, wenn auch wenig wahrscheinlich, dass Schwarz-Grün nach Kontrolle weiterer Bezirke in Hessen im amtlichen Endergebnis seine knappe Mehrheit verliert, dann ginge der Sondierungspoker von vorn los. Es kann aber auch sein, dass der sich nach den Frankfurter Zahlen abzeichnende Platz zwei der SPD durch Korrekturen an anderen Orten wieder verloren geht. Bei der Landtagswahl 2013 waren beim amtlichen Endergebnis rund 2100 gültige Stimmen mehr als noch am Wahlabend gezählt worden. Deshalb veränderten sich logischerweise die Zweitstimmenergebnisse der fünf Parteien, die in den Landtag einzogen um hunderte Stimmen nach oben. Die SPD etwa hatte fast 600 Stimmen mehr, die Grünen verzeichneten ein Plus von etwa 300 Stimmen. Damals allerdings waren die Abstände zwischen den Parteien so groß, dass sich an der Reihenfolge nichts änderte.

SPD: Nur Trostpflaster

Mike Josef, Frankfurter SPD-Chef, sagte zum korrigierten Wahlergebnis: „Das ist ein schwaches Trostpflaster für uns, aber kein Grund, die Sektkorken knallen zu lassen. Entscheidend ist, dass wir in Frankfurt endlich mal wieder eine pannenfreie Wahl durchführen. Das muss bei der Europawahl klappen, sonst verlieren wir das Vertrauen der Wähler.“

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